Checküberreichung bei der Fondation Cancer

Fondation Cancer

v.l.n.r.: Lucienne Thommes, Ulf Nehrbass, Simone Niclou, Carlo Bock

Obwohl Gehirntumore im Vergleich zu anderen Krebsarten eher selten vorkommen (siehe Infobox), so sind sie jedoch äußerst aggressiv, und es gibt dagegen kaum eine wirksame Behandlung, die ein Wiederauftreten des Tumors verhindert.

Dies gilt insbesondere für das sogenannte Glioblastom, das mit ca. fünf Fällen pro 100.000 Menschen der häufigste und zugleich aggressivste Gehirntumor ist. Dieser bösartige Tumor kann in jedem Alter auftreten, vor allem aber bei Menschen zwischen 45 und 70 Jahren.

Um neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln und das Wiederauftreten der Tumore einzuschränken, ist es wichtig, die molekularen Mechanismen der Tumorinvasion im Gehirn besser zu verstehen. Genau darauf zielt die Forschungsgruppe von Prof. Dr. Simone Niclou am Luxembourg Institute of Health (LIH) ab, und hat bereits erste Ergebnisse – die Entdeckung eines wichtigen Gens.

Wie liesse sich mithilfe einer solchen Entdeckung eine bessere Therapie entwickeln? Das erklärt die Fondation Cancer in diesem Artikel Schritt für Schritt. Doch zunächst muss man verstehen, weshalb die bestehenden Therapien scheitern.

Glioblastom: ein Gehirntumor der tief ins Gewebe eindringt

Im Gehirn kann das Glioblastom verschiedene Regionen befallen und verursacht große Läsionen, also Beschädigung des Gewebes. Der Gehirntumor hat die heimtückische Fähigkeit tief in das Gehirngewebe einzudringen oder sich sogar von einer Hemisphäre zur anderen zu verbreiten.

Dieser invasive Charakter verhindert eine vollständige chirurgische Entfernung des Tumors, da meist einige für den Chirurgen nicht sichtbare Tumorzellen zurückbleiben. Trotz allem ist eine Operation des Tumors der erste wesentliche Schritt der Therapie. Anschließend folgt eine Kombination aus Radio- und Chemotherapie.

Den Invasionsprozess auf molekularer Ebene besser verstehen

Bis heute kann die empfohlene Behandlung jedoch nur selten ein Wiederauftreten des Tumors verhindern. Verantwortlich dafür sind unter anderem die Tumorzellen, die in der Lage sind in das umliegende Gewebe einzudringen.

Aktuelle medizinische Behandlungen konzentrieren sich jedoch hauptsächlich auf die sich aktiv vermehrenden Tumorzellen. Um wirklich effektiv zu sein, sollten diese Behandlungen durch Therapien ergänzt werden, die zusätzlich auf den Invasionsprozess abzielen.

Deshalb suchen Forscher nach Genen oder Signalwegen, die in den Tumorzellen nicht richtig funktionieren und durch Medikamente unter Kontrolle gebracht werden könnten.

Erster Schritt: Identifizierung eines essenziellen Gens

Ein vielversprechendes Ergebnis der Forschergruppe am LIH bisher war die Identifizierung eines Gens, das eine wichtige Rolle für das Invasionsverhalten der Gliobastomzellen spielt. Dieses Gen könnte dafür verantwortlich sein, dass ein Wiederauftreten des Glioblastoms gefördert wird.

Die Identifizierung dieses essentiellen Gens für die arglistige Invasion des Glioblastoms führt nun weiterhin zu der Fragestellung, welche molekularen Mechanismen dahinterstecken.

Zweiter Schritt: Welche Signalwege spielen eine Rolle beim Invasionsverhalten?

Um dies herauszufinden, haben die Wissenschaftler die Expression aller Gene normaler Tumorzellen mit der von Tumorzellen verglichen, die das identifizierte Gen ausgeschaltet und somit ein geringeres Invasionsverhalten hatten.

In weiteren Experimenten wird nun überprüft, ob eine veränderte Genexpression einen Hinweis auf mögliche Signalwege in den Zellen gibt, die eine Rolle beim Invasionsverhalten spielen. Hieraus lassen sich dann molekulare Mechanismen ableiten.

Nächster Schritt: Suche nach Medikamenten, die auf Signalwege wirken

Als nächster Schritt werden die Mechanismen mit Datenbanken verglichen, die eine breite Palette an bisher zugelassenen Medikamenten beinhalten und deren Wirkungsweisen auf Signalwege bekannt sind. Daraus könnten potentiell wirksame Medikamente identifiziert werden, die das Invasionsverhalten unterbinden können.

Diese Medikamente könnten dann eventuell zu einer klinischen Studie weiterleiten, um zu kontrollieren ob sie für Glioblastompatienten zugelassen werden können. So könnte ein Medikament gefunden werden, welches in Kombinationstherapien mit bisherigen Medikamenten, Radio- und Chemotherapie, die Lebensqualität von Glioblastompatienten erheblich verbessern würde.

Finanzielle Unterstützung durch die Fondation Cancer

Seit 2014 unterstützt die Fondation Cancer dieses mit Erfolg ausgeführte Forschungsprojekt. Zur weiteren Unterstützung überreichten Dr. Carlo Bock, Präsident der Fondation Cancer und Lucienne Thommes, Direktorin, am 28. Februar 2018 einen Scheck in Höhe von €286.043 an die Forscher Prof. Dr. Simone Niclou und Dr. Anne Schuster, dies im Beisein von Dr. Ulf Nehrbass, Direktor des LIH.

Auch interessant: 

Meet the Scientists: Simone Niclou, Krebsforscherin
Gehiirkriibs: Op der Sich no Tumorzellen, déi all Therapie trotzen

Autor: Fondation Cancer 
Editor: Michèle Weber (FNR)
Foto: Fondation Cancer (v.l.n.r.: Lucienne Thommes, Ulf Nehrbass, Simone Niclou, Carlo Bock)

 

Infobox

Gehirntumore - Statistiken

 

Gehirntumore kommen eher selten vor. In Grossbritannien machen sie 3% aller neuen Krebsfälle aus. Zum Vergleich: Brustkrebsfälle machen dort 15% aus. Gehirntumore sind allerdings sehr aggressiv und die Prognose fällt eher schlecht aus. In Grossbritannien sind nach 5 Jahren nur noch 19% der Patienten am Leben. Bei Prostatakrebs sind es 85%. Quelle: Cancer Research UK 

 

 

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