© Nathalie Valle

Das Bild zeigt die Kohlenstoffkonzentrationen in einem Querschnitt durch ein Haar, gemessen mit der SIMS. Rote Farben zeigen dabei die höchsten Konzentrationen, schwarze die niedrigsten.

Nathalie Valle unterstützt mit empfindlichen Messtechniken Materialwissenschaftler und untersucht Veränderungen in Gläsern, in denen Atommüll gelagert wird.

Frau Dr. Valle, Sie arbeiten an einer enormen Bandbreite an Themen. Welche sind dies?

Das stimmt, ich arbeite in verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen. Zum Beispiel versuche ich, in Zusammenarbeit mit der Universität Paris-Est Créteil, zu verstehen, wie Glas altert. Erkenntnisse hieraus helfen, sowohl farbige Kirchenfenster zu erhalten, als auch Nuklearabfall sicher zu lagern.

Zusammen mit Arcelor-Mittal entwickle ich Analysemethoden, um die Konzentration von Bor und Kohlenstoff in Stahl zu bestimmen und schließlich dessen mechanische Eigenschaften zu optimieren.

Außerdem untersuche ich, in Zusammenarbeit mit der Universität Luxemburg, den Einfluss von Natrium auf die elektrischen Eigenschaften von Solarzellen.

In Zusammenarbeit mit einer unserer Forschungsgruppen am LIST, die sich auf Oberflächenbehandlungen spezialisiert haben, habe ich auch daran gearbeitet, eine Beschichtung zu entwickeln, die hoch beständig gegen Hitze und Abnutzung ist und etwa für Bohrer genutzt werden kann. Diese hochbeständigen Materialien sind auch für die Automobilindustrie interessant, etwa für Bremsbeläge.

Wie kommt es, dass Sie so viele Themen bearbeiten?

Das kommt vor allem durch meine vielen Kooperation hier am LIST. Wir sind hier analytisch sehr gut ausgestattet und unterstützen Forscher am LIST und vielen anderen Forschungszentren – in Luxemburg, Frankreich, Island, Polen und anderen Ländern, sowohl industriell als auch universitär. Wenn einmal eine gute Kooperation besteht, kommen die Forscher gerne erneut mit spannenden Themen auf einen zu.

Warum ist gerade die Zusammenarbeit mit Ihrem Labor so interessant?

Das liegt an unseren guten analytischen Möglichkeiten. Wir benutzen die sogenannte »Sekundärionen-Massenspektrometrie« (SIMS). Wir haben hierfür zwei Maschinen in Betrieb  ‑ von nur vierzig, die es weltweit gibt. Im Jahr 2001 haben wir zudem die weltweit vierte NanoSIMS 50 – Maschine im Rahmen eines FNR-Projekts angeschafft. Damit können wir extrem niedrige Elementkonzentrationen messen: bis zu einem Millionstel Teil der Stoffkonzentration und dies im Mikrometermaßstab. Dadurch lässt sich beispielsweise die Konzentration von Spurenelementen in einem Haar beobachten. Weil die »SIMS« mit einem Ionenstrahl Material von der Oberfläche abträgt und dieses Material dann analysiert wird, können wir zudem Materialzusammensetzungen in Form von Tiefenprofilen untersuchen, etwa übereinanderliegende Beschichtungen. Mit hoher Präzision messen wir auch Isotope: Atome, die zwar aus den gleichen Elementen bestehen, aber verschieden schwer sind.

Das machen Sie sicher für Ihre Arbeit an Nuklearabfällen…

Nicht nur. Auch die Arbeit an den Kirchenfenstern ist hierfür ein Beispiel. Glas besteht hauptsächlich aus Silizium und Sauerstoff. Daher ist es schwer zum Beispiel zu messen, wie Regen, der aus Sauerstoff und Wasserstoff, H2O, besteht, in das Glas eindringt ‑ weil man nur schwer den Sauerstoff aus dem Glas von dem aus dem Regen unterscheiden kann. Benutzen wir hierfür aber »schweres« Wasser, das nur das schwere Sauerstoffisotop enthält, können wir mit der SIMS den Weg des Wassers im Glas verfolgen.

Das klingt nach extrem aufwändiger, anspruchsvoller Arbeit…

Tatsächlich braucht man viel Erfahrung. Schon in meiner Doktorarbeit im Jahr 2000 habe ich mich mit Nuklearabfällen beschäftigt und seither arbeite ich hier am LIST mit der SIMS – und es gibt noch immer viel, was ich an dieser Analysetechnik verbessern kann.

Autor: Tim Haarmann
Foto: Nathalie Valle (
Das Bild zeigt die Kohlenstoffkonzentrationen in einem Querschnitt durch ein Haar, gemessen mit der SIMS. Rote Farben zeigen dabei die höchsten Konzentrationen, schwarze die niedrigsten.)

Infobox

Kurzbiographie

 

Nathalie Valle hat Materialwissenschaften an der Universität Nancy studiert. Nach Ihrer Doktorarbeit ging sie 2001 ans Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST), wo sie sich seither auf die Entwicklung der SIMS für Analysen auf dem Nano-Maßstab spezialisiert hat.

 

Auch interessant

Ultraleicht und extrem belastbar Entwicklung und Erprobung neuer Strukturen für Bauteile in der Luft- und Raumfahrt

Je schwerer ein Produkt für den Weltraum ist, desto teurer ist auch der Transport. Genau dort setzt das neue gemeinsame ...

Forschung am LIST: Wie sieht die Zukunft aus? Plasma: Der vierte Aggregatszustand und seine Einsatzmöglichkeiten

Mit Hilfe von Plasma lassen sich Materialien mit besonderen Eigenschaften ausstatten. Was dabei alles möglich ist, erklä...

Forschung am LIST: Wie sieht die Zukunft aus? Das Smartphone von morgen: Nicht nur sehen und hören, sondern auch fühlen

LIST-Materialforscher Emmanuel Defay forscht gemeinsam mit Kollegen an sogenannten piezoelektrische Anwendungen, mit den...

Auch in dieser Rubrik

Herausragende Doktorarbeit FNR Awards 2023: Für eine neue Theorie über die Thermodynamik chemischer Motoren

Emanuele Penocchio erhielt einen Preis für seine Doktorarbeit, in der er molekulare Prozesse in Zellen aus der Perspektive der Thermodynamik beschreibt.

Nobelpreise 2023 Chemie-Nobelpreis: Auch in Luxemburg wird an Quantenpunkten geforscht

Der theoretische Physiker Thomas Schmidt der Universität Luxemburg über die Bedeutung des diesjährigen Nobelpreises und seine eigene Forschung zu Quantenpunkten.

Nobel Prizes 2023 Nobel prize in physics: Research from Luxembourg connected to experiments with short pulses of light

The research of Prof. Daniele Brida from the University of Luxembourg is very connected to the topic of this year's Nobel Prize in Physics awarded today.

EIN interview mit Prof. Alexandre Tkatchenko Rätselhaftes Universum: Ein neuer Ansatz, um dunkle Energie zu verstehen

Prof. Alexander Tkatchenko von der Universität Luxemburg adressiert eines der größten Rätsel der Physik: das Geheimnis der dunklen Energie.