Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen der Ausbreitung des Mpox-Virus in Afrika die höchste Alarmstufe ausgerufen. Der Notfallausschuss der WHO habe beraten und ihm mitgeteilt, dass die Situation aus seiner Sicht eine "gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite" darstelle, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Mittwochabend auf einer Pressekonferenz. "Ich habe diesen Ratschlag angenommen."
Die "gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite" kann nur vom WHO-Direktor ausgerufen werden und sieht rechtlich bindende Schritte zur Eindämmung der betreffenden Krankheit vor. "Die WHO wird in den kommenden Tagen und Monaten in enger Zusammenarbeit mit allen betroffenen Ländern (...) die globalen Gegenmaßnahmen koordinieren", sagte Tedros.
Die Entscheidung der 15 Mitglieder des Notfallausschusses sei einstimmig erfolgt, sagte die Ausschussvorsitzende Dimie Ogoina. "Wir stehen vor mehreren Epidemien mit verschiedenen Varianten in verschieden Ländern", hatte Tedros vor der Sitzung erklärt. Auch die Übertragungswege und die Gefahren einer Erkrankung unterscheiden sich laut dem WHO-Chef stark.
Sorge bereitet den Experten vor allem die Virus-Variante 1b, die derzeit in einigen afrikanischen Ländern zirkuliert. Zu Beginn der Beratungen des WHO-Notfallausschusses hatte Tedros erklärt, in den zuvor nicht von Mpox betroffenen Ländern Burundi, Kenia, Ruanda und Uganda seien im Juli insgesamt rund 90 Infektionen mit der schwerer verlaufenden und zu mehr Todesfällen führenden Virus-Untergruppe 1b registriert worden. Die Variante breite sich "anscheinend vor allem durch sexuelle Netzwerke aus", sagte Tedros.
Typische Symptome einer Infektion mit der 1b-Variante sind Hautausschläge am ganzen Körper. Bei milderen Varianten beschränkt sich der Ausschlag auf einige Stellen, wie Mund, Gesicht oder Genitalien. Neben Pusteln gehört auch Fieber zu den typischen Symptomen der Krankheit.
Vom jüngsten Ausbruch der Mpox-Krankheit ist die Demokratische Republik Kongo am stärksten betroffen. Laut WHO gab es in dem zentralafrikanischem Land in diesem Jahr bereits mehr als 14.000 Mpox-Fälle. 524 Menschen starben demnach an dem jahrzehntelang unter dem Namen Affenpocken bekannten Virus. Das seien mehr als im gesamtem Jahr 2023, sagte Tedros.
Die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) bezeichneten die Ausbreitung des Virus als "sehr besorgniserregend". Der IFRC sei bereit, auch in entlegenen Regionen bei der Eindämmung der Ausbreitung des Virus zu helfen.
Insgesamt sind laut der Gesundheitsbehörde der Afrikanischen Union (Africa CDC) in 16 afrikanischen Ländern seit Januar 2022 über 38.000 Fälle registriert worden. 1456 Menschen seien an Mpox gestorben. 2024 stieg die Zahl der Fälle laut Behörde um 160 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo sprach im Juli von einer "exponentiell" steigenden Fallzahl.
Am Dienstag hatte die Afrika CDC eine "kontinentale gesundheitliche Notlage" erklärt. Der Behörde zufolge gibt es auch Verdachts- und bestätigte Fälle in Kamerun, in der Republik Kongo, der Zentralafrikanischen Republik, in Nigeria, Liberia und Ghana.
Mpox-Viren waren ursprünglich vor allem bei Nagetieren in West- und Zentralafrika verbreitet. Erstmals wurden sie in den 1970er-Jahren auf dem Gebiet der heutigen Demokratischen Republik Kongo entdeckt. Übertragungen von Mensch zu Mensch sind bei engem Kontakt ebenfalls möglich, etwa beim Sex.
Im Mai 2022 hatte sich die Virus-Untergruppe 2b der Krankheit auch außerhalb Afrikas ausgebreitet, vor allem in Europa. Betroffen waren hauptsächlich Männer, die Sex mit Männern haben. Die WHO rief danach - wie beim Coronavirus Sars-CoV-2 - eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite aus, die im Mai 2023 wieder endete. Die Virus-Untergruppe 2b ist allerdings deutlich weniger gefährlich als die sich derzeit ausbreitende Gruppe 1b.