Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung gibt derzeit ein ungewöhnliches Bild ab: Statt der vorgesehenen fünf Posten gehören nur drei Mitglieder dem Gremium der sogenannten Wirtschaftsweisen an. Doch schon bei der Kabinettssitzung am Mittwoch könnten die beiden vakanten Plätze nach Medienberichten wieder besetzt werden. Dann hätte das Beratergremium erstmals eine weibliche Mehrheit.

WELCHE AUFGABEN HAT DER SACHVERSTÄNDIGENRAT?

Das Gremium soll der Bundesregierung mit seinem Fachwissen eine wichtige Hilfestellung bei der Beurteilung der konjunkturellen Lage leisten. Eingerichtet wurde der Sachverständigenrat 1963. Er erstellt Konjunkturprognosen und regelmäßige Gutachten zur Wirtschaftslage und soll laut Gesetz untersuchen, "wie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig Stabilität des Preisniveaus, hoher Beschäftigungsstand und außenwirtschaftliches Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wachstum gewährleistet werden können".

Der Rat der Wirtschaftsweisen besteht aus fünf Mitgliedern, die laut Gesetz über "besondere wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse und volkswirtschaftliche Erfahrungen verfügen müssen". Die Mitglieder werden jeweils für fünf Jahre auf Vorschlag der Bundesregierung durch den Bundespräsidenten berufen. Wiederberufungen sind erlaubt.

WESHALB IST DAS GREMIUM UNTERBESETZT?

Schon im Februar vergangenen Jahres war die Amtszeit des damaligen Vorsitzenden Lars Feld abgelaufen. Die damalige Regierung konnte sich aber weder auf Felds Verlängerung noch auf ein anderes Mitglied einigen - der Posten blieb seitdem leer. Mittlerweile ist Feld Berater von Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Ende April verließ der Frankfurter Ökonom Volker Wieland den Sachverständigenrat vorzeitig, seine Amtszeit wäre eigentlich erst Ende Februar kommenden Jahres zu Ende gewesen. Wieland erklärte, er wolle sich wieder stärker auf seine Haupttätigkeit an der Uni konzentrieren.

WER SIND DIE BEIDEN NEUEN MITGLIEDER?

Auf Feld soll die Ökonomin Ulrike Malmendier folgen. Sie studierte in Bonn und an der Harvard University und lehrt derzeit an der Eliteuniversität in Berkeley in Kalifornien. Zu ihren Schwerpunkten gehört etwa die Verhaltensökonomie, die sich mit menschlichem Verhalten in wirtschaftlichen Situationen beschäftigt und häufig zu dem Schluss kommt, dass sich der Mensch abweichend vom abgenommenen Prinzip des Nutzenmaximierers verhält.

Malmendier gilt außerdem als Expertin für Geldmärkte und Inflation. Sie ist mit dem italienischen Wirtschaftswissenschaftler Stefano Della Vigna verheiratet, das Paar hat drei Kinder.

Auf Wieland soll der Ökonom Martin Werding folgen - er zieht wohl auf Vorschlag der Arbeitgeber in das Gremium ein. Werding lehrt an der Ruhr Universität Bochum zu Sozialpolitik und öffentlichen Finanzen und gilt als Experte für soziale Sicherungssysteme, vor allem der Alterssicherung und der Familienpolitik. Werding war bereits Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Familienministeriums und im Arbeitskreis Finanzwissenschaft des Finanzministeriums.

WER SITZT BEREITS IM SACHVERSTÄNDIGENRAT?

Mitglied im Sachverständigenrat ist seit April 2020 Monika Schnitzer, die an der Münchner LMU den Lehrstuhl für Komparative Wirtschaftsforschung innehat. Sie forscht unter anderem zu Wettbewerbspolitik, Innovationen und multinationalen Firmen.

Ebenfalls seit April 2020 gehört Veronika Grimm zu den Wirtschaftsweisen. Sie hat den Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg inne und forscht auch zu Energiemärkten.

Seit März 2019 ist Achim Truger Mitglied, Professor für Sozioökonomie an der Uni Duisburg-Essen. Seine Schwerpunkte sind Staatstätigkeit und Staatsfinanzen.