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Gemäß einer neuen Studie sind weniger Fremdenfeindlichkeit, sondern Beschäftigung und Gesundheitsprobleme der Grund, dass Migranten weniger glücklich sind als die Durchschnittsbevölkerung ihres neuen Landes.

Anlässlich der jährlichen Konferenz der British Sociological Association am 5. April 2013 in London war zu erfahren, dass wirtschaftliche Faktoren wie Arbeitslosigkeit und ein niedriges Einkommen sowie gesundheitliche Probleme die Hauptgründe für ein schlechteres Wohlbefinden sind.

Professor Andreas Hadjar und Susanne Backes analysierten Daten der European Social Survey von 32.000 Migranten der ersten oder zweiten Generation sowie von 164.700 Nichtmigranten in 30 europäischen Ländern, einschließlich Großbritannien. In jedem Land verglichen sie das von den Migranten angegebene Wohlbefinden mit dem von Nichtmigranten.

Die Forscher der Universität Luxemburg fanden heraus, dass Migranten, die in Länder gezogen waren, in denen die Einwohner negative Ansichten über Einwanderer hatten, bei der Bewertung ihres Wohlbefindens nur 2 Prozent schlechter abschnitten als der Rest der Bevölkerung in dem Land. Statistisch gesehen ein eher unbedeutender Unterschied.

Jedoch waren Arbeitslose fast sieben Prozent weniger glücklich, Schlechtverdienende elf und jene mit Gesundheitsproblemen in etwa neun Prozent.

Je länger sie bereits in dem jeweiligen Land waren, spielte ebenfalls eine Rolle: Migranten der ersten Generation, die weniger als 10 Jahre in dem neuen Land lebten, schnitten ca. sieben Prozent schlechter ab als der Rest der Bevölkerung. Bei denjenigen, die seit zehn oder mehr Jahren in einem neuen Land lebten, war das Wohlbefinden in etwa 3,5 Prozent niedriger als bei den Nichtmigranten.

Die Ergebnisse ergaben zudem, dass, je reicher das Land war, in das die Migranten gezogen waren – oder ihre Eltern, wenn es sich um Migranten der zweiten Generation handelte –, umso unglücklicher waren sie verglichen mit dem Rest der Bevölkerung des Landes. Allerdings fiel auf, je mehr sich das Land für die Gleichberechtigung von Migranten und Nichtmigranten einsetzte, umso glücklicher waren die Migranten.

Die Forscher fanden heraus, dass Migranten im Alter zwischen 41 und 60 Jahren am wenigsten glücklich waren. Ihr Wohlbefinden lag sechs Prozent unter dem von Menschen im Alter zwischen 22 und 30 Jahren.

Fremdenfeindlichkeit schadet sowohl Migranten als auch der restlichen Gesellschaft

„Was das subjektive Wohlbefinden angeht, hatte Fremdenfeindlichkeit keinen wesentlichen Einfluss auf die Unterschiede zwischen Migrantengruppen und Nichtmigranten“, so die Forscher. Ihrer Meinung nach lässt sich dies dadurch erklären, dass Xenophobie sowohl Migranten als auch der restlichen Gesellschaft schadet, so dass der Unterschied zwischen dem Wohlbefinden von Migranten und Nichtmigranten nicht größer wird.

„Sowohl Arbeitslosigkeit als auch Entbehrungen scheinen einen starken negativen Einfluss auf das subjektive Wohlbefinden zu haben. Allerdings zeigten die Ergebnisse auch, dass sich Menschen mit Migrationshintergrund im Durchschnitt recht gut in europäische Gesellschaften integrieren – insbesondere in Ländern mit einer konstruktiven Integrationspolitik.“

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Infobox

Anmerkungen

1. Die länderspezifische Xenophobie von Nichtmigranten wurde anhand einer Analyse ihrer Antworten auf drei Aussagen in der Umfrage berechnet: „Immigration ist gut oder schlecht für die Wirtschaft des Landes“ (Antwortmöglichkeiten von 0 („schlecht für die Wirtschaft“) bis 10 („gut für die Wirtschaft“), „Das Kulturleben des Landes wird durch Einwanderer untergraben oder bereichert“ und „Einwanderer machen aus dem Land einen schlechteren oder besseren Ort zum Leben“. Griechenland und Russland wiesen die höchsten Xenophobiewerte auf, Schweden und Luxemburg die niedrigsten.

2. Die Forscher verwendeten die Datenbank der European Social Survey mit fünf Datenerfassungswellen (2002, 2004, 2006, 2008, 2010) in insgesamt 30 Umfrageländer

Kontakt

Tony Trueman
British Sociological Association
Tel.: +44 7964 023392
tony.trueman@britsoc.org.uk

Dr. Andreas Hadjar
Universität Luxemburg
Tel.: +352 46 66 44 9760
Mobile: + 49 160 97627833
andreas.hadjar@uni.lu

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