(C) Patrick Muller
Wer per Auto von Petingen nach Weiswampach will, hat die Qual der Wahl: Autobahn, Panorama-Route über Landstraßen oder auch die „Dreibunn“, die das Großherzogtum fast ganz von Süden nach Norden durchschneidet. Praktisch für den Menschen, schlecht für Tiere und Pflanzen. Im Ökologie-Jargon wird diese Zerstückelung der Landschaft Fragmentierung genannt und sie führt bekannterweise zu einem Verlust an Artenvielfalt.
Kennt man die besonders schützenswerten Gebiete, kann man einen Kompromiss zwischen menschlichen Flächenbedürfnissen und dem Schutz unseres Naturerbes finden.
Doch wie wird der Naturwert einer Landschaft gemessen? Mit dieser Frage befassten sich Guy Colling, Claudio Walzberg und Marc Moes im Rahmen des Projektes Key Areas for Biodiversity in Luxembourg.
Was macht eine Gegend wichtig für den Naturschutz?
Erst analysierten sie die Entwicklung des Straßenbaus und der Siedlungsausbreitung der letzten 40 Jahre. Besonders alarmierend ist die Situation im Zentrum und im Süden, wo immer mehr Land der Verstädterung zum Opfer fällt.
Anschließend wurde der aktuelle Stand der Arten- und Lebensraumvielfalt in Luxemburg verfolgt. Dazu wurden einerseits alte Beobachtungen von Arten oder Lebensräumen auf Karten eingetragen, andererseits nutzte man landscape metrics, um den Naturwert der Landschaft zu errechnen (siehe Infobox).
Die Ausgangsannahme dieser Technik ist, dass mosaikartig aufgebaute Landschaften einen höheren Anteil an Lebensräumen und Arten beherbergen als einförmige Gebiete.
Schlussendlich erstellten die Forscher noch Messwerte, um verschiedene Gebiete nach ihrer Wichtigkeit für die allgemeine Artenerhaltung zu bewerten. Dabei ging es vor allem um das Vorhandensein von Strukturen, die für viele Arten unerlässlich sind, z.B. Hecken oder Einzelbäume.
Auch das Vorhandensein von bedrohten Tier- oder Pflanzenarten erhielt eine besondere Wertung. „Landesweit gibt es viele bedrohte Arten, die nur kleinflächig vorkommen, und nur wenige Arten, die überall präsent sind.“
Schützt man den Lebensraum der bedrohten Arten, wird automatisch ein Maximum an Arten erhalten.
Der Naturschutz braucht so viele Daten wie möglich
Laut Colling wurde schnell ersichtlich, dass die vorhandenen Arten- und Lebensraumbeobachtungen nicht wirklich hinreichend waren. Es fehlte einerseits an Beobachtern, andererseits waren moderne Technologien wie GPS noch nicht entwickelt, was eine genaue Positionierung der Beobachtungen auf den Karten erschwerte.
Trotzdem eröffnet diese Sammlung an Daten über die Landschaftsstruktur, spezifische Lebensräume und die ihnen zugeordneten Tier- und Pflanzenarten, viele Möglichkeiten, z.B. für einen gezielten Populationsschutz.
Außerdem wurde seit Abschluss des Projektes ein landesweites Biotopkataster durchgeführt und auch der Bestand einer ganzen Reihe an Tierarten aufgenommen. Mit den zusätzlichen Daten können dann umso bessere Maßnahmenvorschläge für Naturschutzmanagement und Landesplanung erstellt werden.
Autor: Liza Glesener
Foto: ©Patrick Muller
Infobox
Wird ein großräumiger Naturraum durch Straßen (oder andere naturfremde Strukturen) zerteilt, verliert er zwar theoretisch nur bedingt an Fläche, praktisch entstehen jedoch viele mehr oder weniger isolierte Teilflächen, da Straßen für viele Lebewesen eine schwer überwindbare Barriere bilden.
Je kleiner und isolierter diese Flächen sind, desto größer ist die Gefahr, dass Tier- und Pflanzenbestände sich nicht halten können und nach und nach lokal aussterben. Der komplette Verlust an Lebensraum, wie ihn z. B. die sich immer weiter ausbreitenden Städte bedingen, hat jedoch noch viel drastischere Folgen für viele Arten.
Die sogenannten landscape metrics werden in den Vereinigten Staaten schon seit den 80ern genutzt, und finden nun auch Anwendung in Europa.
Die Ausgangsannahme dieser Technik ist, dass mosaikartig strukturierte Landschaften einen höheren Anteil an Lebensräumen und Arten beherbergen als einförmige Landschaften.
Den verschiedenen Charakteristiken der naturnahen Landschaft, wie zum Beispiel Gesamtfläche, Anzahl, Größe und Form der Teillebensräume oder auch deren Verteilung werden Messwerte zugeteilt, anhand deren die Landschaft bewertet wird.