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Sind Autobahnen Barrieren für Wildtierpopulationen?

Alain Frantz, Sie untersuchen die Genetik von Hirschen und Wildschweinen. Weshalb?

Die Menschen verändern zunehmend die Landschaft, z.B. durch Straßen, Landwirtschaft, Wohn- und Industriegebiete. Dies stellt mittlerweile eine der größten Bedrohungen für die einheimische Tierwelt dar. Ich versuche mit Hilfe genetischer Methoden herauszufinden, welchen Einfluss die Zerstückelung der Landschaft auf die Populationen einheimischer Tierarten hat.

Weshalb stellt die Veränderung der Landschaft eine Bedrohung für die Tierwelt dar?

Den Tieren steht immer weniger Lebensraum zur Verfügung. Außerdem werden Tiere durch die Trennung von Landschaftsteilen in inselartigen Refugien isoliert – und dies führt im schlimmsten Fall zu Inzucht und genetischer Verarmung.

Wie gehen Sie vor in ihren Studien?

Ich habe genetische Daten von Hirschen und Wildschweinen aus Belgien, Deutschland und Luxemburg. Ich suche nach Ähnlichkeiten oder Unterschieden in der Genetik und schaue mir dann an, welche landschaftlichen Elemente dabei eine Rolle spielen könnten.

Wie kommt es zu den genetischen Unterschieden?

Gemeinsamkeiten deuten darauf hin, dass die Tiere Kontakt hatten. Sie haben sich untereinander fortgepflanzt und somit ihr Erbgut ausgetauscht. Große Unterschiede in der genetischen Struktur kommen zustande, wenn Tierpopulationen über Generationen ohne Kontakt zueinander gelebt haben. Wenn dann zwischen zwei genetischen Population z.B. eine Autobahn liegt, deutet dies darauf hin, dass die Autobahn eine trennende Wirkung hat.

Haben Autobahnen immer eine trenndende Wirkung?

Autobahnen sind erst recht neu. Es gab seither nicht immer genügend neue Generationen, als dass man schon klare Trends herauslesen könnte. Wir haben aber beispielsweise nachweisen können, dass die Autobahn von Luxemburg nach Brüssel Rothirsche in genetische Population getrennt hat – beim Wildschwein war dies aber nicht der Fall.

War dies mit das Spannendste, was Sie bisher entdeckt haben?

Unter anderem. Wir haben aber z.B. auch anhand unserer Daten herausgefunden, dass nicht-einheimische Hirsche in Luxemburg zur Jagd ausgesetzt wurden – was nicht erlaubt ist. Deshalb arbeiten wir eng mit der Forstverwaltung zusammen.

Autor: Jean-Paul Bertemes
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©MNHN
 

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Steckbrief

Alain Frantz arbeitet als Postdoc im Naturhistorischen Museum. Während seiner Studienzeit in England beschäftigte er sich mit Dachsen. Die luxemburgische Band „Plakeg oder Ugedoen“ hat ihm hierfür ein Lied gewidmet.

Das Magazin Science News

Dieser Artikel erschien im Science NewsScience News ist ein Magazin für junge Leute von 11-18 Jahren und erscheint 5 Mal pro Jahr.

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