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Luc Bertemes, Sie arbeiten am Pumpspeicherkraftwerk der SEO in Vianden. Wie funktioniert so ein Wasserkraftwerk?
Unser Pumpspeicherkraftwerk besteht u.a. aus einem riesigen Wasserbecken, das oben auf dem Berg liegt. Durch Rohre können wir das Wasser ins Tal fließen lassen. Das herabströmende Wasser setzt dabei Turbinen in Bewegung, die wiederum einen Generator antreiben. So produzieren wir Strom durch Wasserkraft.
D.h. das Wasser muss ja dann auch wieder hoch? Und das verbraucht Energie! Macht dies dann überhaupt Sinn?
Rein energetisch betrachtet nein. Aber unsere Aufgabe ist es, auf Unterschiede zwischen Stromproduktion und -konsum zu reagieren. Wird zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr Energie bezogen, als die vielen unterschiedlichen Kraftwerke im Europäischen Verbundnetz produzieren, lassen wir Wasser ins Tal – und speisen also Strom ins Netz ein. Wird gerade mehr produziert als verbraucht, nutzen wir diesen Stromüberschuss, um das Wasser wieder hoch zu pumpen – unser Wasserkraftwerk ist im Grunde ein Energiespeicher.
Wie kommt es zu diesen Unterschieden zwischen Stromproduktion und Stromkonsum?
Die Anzahl der elektrischen Verbraucher ändert permanent. Man weiß nie genau wann wie viele Menschen das Licht anschalten, den Wasserkocher oder die Waschmaschine benutzen. Man kann das nur schätzen. Diese Leistungsaufnahme der Verbraucher muss mit der produzierten Leistung der Erzeuger in einem Gleichgewicht gehalten werden. Sonst bricht das Netz zusammen.
Weshalb können nicht andere Kraftwerke die Stromproduktion dem Bedarf anpassen?
Andere Kraftwerke, wie z.B. Braunkohle- oder Atomkraftwerke, können nur mit begrenzter Änderungsgeschwindigkeit hoch- oder runtergefahren werden. Es dauert immer bis die Heizkessel abkühlen oder sich aufwärmen. Unser Pumpspeicherkraftwerk kann sehr schnell auf den Bedarf reagieren.
Ändert sich der Stellenwert der SEO wenn immer mehr Strom durch regenerative Energie gewonnen wird?
Solarkraftwerke z.B. liefern nur Strom, wenn die Sonne scheint – Windkraftanlagen nur, wenn Wind weht. Bei den regenerativen Energien spielt das Speichern von Energie also eine wichtige Rolle – und deshalb auch wir.
Könnte man mit dem Strom, den die SEO in Vianden produziert, Luxemburg versorgen?
Es ist nicht unsere Aufgabe, Grundlast zu erzeugen. Unsere Rolle ist es ja, auf Fluktuationen im Netz zu reagieren. Rein rechnerisch könnten wir aber Luxemburg während etwa 6-8 Stunden mit Strom versorgen, wenn das Oberbecken zu Beginn des Einsatzes komplett gefüllt wäre. Danach wär das Oberbecken leer.
Wie sind Sie zur SEO gekommen?
Am Ende meiner Studentenzeit habe ich während eines Praktikums meine Diplomarbeit bei SEO geschrieben und so also bereits meinen späteren Arbeitgeber kennengelernt.
Und was tun Sie hier konkret?
Ein Großteil meiner Arbeit besteht aus der Projekt-Planung und Ausführung neuer Anlagen welche entweder alte ersetzen oder neu angeschafft werden. Beispielsweise bin ich gemeinsam mit einem Team daran, einen neuen Kontrollraum zu planen von dem aus das Kraftwerk in Zukunft gesteuert werden soll. Ein weiteres Beispiel ist der elektronische Datenaustausch mit der Kraftwerkseinsatzplanung in Essen und Brauweiler. Selbst an den Anlagen herumschrauben kann ich leider nur während Inbetriebsetzungen, wenn die Zeit es erlaubt.
Autor: Jean-Paul Bertemes (FNR)
Foto: Sophie Steinmetz
Infobox
Luc Bertemes wollte als Kind Lokomotivführer werden. An seiner Modelleisenbahn hat er viel herumgewerkelt – und kam so zur Elektronik. Nach seinem Studium am IST und der Grande École d’Ingénieurs in Nancy ging er zur SEO, über die er auch seine Masterarbeit geschrieben hatte.
Dieser Artikel erschien im Science News. Science News ist ein Magazin für junge Leute von 11-18 Jahren und erscheint 5 Mal pro Jahr.