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Unsere Technik wird immer besser, unser Wissen nimmt ständig zu – trotzdem bleibt es schwierig, den Abfluss von Oberflächenwasser oder das Hochwasserrisiko bei Starkregen zu berechnen. Ein Grund dafür ist der Mangel an genauen Messungen, wo wie viel Regen fällt. Ausgerechnet Mobilfunkmasten sollen nun dabei helfen.
Laut Dr. Laurent Pfister, Leiter des RAINCELL Projekts am LIST (Luxembourg Institute of Science and Technology), wird Niederschlag traditionell mit zwei sich ergänzenden Methoden berechnet: Wetter-Radare und Niederschlagsmesser.
Wetter-Radare wissen, wo es regnet, Niederschlagsmesser wissen, wie viel...
Wetter-Radare messen, wo Regen fällt, können aber nicht mit absoluter Genauigkeit bestimmen, wie stark es regnet oder wie viel Wasser niedergeht. Außerdem senden sie ihr Mess-Signal in einer geraden Linie und in einem nach oben gerichteten Winkel.
Praktisch bedeutet dies, dass der uns am nächsten gelegene Radar in den belgischen Ardennen bereits über manchen Gegenden Luxemburgs so hoch zielt, dass er tief hängende Wolken gar nicht erkennt.
Niederschlagsmesser geben zwar genaue Auskunft über die Niederschlagsmenge, aber nur an einem ganz bestimmten Punkt. Sogar ein Netzwerk an Niederschlagsmessern kann dadurch ein lokales Gewitter komplett verpassen, wenn die Geräte zu weit auseinanderstehen.
First flush, der giftige Oberflächenabfluss unserer Städte
Dabei ist es heutzutage besonders in Städten sehr wichtig, dass man den Oberflächenabfluss eines Starkregens möglichst präzise vorhersagen kann: Auf den versiegelten Flächen kann das Wasser nicht versickern; in Minutenschnelle fließen wahre Sturzbäche durch die Straßen.
Dieser first flush, d.h. der Abfluss der ersten 15 Minuten, trägt nicht nur Staub und Abfall mit sich, sondern auch Schwermetalle und Öl, die sich auf den Straßen abgelagert haben. Dieses Wasser müsste unbedingt in die Kläranlage geleitet werden, fließt in der Praxis aber öfter direkt in die Flüsse und Bäche.
Kläranlagen haben ein begrenztes Fassungsvermögen: Damit der first flush eingefangen werden kann, ohne die Kläranlage zum Überlaufen zu bringen, muss man genau wissen, wie das Regenwasser in der Stadt abläuft.
Mobilfunkmasten könnten unser Wissen vom Oberflächenabfluss verbessern
Mit Hilfe von Mobilfunkmasten sollen nun die von Radar und Niederschlagsmessern gelieferten Informationen ergänzt und damit ein genaueres first flush-Modell berechnet werden.
Genau wie Wetter-Radare senden die Masten Mikrowellen-Strahlung: Regenfall schwächt das Signal ab. Besonders auf kurzen Strecken sollte die Stärke der Abschwächung es ermöglichen, die Stärke des Niederschlags zu berechnen.
Ferner haben die Antennen zwei große Vorteile: Erstens ist die Höhe der Strahlen immer gleichbleibend unter den Wolken. Zweitens ist das Mobilfunknetz, zumindest in Städten, sehr dicht. Kann man also die Masten zu Niederschlagsmessungen nutzen, ist fast die gesamte benötigte Einrichtung bereits vorhanden. Vielversprechend.
Autor: Liza Glesener
Foto: © LIST