(C) Simon Philippo
Herr Philippo, was macht ein Mineraloge in Luxemburg?
Luxemburg ist ein sehr interessantes Land für einen Mineralogen. Aus zwei Gründen: Zum einen gibt der hiesige Boden einiges her. Zum anderen sind Luxemburger schon immer viel in der Welt unterwegs gewesen – und haben von dort Gesteinsproben mitgebracht.
Das heißt, Ihr Job ist nicht auf Luxemburg beschränkt?
Mitnichten. Geografisch bin ich schon seit Jahren auf den Kongo und Brasilien spezialisiert, und das ist kein Zufall. Denn zu Anfang des letzten Jahrhunderts waren viele Luxemburger in der damaligen belgischen Kolonie Kongo aktiv; später gingen viele für die Arbed nach Brasilien.
Und die hatten dann besagte „Mitbringsel“ im Gepäck?
In der Tat. Als ich vor knapp 20 Jahren hierher kam, hatte das Museum einen beachtlichen Fundus an Gesteinen, den ich dann begann auszuwerten. Ich war damals der erste Mineraloge des Landes, da gab es also einiges zu tun. Und das ist bis heute so geblieben ...
Was wertet ein Mineraloge konkret aus?
Wir Mineralogen sind die Materialforscher unter den Geologen. Wir erforschen chemische und physikalische Eigenschaften von Gesteinen, Kristallen und Mineralien. Das kann rein zu Forschungszwecken erfolgen, aber auch mit Blick auf die Nutzung als Werkstoffe.
Das klingt vielseitig. Wo arbeiten Mineralogen?
In der wissenschaftlichen Forschung, aber oft auch in der Industrie. Unternehmen, die in der Rohstoffgewinnung tätig sind, können mögliche Arbeitgeber sein, aber auch Hersteller von Ziegeln oder Zement. Oder eben naturwissenschaftliche Museen wie in meinem Fall.
Wie sieht Ihr Alltag hier im Museum aus?
Die Hälfte meiner Zeit verbringe ich im Büro, neben administrativen Tätigkeiten vor allem mit dem Schreiben von Fachartikeln. Zu 20% arbeite ich in Laboren, u.a. im LIST, und weitere 20% widme ich unserer Sammlung. Und die verbleibenden 10% verbringe ich draußen im Gelände.
Das klingt fast nach einem Routine-Job ...
Das Gegenteil ist der Fall. Routine ist selten, dafür gehört Leidenschaft dazu. Mein Alltag ist eine Mischung aus Forschung und der Popularisierung entsprechender Ergebnisse. Anders gesagt: Es geht stets darum, Neues zu entdecken und dann dem Publikum zu präsentieren.
Und was bekommt das Publikum bei Ihnen zu sehen?
Unsere Sammlung umfasst rund 30.000 Ausstellungstücke. Mineralien aus den alten Minen des Luxemburger Nordens sind ebenso vertreten wie Gesteine aus den Nachbarländern oder eben Brasilien und dem Kongo. Und wir haben einige Unikate zu bieten.
Wie schaffen Sie es, Menschen für Mineralogie zu interessieren?
Auf viele Menschen wirkt die Ästhetik der Mineralen anziehend, sprich: Farbe und Form. Das ist oft der Einstieg. Der Rest ist Faszination und ab einem gewissen Punkt die ständige Suche nach neuen Erkenntnissen. Viele Steine erzählen Geschichten und Geschichte.
Ist diese Suche nach neuen Erkenntnissen auch Ihr Antrieb?
Definitiv. Ein Forscher stellt immer Fragen und sucht Antworten. Da machen wir Mineralogen keine Ausnahme. Übrigens wurden allein in den vergangenen Jahren zwei der rund 4.400 derzeit bekannten Mineralien von Doktoranden in unserem Team entdeckt.
Autor: Sven Hauser
Foto © Simon Philippo
Infobox
Weil er sich bereits mit zehn Jahren für Mineralen zu begeistern begann, war der akademische Weg von Simon Philippo irgendwann vorgezeichnet. Dem Geologie-Studium in Louvain-la-Neuve folgte ein PhD in Mineralogie sowie ein Post Doc im British Museum in London. 1996 kam der gebürtige Belgier schließlich nach Luxemburg, wo er seitdem in Nationalmuseum für Naturgeschichte in Luxemburg-Grund arbeitet.
Mineralien erzählen Geschichten – und Geschichte. Deshalb plant das MNHN für den Herbst eine Ausstellung über luxemburgische Naturforscher in Lateinamerika, Mineralien spielen dabei auch eine Rolle. Bereits am 27. Mai 2015 lädt Simon Philippo im Rahmen des Science Clubs ins Museum ein. Auf dem Programm stehen Experimente zum Thema: „Wie reagieren Mineralien auf Licht“