Wer Universität Luxemburg hört, der denkt nicht unbedingt in erster Linie an Physik. Dabei wird auf dem Campus Limpertsberg auf international höchstem Niveau rund um die Physik von Materialien geforscht. Professor Tanja Schilling ist seit Anfang 2010 mit dabei – und will es dauerhaft bleiben.
Eine Physikerin, die vorhandene Exzellenz nachhaltig etablieren will
Physik ist wieder „in“. Mehr und mehr junge Menschen entscheiden sich wieder für ein entsprechendes Studium, und auch an der Universität Luxemburg wird Physik gelehrt und erforscht. Professor Tanja Schilling kam Anfang 2010 ins Großherzogtum. Ihr Ziel: Gemeinsam mit Ihren rund 50 Physiker-Kollegen etwas Nachhaltiges aufbauen.
Wer mit Tanja Schilling spricht, der merkt schnell: Die Frau kam ganz bewusst nach Luxemburg. Auf den ersten Blick mag das überraschen, denn eine Professur im Fachbereich Physik im Großherzogtum anzunehmen, liegt nicht gerade auf der Hand. Aber Tanja Schilling hatte ihre Gründe, gute Gründe.
„Ich wusste ja, dass vor Ort bereits sehr gute Leute sind“, so die gebürtige Frankfurterin. „Und außerdem war klar, dass es darum ging, etwas neues aufzubauen.“ Diese Mischung aus bereits vorhandener Kompetenz und Pioniergeist waren es dann auch, die sie dazu bewogen haben, an der uni.lu anzuheuern.
Fachgebiet theoretische Physik, Schwerpunkt kondensierte Materie
Das war Anfang 2010, davor hatte Tanja Schilling in ihrer Heimatstadt ihr Diplom erworben, danach an der Universität zu Köln promoviert sowie in Berlin, am renommierten deutschen Forschungsstandort Jülich, in Amsterdam und Mainz geforscht.
Das Fachgebiet von Tanja Schilling ist die theoretische Physik, ihr Arbeitsschwerpunkt liegt dabei auf kondensierter Materie: „Wir sind die einzige Universität in der Großregion, die das Thema im Studium in seiner ganzen Breite abdeckt.“
Langwierige Projekte – beachtlicher Forschungserfolg
Was aber verbirgt sich hinter den Begriffen „theoretische Physik“ und „kondensierte Materie“? „Die theoretische Physik entwickelt Methoden, um die Natur mathematisch zu beschreiben und ihre Eigenschaften vorherzusagen“, so Tanja Schilling: „Und bei kondensierter Materie handelt es sich um gebundene Atome, z.B. Festkörper, Flüssigkeiten und Gläser.“
Zur Forschung in diesem Bereich seien ausgeklügelte Computerprogramme nötig, die mitunter jahrelang laufen.
Mit ihren Kollegen der Arbeitsgruppe „Theory of soft matter“ untersucht Tanja Schilling beispielsweise das Verhalten von unterkühlten Plastikschmelzen – oder aber von DNA in Salzwasser. Das letztgenannte Forschungsprojekt kam vor kurzem zu dem Ergebnis, dass DNA, die spiralförmig ist, ab einer gewissen Salzkonzentration ihre Drehrichtung ändert – ein großer Forschungserfolg für die Luxemburger Physiker. Aber bei weitem nicht der einzige.
Praxisnähe, aber gleichzeitig auch Freiheit der Forschung
„Unsere Arbeit findet internationale Anerkennung und unsere Artikel werden in den weltweit führenden Zeitschriften veröffentlicht“, so Tanja Schilling weiter. Außerdem flössen die Forschungsergebnisse in die Praxis – vor allem die Materialforschung – ein und fänden deshalb häufig auch Eingang in die industrielle Produktentwicklung.
Häufig, aber nicht immer, wie Tanja Schilling unterstreicht: „Sicher ist Praxisnähe eine Charakteristik der Luxemburger Forschungslandschaft, wir Forscher brauchen aber auch den Mut, ohne unmittelbares Anwendungsziel vor Augen zu arbeiten.“ Auch, weil beides hier möglich ist, will Tanja Schilling samt Familie in Luxemburg bleiben.
Autor: Sven Hauser
Infobox
Physik wird an der Universität Luxemburg nicht nur erforscht, sondern auch gelehrt. Der entsprechende Bachelor-Studiengang wird sowohl vollständig in Luxembourg als auch in Kooperation mit den Universitäten Nancy und Saarbrücken angeboten. Studenten verbringen entweder das gesamte Studium in Luxemburg oder je ein Jahr an jeder der drei Hochschulen. Ein Novum: Ab Herbst 2013 bietet die uni.lu auch einen Masterstudiengang in Physik an. Weitere Informationen hier.