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Alle drei Jahre wieder ist PISA-Test. Für ein paar Tage wird dann das mäßige Abschneiden Luxemburgs in den Medien diskutiert – ehe dann wieder zur Tagesordnung übergeht. Das ist schade, und zudem nicht Sinn und Zweck der Übung. Denn der Pisa-Test will zur nachhaltigen Verbesserung des Schulsystems beitragen. Regelmäßig Schwächen benennen ist dabei eine Sache, sie in dauerhaften Anstrengungen zu verbessern das eigentliche Anliegen. Grund genug, auch zwischen den Tests über Pisa zu sprechen.
Beispiel Muttersprache: Germanophone Schüler – also solche, die zu Hause Luxemburgisch oder Deutsch sprechen, schneiden in Luxemburger Schulen besser ab. Das gilt zumindest für die im Rahmen des PISA-Test 2012 untersuchten Fächer Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften. Dass das mitnichten bedeutet, dass die Angehörigen dieser Sprachgruppe begabter sind, geht dabei ebenso deutlich aus dem Nationalen PISA-Bericht hervor. Die Gründe sind komplexer.
Muttersprache als Schulsprache vereinfacht die Dinge
So haben „Germanophone“ den Vorteil, dass ihre Muttersprache in der Grundschule sowie in den unteren Klassen der Sekundarstufe - und um diese geht es (s. Infobox) – die am meisten verbreitete Schulsprache ist. Demnach ist es auch kein Zufall, dass französischsprachige Schüler am ehesten an die Leistung der Germanophonen rankommen. Schließlich ist Französisch ebenfalls eine der Schulsprachen. Zudem hatten die Schüler die Wahl zwischen deutschen oder französischen Testversionen.
Viel schwerer haben es dagegen diejenigen Jungen und Mädchen, die zu Hause eine Balkansprache bzw. Portugiesisch sprechen. Besonders letztere tun sich im hiesigen Schulsystem besonders schwer, haben z.B. in den Naturwissenschaften mitunter einen Rückstand von 84 Pisa-Punkten – was fast zwei Jahren Beschulung entspricht (siehe Infobox). Es sei jedoch zu beachten, dass der Faktor Muttersprache nicht isoliert, sondern in engem Zusammenhang mit dem sozio-ökonomischen Hintergrund zu betrachten ist.
Sozio-ökonomische Benachteiligung mit fatalen Folgen
Jeglicher populistischer Rückschluss wäre somit verfehlt. Mit mehr oder weniger Intelligenz haben die teils exorbitanten Leistungsunterschiede nämlich rein gar nichts zu tun. So zeigen zum Beispiel Resultate des nationalen Bildungsmonitorings dass bei entsprechender Kontrolle der Sprachkompetenz die Leistungsunterschiede zu Ungunsten der portugiesischen Kinder im Fach Mathematik gänzlich verschwinden und sich sogar leicht zu ihren Gunsten umkehren.
Laut Nationalem Bericht zeigt dies, dass sprachliche Defizite häufig dazu führen, dass die Aufgabenstellung z.B. in den Naturwissenschaften falsch verstanden wird. „Das zeigt ganz klar, dass die Sprache die gesamte Schulkarriere entscheidend beeinflusst“, sagt Prof. Romain Martin, der für die Universität Luxemburg den nationalen Bericht des Pisa-Tests mit koordiniert. „Die Tatsache, dass zudem viele Kinder mit Portugiesisch oder einer Balkansprache als Muttersprache als sozioökonomisch benachteiligt gelten, dokumentiert ebenfalls die Ungleichheit zwischen den Sprachengruppen. Deshalb wurde dieser Faktor 2012 differenziert analysiert.“
Fundamentales Problem im Einwanderungsland
So wurde „sozioökonomisch benachteiligt“ wie folgt definiert: niedrigerer beruflicher Status der Eltern, geringerer Wohlstand, schlechterer Zugang zu kulturellen Güter und bildungsrelevanten Ressourcen – d.h.: Taschenrechner, Lexika, Schreibtisch etc. Daraus ergeben sich hierzulande die Benachteiligungen, die auch im internationalen Vergleich signifikant sind: Bei Leistungsunterschieden liegt das Einwanderungsland Luxemburg im hinteren Drittel (Naturwissenschaften und Lesen) bzw. im unteren Mittelfeld (Mathematik). „Wenn die Leistungen der luxemburgischen Schüler also diskutiert werden, muss dies immer mit berücksichtigt werden“, so das Fazit von Romain Martin.
Autor: Sven Hauser
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Infobox
Der PISA-Test (Programme for International Student Assessment) wird seit dem Jahr 2000 von der OECD durchgeführt und vergleicht alle drei Jahre die Leistungsfähigkeit von Schüler in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften. Untersucht wird jeweils die Altersklasse der 15jährigen, dies in den 34 OECD-Ländern sowie in 31 weiteren Partnerländern. Die Ergebnisse für Luxemburg gibt es im Nationale Bericht PISA 2012. (http://www.men.public.lu/catalogue-publications/secondaire/etudes-internationales/pisa-2012/PISA-2012.pdf). Dabei werden die Ergebnisse in Punkten angegeben, wobei 48 Punkte in etwa dem Wissen und den Fertigkeiten entsprechen, die in Luxemburg in einem Schuljahr hinzugelernt werden.