Zur Förderung der Integration von Kindern aus zugewanderten Familien hat sich die Bildungsforscherin Nele McElvany dafür ausgesprochen, das Fach "Deutsch als Zweitsprache" als normales Schulfach zunächst für Nordrhein-Westfalen im Unterricht zu verankern. "Das muss an Grund- und weiterführenden Schulen fest etabliert werden", sagte McElvany der "Rheinischen Post" vom Samstag. Ein solches Modell sei sinnvoller als spezielle Willkommensklassen oder auch Einzelfalllösungen.
Stattdessen solle "für einen substanziellen Teil der Schülerschaft systematisch, von der Pike auf, die deutsche Sprache als normales Schulfach gelehrt werden", sagte die Bildungsexpertin. Dies solle gelten "für alle Kinder, für die das nötig ist". Neben Schülerinnen und Schülern mit aktueller Migrationsgeschichte seien dies auch weitere Kinder beispielsweise aus schwierigen sozialen Lagen, "die mit nicht genügenden oder sogar ganz ohne deutsche Sprachkenntnisse in die Schulen kommen".
Zu den bislang verbreiteten Willkommensklassen äußerte sich McElvany skeptisch. Diese seien "trotz der guten Intention ein schwieriges Konzept", verwies die Wissenschaftlerin auf vorliegende Forschungsergebnisse. Demnach hatten "diejenigen, die in Willkommensklassen waren, auch Jahre später noch schlechtere Sprachkompetenzen als die, die direkt in die Regelklassen integriert worden sind".
"Integration und Zuwanderung sind Daueraufgaben geworden", betonte McElvany. Der Erwerb guter Sprachkompetenzen im Deutschen sei "ein langfristiger Lernprozess, der über den ersten Erwerb grundlegender Deutschkenntnisse, um dem Unterricht folgen zu können, weit hinausgeht".
Insgesamt zog die Wissenschaftlerin aber eine positive Bilanz des Umgangs mit der Zuwanderung nach Deutschland an den Schulen im vergangenen Jahrzehnt. "Viele Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die geflüchteten Kinder und Jugendlichen an den deutschen Schulen sehr wohl gefühlt haben", sagte sie der Zeitung. Dies sei "ein großer Erfolg des gesamten Bildungswesens und der Menschen, die darin arbeiten".
McElvany wandte sich auch dagegen, Migration als eine Hauptursache von Problemen an deutschen Schulen zu sehen. Der in Studien ermittelte deutliche Abfall der Leistung sei nur zum Teil darauf zurückzuführen, vorrangig aber auf andere Faktoren. Dazu zählten auch die Folgen der Schulschließungen in der Zeit der Corona-Pandemie oder "zum Beispiel ob Kinder überhaupt einen ruhigen Platz zum Arbeiten haben".
McElvany ist Professorin für Empirische Bildungsforschung an der Technischen Universität Dortmund. Sie wurde bekannt als Leiterin der internationalen Iglu-Schulstudie in Deutschland.