Trotz der deutlich gestiegenen Kinder- und Jugendkriminalität in Deutschland hat der Intensivpädagoge Menno Baumann von einer Senkung des Strafmündigkeitsalters auf unter 14 Jahre abgeraten. Die Herabsetzung "bringt überhaupt nichts", sagte der Wissenschaftler von der Fliedner-Fachhochschule Düsseldorf der Mediengruppe Bayern nach Angaben vom Mittwoch. "Sie verhindert keine Straftaten und sie ermöglicht nicht bessere Reaktionen auf Strafverhalten von Kindern und Jugendlichen."

Bei Länder mit einer niedrigeren Strafmündigkeit zeige sich, dass je jünger diese sei, desto weniger werde in soziale Infrastruktur investiert. Eine Folge davon sei mehr Kinderkriminalität. Baumann nannte dies einen "eindeutigen" Befund in der Gewaltforschung.

"Das kann nur heißen: Finger weg vom Strafmündigkeitsalter, denn das ist Populismus pur", warnte der Pädagoge. Es gebe genügend andere Instrumente. Der Eindruck, unter 14-Jährigen würde nichts passieren bei einer Straftat, stimme zudem nicht. "Die können durchaus vor einem Richter landen, aber eben keinem Strafrichter, sondern einem Familienrichter, und da gehören die Kinder hin."

Für den Anstieg der Jugendkriminalität, wie er aus der vergangenen Woche veröffentlichten polizeilichen Kriminalstatistik 2023 hervorgeht, gibt es aus Sicht des Intensivpädagogen viele Gründe. "Wir hatten Gesetzesverschärfungen, die neue Delikte umfassen, sehen einen Bevölkerungszuwachs in dieser Gruppe, sind mit einem stark wachsenden Anzeigeverhalten konfrontiert."

Auch gesellschaftliche Entwicklungen wie steigende Armut, wirtschaftliche Bedrohung durch Inflation und die prekäre Lage am Wohnungsmarkt führten zu wachsenden Problemen in den Familien, ergänzte der Wissenschaftler. Zudem gehe nach der Corona-Zeit die Schere zwischen denen, die in der Schule relativ gut zurechtkommen und denen, für die das nicht gilt, weit auseinander. "Die Bildungsungerechtigkeit hat daher zuletzt deutlich zugenommen, und auch das ist ein Nährboden für Kriminalität und Gewalt", betonte Baumann.