Trotz ihrer umstrittenen Likes für antisemitische Beiträge im Internet steht das Kuratorium der Technischen Universität (TU) Berlin hinter Hochschulpräsidentin Geraldine Rauch. Das Gremium habe mehrheitlich beschlossen, Rauch "konstruktiv-kritisch bei ihrem angekündigten Neuanfang zu unterstützen", teilte das Kuratorium am Montag nach einer Sitzung mit. Auch Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) ist Mitglied des Gremiums.

Rauch hatte auf der Plattform X unter anderem einen Beitrag mit einem Bild mit einem "Gefällt mir" markiert, auf dem türkische Demonstranten dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu Hakenkreuze auf die Brust gemalt hatten. Nach heftiger Kritik aus der eigenen Hochschule sowie von Senatorin Czyborra entschuldigte sich Rauch für die Likes.

Zweifellos habe Rauch grob nachlässig gehandelt und der TU großen Schaden zugefügt, hieß es vom Kuratorium am Montag. Der internationale Ruf der TU habe erheblich gelitten, und die Erfolgsaussichten für den neuen Antrag zur Exzellenzinitiative seien getrübt. Dennoch solle Rauch eine Chance eingeräumt werden, das von ihr angebotene Programm zur Festigung des Vertrauens in die TU und zur Wahrung der Tradition als weltoffene, tolerante und antirassistische Universität erfolgreich umzusetzen, hieß es von dem Gremium.

Das Kuratorium sei von der Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit von Rauchs Entschuldigung überzeugt, teilte es außerdem mit. Ebenso sei es fest davon überzeugt, dass Rauch keinerlei antisemitische Vorurteile pflege, damit sympathisiere oder diese unterstütze. "Eine kritische Haltung gegenüber dem derzeitigen Vorgehen der israelischen Regierung ist legitim und keinesfalls antisemitisch, unabhängig davon, ob man diese Kritik teilt oder nicht", teilte das Kuratorium mit.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte die Entscheidung des Gremiums. Dass die Mehrheit Rauch unterstütze, zeige ein fehlendes Verantwortungs- und Problembewusstsein in Bezug auf Antisemitismus, erklärte ein Sprecher. Die Entscheidung des Kuratoriums habe zudem einen nicht absehbaren Ansichtsverlust der TU zur Folge.

"Die Verharmlosung der Unterstützung von Israel-Hass und Antisemitismus in Zeiten, in denen Aufrufe zur Vernichtung Israels und von Juden gerade an Berliner Universitäten grassieren, ist bedrückend", erklärte der Sprecher weiter. Persönliche Konsequenzen wären ein wirklicher Ausdruck von Reue gewesen. Damit hätte Rauch auch die Integrität der TU Berlin und ihrer Person gewahrt.

Am vergangenen Freitag hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angesichts der Vorwürfe entschieden, dass Rauch nicht mehr Teil des von ihm berufenen Zukunftsrats ist. Das Gremium soll Scholz in Technologie- und Innovationsfragen beraten und wurde im Juli 2022 eingesetzt. Zwei Tage zuvor hatte der Akademische Senat der TU mit knapper Mehrheit für einen Rücktritt Rauchs als Präsidentin gestimmt. Die Präsidentin lehnte aber trotz des Votums einen Rücktritt ab.