Im Zollkonflikt hat ein US-Ökonom das Weiße Haus dafür kritisiert, seine Forschung falsch ausgelegt und zur Rechtfertigung für weitreichende Importaufschläge benutzt zu haben. Der "größte Fehler" des US-Handelsbeauftragten sei es, Handelsdefizite mit anderen Staaten als eindeutiges Zeichen für unfaire Handelspraktiken der anderen Seite fehlzudeuten, schrieb der Ökonom Brent Neiman in einem Meinungsartikel in der "New York Times" vom Montag.
Neiman, der unter dem früheren US-Präsidenten Joe Biden im Finanzministerium tätig war, hatte als Co-Autor an einem Forschungsbeitrag über die Auswirkungen von Zöllen auf Preise in den USA gearbeitet. Der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer hatte dieses Papier in der vergangenen Woche in einer Erklärung zur Berechnung der neu von US-Staatschef Donald Trump verhängten Zölle zitiert.
"Ich bin mit der Handelspolitik und dem Ansatz der Regierung grundsätzlich nicht einverstanden", schrieb Neiman nun. Die Trump-Regierung habe seine mit drei anderen Ökonomen verfasste Forschung falsch zitiert, um nahezulegen, dass die inländischen Preise mit den US-Zöllen nur leicht steigen würden. Der Aufsatz aber zeige, dass der für Importe in die USA zu zahlende Preis "fast genauso stark steigen würde wie der Zollsatz".
Trump hatte am Mittwoch die bisher umfassendsten Importaufschläge gegen Handelspartner seines Landes verhängt. Sie betreffen nahezu alle Produkte und alle Länder weltweit. Länder wie China oder auch Entwicklungsländer in Afrika und Südostasien, die einen besonders hohes Exportüberschuss mit den USA aufweisen, sind besonders hart getroffen.
Die Berechnungen der Trump-Regierung haben bei Wirtschaftswissenschaftlern Fragen und teils Spott hervorgerufen. Mit gegenseitigen - sogenannten reziproken - Zöllen auf Augenhöhe, die Trump anführt, habe dies so viel zu tun "wie Astrologie mit Astronomie", schrieb etwa der Wirtschaftsprofessor und frühere US-Finanzminister Larry Summers im Onlinedienst X.