(C) Magdalena Pisa

Kredite sind für kleine und mittelgroße Unternehmen nicht leicht zu bekommen. Warum werden sie systematisch benachteiligt?

Frau Pisa, Sie erforschen die Kreditvergabe an kleine und mittelgroße Unternehmen. Warum gerade an diese?

Diese Unternehmen sind sehr wichtig für unsere Wirtschaft. In Europa arbeiten zwischen 53 und 86 Prozent aller Arbeitnehmer für solche Unternehmen. Sie sollten daher gefördert werden und leicht Kredite erhalten; doch das Gegenteil ist der Fall: gegenüber größeren Unternehmen ist es für sie deutlich schwerer, Kredite zu erhalten.

Wie kommt das?

Für Banken ist es deutlich schwieriger, das Ausfallrisiko für Kredite an kleine Unternehmen einzuschätzen und die korrekten finanziellen Rücklagen zurückzustellen. Bei großen Unternehmen können Banken etwa auf Finanzberichte, Markt- oder Aktienpreise zurückgreifen – all das gibt es bei kleinen Unternehmen nicht.

Um das Ausfallrisiko zu mindern, könnten die Banken doch in Form von Eigenkapital große Rücklagen bilden…

So einfach ist dies nicht, denn dies verursacht für die Banken auch höhere Kosten, die letztlich wieder die Kredite für kleine Unternehmen teurer machen. Wichtig ist es vor allem, Informationsdefizite über kleine und mittelgroße Unternehmen zu beheben. Hier kann die Forschung helfen.

Inwiefern?

Als Wirtschaftwissenschaftlerin entwickle zum Beispiel ich Werkzeuge und Modelle, mit denen die Kreditvergabe an diese Unternehmen transparenter wird und Ausfallrisiken berechenbarer werden. Hierdurch sollte es Banken letztlich leichter fallen, Kredite an diese Unternehmen zu vergeben.

Wie funktioniert das?

Ich untersuche hierfür Wechselbeziehungen zwischen Herstellern und Abnehmern von Produkten. Kommt es zu einer Krise und damit verbundenen Ausfällen von Unternehmen, lassen sich Abhängigkeiten herausfinden und die tatsächlichen Ausfallrisiken von Krediten an kleine Unternehmen besser eingrenzen.

Können Sie aus Ihrer Arbeit auch Empfehlungen an die Politik ableiten?

Ja. Denn meine Untersuchungen zeigen, dass die Risiken kleiner Unternehmen geringer sind, als die großer Firmen. Die Kapitalanforderungen gegenüber kleinen Unternehmen sind aber nicht dementsprechend niedriger. Hier müssten die Regulierungsbehörden auf jeden Fall nachjustieren.

Autor: Tim Haarmann
Foto: (C) Magdalena Pisa

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Kurzportrait

Magdalena Pisa hat an den Universitäten Maastricht und Luxemburg promoviert, finanziert durch ein AFR-PhD-Stipendium des Fonds National de la Recherche (FNR). Im Anschluss hat sie Cornell University gearbeitet. Seit September 2015 ist die Wirtschaftwissenschaftlerin Juniorprofessorin an der »WHU - Otto Beisheim School of Management« mit Sitz in Düsseldorf und Vallendar. Schwerpunkte ihrer Forschung sind Bankwesen  und Risikomanagement. 

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