Perkolationseffekt Coronavirus

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Um den Perkolationseffekt (Schwelleneffekt) zu verstehen, ist es wichtig die Bedeutung von Clustern bei der Verbreitung des Virus zu verstehen.

134 Neuinfektionen! Als diese Zahl am 15. Juli verkündet wurde, löste dies bei vielen Einwohnern Luxemburgs Entsetzen aus. Irgendwann im September/Oktober fingen wir dann an, uns an hohe Zahlen zu gewöhnen. Die Zahl der Neuinfektionen schien sich so zwischen 100 und 200 einzupendeln. Doch nun die letzten Tage: plötzlich über 500 Fälle, dann sogar über 800… wie konnte das so schlagartig ansteigen?

Ein Grund dafür ist, dass nach den Ferien – einem „Quasi-Lockdown“ (geschlossene Schulen, Bausektor im Congé Collectif, viele Menschen außer Lande…) – die Aktivitäten und somit auch die physischen Kontakte im Land wieder zugenommen haben. Noch dazu kommt, dass das Wetter zunehmend schlechter wurde. Das bringt mit sich, dass Menschen sich nun wieder verstärkt in geschlossenen Räumen treffen und sich so das Ansteckungsrisiko erhöht, da das Virus in geschlossenen Räumen über Aerosole übertragen werden kann.

Noch dazu kommt, dass eine exponentielle Dynamik desto schneller zu höheren Zahlen führt, desto höher die Anfangszahlen sind. Als im März die exponentielle Dynamik losging, ging es mit einem oder einigen wenigen Fällen los. Als nun im Oktober die exponentielle Dynamik losging, gab es über tausend aktive Fälle. Die exponentielle Kurve schlägt nun also stärker aus, führt schneller zu höheren Fallzahlen.

Ein weiterer Effekt ist der Präventionsparadox (also das Gefühl alles sei doch übertrieben, da durch die ergriffenen Maßnahmen die Situation ja unter Kontrolle ist) und weitere psychologische Phänomene wie z.B. Pandemie-Müdigkeit. Der Präventionsparadox bewirkt, dass wir dazu tendieren, die Lage zu unterschätzen – was übrigens durchaus gut für die Psyche ist, aber leider schlecht für die Dynamik der Pandemie. Und nach Monaten der sozialen Einschränkungen und Existenzsorgen, haben die Menschen wegen Pandemiemüdigkeit einfach keine Lust mehr oder sehen nicht mehr wirklich den Sinn, weiter auf so vieles zu verzichten oder so vieles zu verlieren.

Was noch dazu kommt, ist dass wir in Luxemburg während der zweiten Welle, im Vergleich zur ersten Welle, zwar viele Neuinfektionen hatten, aber wenige Krankenhausaufenthalte bzw relativ wenige Tote (auch wenn natürlich jeder Tote einer zuviel ist). An sich geht es ja bei der Pandemiebekämpfung nicht primär um die Anzahl an Neuinfektionen, sondern hauptsächlich darum, die Kapazitäten des Gesundheitssystems/der Krankenhäuser nicht auszulasten. Die Neuinfektionen sind ein indirekter Hinweis auf das, was folgen wird (obwohl wenn die Zahl hoch ist, das auch bedeutet, dass viele Menschen in Quarantäne oder Isolation sitzen) - und hier hatte sich das Verhältnis Neuinfektionen/Krankenhausaufenthalte zum Guten gewendet. Wir haben das lange gut hingekriegt: relativ viele Neuinfektionen bei trotzdem relativ gutem Schutz der Risikogruppen. Daher waren wir auch irgendwann nicht mehr so besorgt, wenn die Fallzahlen hoch waren. Ausserdem gab es bereits im Juli einen Anstieg der Zahlen, der dann jedoch schnell gebremst werden konnte. Wir hatten vielleicht alle den Eindruck, dass dies auch dieses Mal schnell wieder gelingen könnte. Mit dem Unterschied dass uns im Juli mit den Schulferien und dem Congé collectif ein Quasi-Lockdown zur Hilfe kam - was nun im Oktober nicht der Fall war. 

Wir wollen uns jedoch in diesem Artikel einem Konzept zuwenden, das bisher öffentlich kaum diskutiert wurde. Die Rede ist vom Perkolationseffekt (Schwelleneffekt), der erklärt, weshalb ab einer gewissen „Virusmasse“ (Anzahl an Menschen die das Virus in sich tragen) in der Bevölkerung die Zahl der Neuinfektionen plötzlich rasant, scheinbar ohne Grund, steigen kann.

Was ist der Perkolationseffekt – und ist er mitverantwortlich für die rasant steigenden Zahlen in Luxemburg?

Der Perkolationseffekt, oder Schwellenwert-Effekt, ist ein Konzept aus der Physik, der auch in der Epidemiologie Verwendung findet. Vereinfacht beschreibt er einen Effekt des „Durchsickerns“. Der deutsche Virologe Christian Drosten hat den Perkolationseffekt in seinem Podcast vom 1. September gut veranschaulicht – und zwar anhand eines Papier-Kaffeefilters voll gemahlenen Kaffees, in den man oben nach und nach einzelne Wassertropfen hineintropfen lässt. Der Kaffeefilter bleibt, von außen betrachtet, lange Zeit trocken. Ab einem gewissen Moment aber, fängt er plötzlich an zu tropfen. Das ist der Moment, wo das Wasser sich den Weg von einem Kaffeekorn zum nächsten gebahnt hat und schließlich ganz nach unten durch den Kaffee hindurchsickert. Der Perkolationseffekt ist eingetreten.

Oder ein anderes Beispiel: Man nehme einen Sack halb voll mit Holzkugeln. Dann fängt man an Eisenkugeln hinzuzugeben. Man misst ob der Inhalt des Sackes (z.B. von oben nach unten) Strom leiten kann. Wenn nur wenige Eisenkugeln im Sack sind, findet keine Stromleitung statt, da Holz den Strom nicht leitet und zu wenige Eisenkugeln im Sack sind. Erhöht man allerdings die Anzahl an Eisenkugeln (eine nach der anderen), kommt irgendwann der Moment, wo lauter Eisenkugeln in einer Art Kette sich berühren und also bewirken, dass Strom geleitet werden kann. Das Hinzufügen der letzten Eisenkugel bewirkt eine plötzliche, große Veränderung: der Inhalt ändert von nicht-leitend zu leitend. Wo vorher kein Strom geflossen ist, fließt nun plötzlich Strom. Wann dieser Effekt eintritt, hängt viel vom Zufall ab. Es kann sein, dass nur wenige Eisenkugeln sich durch Zufall so anordnen, dass Strom fließen kann, es kann aber auch sein, dass es viel mehr Kugeln braucht, damit eine Anordnung zustande kommt, wo alle Eisenkugeln sich berühren.

Angewendet auf eine Epidemie beschreibt der Perkolationseffekt ein Durchsickern des Virus von Cluster (Menschengruppen, die engeren Kontakt haben) zu Cluster, hindurch in die gesamte Bevölkerung. Das Resultat davon ist, dass es zu einem Kipppunkt kommen kann, an dem die Fallzahlen plötzlich, scheinbar ohne Grund, schnell steigen.

Das Problem am Perkolationseffekt: Wissenschaftler können nicht (zumindest aktuell noch nicht) im Voraus genau sagen, wann er eintritt. In der aktuellen Situation in Luxemburg kann man aber davon ausgehen, dass dieser Effekt eingetreten ist.

Wie kommt dieser Effekt denn nun genau zustande?

Die Bedeutung von Clustern bei der Verbreitung des Virus

An dieser Stelle müssen wir etwas ausholen: Nehmen wir den R-Wert. Ein R-Wert von 2 besagt, dass im Schnitt eine infizierte Person hier in Luxemburg zwei weitere Personen im Großherzogtum ansteckt. Dabei wird zur Vereinfachung so getan, als würden sich alle Menschen in Luxemburg frei durchmischen (Grundannahme der sogenannten Panmixie). Nach dieser Annahme hat also jeder mit jedem gleich wahrscheinlich Kontakt in einem gleichen Zeitraum innerhalb Luxemburgs. In Wirklichkeit ist es allerdings so, dass die Wahrscheinlichkeit, mit der Menschen miteinander Kontakt haben, davon abhängt, ob die Personen einem gemeinsamen Cluster angehören oder nicht. Erst wenn wir die Bedeutung der Cluster bei der Ausbreitung des Virus verstehen, können wir eine Vorstellung von Schwelleneffekten kriegen. 

Fast alle Menschen haben physische Kontakte zu einem großen Teil innerhalb von Clustern. Solche Cluster sind beispielsweise die Familie, enge Freunde, Arbeitskollegen oder die Fußballmannschaft. Nehmen wir an, ich bin positiv und ansteckend. Dann ist die Wahrscheinlichkeit viel höher, dass ich eine Person aus einem „meiner“ Cluster anstecke als irgendeine andere Person in Luxemburg.

Ein Beispiel: Nehmen wir an, ich habe in Belval, auf dem Arbeitsplatz, meinen Arbeitskollegen Mr Science angesteckt. Er trägt das Virus weiter an eine Person in einem „seiner“ Cluster – z.B. einen seiner besten Freunde. So kommt es zu einer Übertragung zwischen Clustern, die miteinander in Verbindung stehen. Doch nicht alle Cluster stehen miteinander in Verbindung. Es ist eher unwahrscheinlich, dass Mr Science oder ich das Virus an Pedro aus Medernach oder Sarah aus Weiswampach weitergeben, mit denen keiner unserer Cluster Berührungspunkte hat. Übertragungen sind also nicht gleich wahrscheinlich, sondern verbreiten sich vor allem von Cluster zu Cluster. Nehmen wir nun an, dass der beste Freund von Mr Science nun noch seine Frau ansteckt, beide sich aber rechtzeitig in Isolation begeben und niemand weiteres anstecken. Dann habe ich das Virus zwar an ein weiteres Cluster weitergegeben, aber danach wurde die Übertragungskette unterbrochen.

Wenn das Pandemiegeschehen in solch einem Stadium ist, wo Infektionsübertragungen hauptsächlich innerhalb von Clustern stattfinden, lässt sich das Pandemiegeschehen gut unter Kontrolle halten – unter der Voraussetzung, dass die Behörden einzelne Cluster schnell auffinden und entsprechende Maßnahmen einleiten (Contact Tracing mit anschließenden Quarantäne- und Isolationsmaßnahmen). Dies ist lange Zeit gut gelungen in Luxemburg.

Wenn nun die „Virusmasse“ steigt…

Doch nun kann es vorkommen, dass auf einmal ein Schwellenwert an „Virusmasse“ (also an Personen, die mit dem Virus infiziert sind) erreicht wird. Ab dann ist das Virus plötzlich nicht mehr nur hauptsächlich innerhalb einzelner Cluster vorzufinden, sondern in der gesamten Bevölkerung. Der Perkolationseffekt ist eingetreten. Wie im Beispiel mit den Eisenkugeln, wo der Strom durch die einzelnen Eisenkugeln hindurch, von oben nach unten fließen kann, finden nun Übertragungen durch Cluster hindurch statt, quasi von Belval bis nach Weiswampach – weil nun die Übertragungswahrscheinlichkeit so stark angewachsen ist, dass Übertragungen von Cluster zu Cluster zu Cluster zu Cluster entstehen und somit plötzlich sogar Cluster ohne direkte Berührungspunkte über Umwege miteinander in Kontakt kommen. Ab nun kann man eine plötzlich steigende Zahl an Fällen beobachten.

Perkolationseffekt Coronavirus Luxemburg

Infektionen hauptsächlich innerhalb von Clustern, beziehungsweise zwischen Clustern, die miteinander in Verbindung stehen.
Dann: Stop der Infektionskette.

Infektionen springen von Cluster zu Cluster zu Cluster ...
Es ist, als würden nun quasi alle Cluster miteinander (wenn auch nur indirekt) in Verbindung stehen.
Der Perkolationseffekt ist eingetreten.

 

Beispiel:

Dass dieser Schwellenwert-Effekt nicht nur ein theoretisches Gedankenspiel ist oder sich nur rein physikalisch erklären lässt, sondern auch in der Epidemiologie in Erscheinung tritt, zeigt eine Studie mit Wüstenrennmäusen in Kasachstan, die 2008 im Fachjournal Nature publiziert wurde. Hier der Link zur Studie.

Diese Wüstenrennmäuse werden immer mal wieder vom Pesterreger infiziert. Die Forscher haben nun die Verbreitung des Pesterregers innerhalb der Wüstenrennmaus-Populationen untersucht. Die Wüstenrennmäuse leben nämlich mit ihrer Familie in unterirdischen Tunneln, sozusagen in unterirdischen, in sich geschlossenen Wohngemeinschaften (hier sinnbildlich für Cluster). Die einzelnen Familien bauen ihre Wohngemeinschaften nah aneinander. Aber nicht alle Tunnel sind bewohnt, manche stehen leer. Von oben betrachtet sieht dies folgendermaßen aus (jeder helle Punkt ist eine Wohngemeinschaft/ein Tunnelsystem):

Screenshot von: https://www.researchgate.net/

Kontakte zwischen den Mäusen bestehen also vor allem innerhalb einer Familie (innerhalb eines Clusters), aber ab und zu kommt es vor, dass Übertragungen auch zwischen Familien stattfinden, also von einem Cluster zu einem anderen übergehen.

Wenn die Forscher nun eine Familie gefunden hatten, die vom Pesterreger infiziert war, haben sie in Kreisen von 3-4 km Durchmesser um diese Familie herum gekuckt, ob auch andere Familien infiziert waren. Dies taten sie parallel an mehreren Beobachtungspunkten. Das Fazit: Wenn im Zentrum eine Familie infiziert war, dann waren direkt drum herum auch einige weitere Familien infiziert. Wenn sie jedoch weiter weg von der infizierten Familie Tiere untersuchten, fanden sie kaum oder keine Infektionen.

Dann haben die Forscher analysiert, was passiert, wenn sie nach und nach immer mehr Tiere dort ansiedeln, so dass immer mehr Tunnel von Tierfamilien besetzt sind (wie anfangs erwähnt stehen immer wieder mal Tunnelsysteme leer). Dadurch kommen die Cluster untereinander mehr in Kontakt und dadurch, dass durch die zunehmende Dichte auch das Infektionsrisiko steigt, steigt insgesamt die „Virusmasse“. Was konnten die Forscher beobachten?

Hatten die Forscher die Tierdichte nur ein wenig erhöht, änderte sich kaum etwas in der Beobachtung: Nah um die infizierte Familie herum fanden sich weitere infizierte Tiere, weiter weg jedoch fanden sie kaum oder keine Infektionen. Erhöhten die Forscher die Tierdichte noch weiter, dann kam es zu einem Punkt, an dem sich das ganze Infektionsgeschehen änderte. Ab da fanden die Forscher dann auch auf 3 oder 4 km Distanz zur infizierten Familie überall Infektionen. Der Perkolationseffekt hatte eingesetzt.

Infektionen wurden nun plötzlich nicht mehr durch Cluster aufgehalten, sondern gingen von Cluster zu Cluster zu Cluster – bis schließlich die Mehrzahl der Tiere, auch weit weg vom Infektionsherd, infiziert waren.

Hätte dieser Effekt nicht vorhergesehen werden können in Luxemburg?

Es ist zurzeit gar nicht möglich vorauszusagen, wann genau (quantitativ) dieser Effekt eintritt. Einerseits weil bei diesem Effekt der Zufall eine Rolle spielt (siehe das Beispiel mit den Eisenkugeln – es ist möglich dass der Strom bereits fließt wenn das Verhältnis Eisenkugeln/Holzkugeln beispielsweise 30/70 beträgt, vielleicht aber auch erst wenn das Verhältnis 50/50 beträgt, ganz sicher aber wenn das Verhältnis 80/20 ist). Andererseits weil bei diesem Effekt die durchschnittliche Clustergröße, das Kontaktverhalten, die Durchmischung der Cluster, die durchschnittliche räumliche Entfernung zwischen den Clustern etc eine große Rolle spielen – was von Kultur zu Kultur, von Land zu Land unterschiedlich ist.

Was sind Indizien, die darauf hinweisen, dass der Effekt in Luxemburg eingetreten ist?

Dafür gibt es hauptsächlich zwei Indizien.

Erstens: Die Anzahl an Neuinfektionen ist vor kurzem plötzlich rasant gestiegen. Das hat wohl jeder mitgekriegt. Hier zur Veranschaulichung die Analyse der Kläranlagen-Abwässer durch das Coronastep-Projekt vom LIST:

Copyright: LIST - Luxembourg Institute of Science and Technology

Zweitens: Während das Virus anfangs eher in Clustern aufzufinden war, ist es nun überall präsent. Dies zeigt sich u.a. daran, dass noch vor einigen Wochen vor allem junge Menschen sich infizierten. Nun aber springen die Infektionen von den „Clustern der jungen Menschen“ auf die älteren Menschen über. Das Virus ist eben nun überall präsent.

Was sagt uns dies alles nun?

Es deutet zurzeit wie gesagt vieles darauf hin, dass eben dieser Perkolationseffekt in Luxemburg eingesetzt hat. In diesem Artikel wollten wir zuerst einfach nur darüber aufklären, dass es diesen Effekt gibt, was dabei helfen kann, das aktuelle Geschehen besser einordnen zu können. Es bestätigt aber auch das was wir eh schon wissen: dass die aktuelle Situation durch die Omnipräsenz des Virus volatil ist. Und es sagt uns, dass es einen Schwellenwert gibt, ab dem die Pandemie schwieriger zu kontrollieren ist. Und dass es also, um die Kontrolle zu behalten, besser ist, wir bleiben unterhalb dieses Schwellenwertes. Problematisch ist natürlich, dass wir eben nicht wissen, wo genau dieser Schwellenwert liegt. Um diesem Problem zu begegnen könnte entweder dazu geforscht werden oder eine pragmatische Lösung gefunden werden (z.B. versuchen die Anzahl an Neuinfektionen unterhalb der Maximalkapazität des Contact Tracing Teams zu halten…?)

Was dies aber auch zeigt: dass die „Great Barrington Declaration and Petition“, die zurzeit viel im Internet zirkuliert, wohl schwer umzusetzen ist. Es handelt sich hierbei um einen konstruktiven Vorschlag, wie wir als Gesellschaft mit dieser Pandemie umgehen könnten. Nämlich indem wir die jungen Menschen so frei wie möglich lassen und die älteren Menschen gut schützen. Ein interessanter Gedankenansatz. Durch den Perkolationseffekt zeigt sich nur, dass es schwierig wird, die Älteren zu schützen, wenn ein gewisser Schwellenwert an Infektionen überschritten wird. Denn dann tritt dieser Effekt ein, dass das Virus eben nicht nur innerhalb der Cluster der jungen Menschen präsent ist, sondern omnipräsent ist – und also auch die Älteren angesteckt werden. Dies reduziert automatisch erheblich den Schutz für ältere Menschen und Risikogruppen. Es bleibt unklar, wie man diesen Schutz praktisch umsetzen könnte, ohne verschiedene Menschengruppen aus dem gesellschaftlichen Leben auszuschließen. 

Was könnte man tun, um wieder aus so einer Situation rauszukommen?

Einige Länder reagieren zurzeit mit Lockdowns (entweder um diesen plötzlichen Ansprung der Zahlen zu vermeiden oder um ihn in den Griff zu bekommen). Christian Drosten hat einen interessanten Vorschlag gemacht, wie Länder ihre Strategie temporär ändern könnten, um, idealerweise ohne Lockdown, die Dynamik wieder zu entschleunigen. Zu lesen in der Wochenzeitschrift "Die Zeit".

Ist das die Wunderlösung? Natürlich nicht. Es ist ein Vorschlag, der diskutiert werden sollte und wo man versuchen sollte herauszufinden ob er realistisch ist oder nicht. So wie wir allgemein als Gesellschaft verschiedene Strategien diskutieren sollten, wie wir in Zukunft mit diesem Virus leben wollen. Und hier sollten immerzu die neuesten Entwicklungen der Forschung sowie präzise Datenanalysen in die Überlegungen mit einbezogen werden. Die guten Nachrichten zum Schluss: Luxemburg hat durch seine vielen Tests sehr gute Daten. Und bald werden Schnelltests auf den Markt kommen. Sollten diese gut funktionieren, ergeben sich neue Möglichkeiten, wie wir besser mit dem Virus leben können. Bis dahin gilt es gesund und optimistisch zu bleiben, auch wenn das in dieser Jahreszeit und in Anbetracht der Zahlen nicht unbedingt leicht fällt…

Autor: Jean-Paul Bertemes (FNR)
Editoren: Michèle Weber (FNR), Joseph Rodesch (FNR)

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