(C) Christian Pauly
Die Entwicklung noch schnellerer Rechner oder noch energiesparenderer Mobiltelefone wird bisher unter anderem durch ein Phänomen deutlich begrenzt: die Erwärmung der Chips, also des integrierten elektronischen Schaltkreises.
Chips basieren auf sogenannten Halbleitern (siehe Infobox), die sich im Betrieb stark aufwärmen. Diese Erhitzung führt dazu, dass der Chip nicht mehr korrekt funktioniert. Um dies zu verhindern muss die Betriebstemperatur des Chips durch Kühlung konstant gehalten werden – was wiederum zu einem erhöhten Energieverbrauch führt.
Eine neuartige Klasse an Materialen, sogenannte „topologische Isolatoren“, werden weltweit erforscht, weil sie ungeahnte Möglichkeiten bieten, um neue energiesparende Informationstechnologien zu entwickeln.
Elektrischer Strom ohne Verluste
Der junge luxemburgische Forscher Christian Pauly hat im Rahmen seiner Doktorarbeit an der RWTH Aachen einen substantiellen Beitrag zu diesem Forschungsgebiet geleistet. Seine Arbeiten wurden in der renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschrift Nature Physics veröffentlicht.
Ein interdisziplinäres Team aus experimentellen und theoretischen Physikern und Chemikern konnte zum allerersten Mal winzige elektrisch leitfähige Kanäle auf einem Bismut-Rhodium-Iodid (Bi14Rh3I9) Kristall erzeugen und beobachten. Im Unterschied zu einem normal leitenden Material, wo sich die Elektronen quasi im Zickzack bewegen (siehe Bild) und dadurch Hitze erzeugen, bewegen sich die Elektronen in den beobachteten Randkanälen des untersuchten topologischen Isolators wie auf Schienen - und dadurch mit sehr geringen Verlusten (siehe Bild).
Entdeckung mit viel Potential
Auf künftigen Chips könnten die integrierten Schaltkreise aus solchen atomaren Kanälen bestehen und somit deutlich weniger Hitze erzeugen als herkömmliche Leiterbahnen. Deutlich schnellere Rechner und energiesparendere Mobiltelefone wären mit dieser Methode in Zukunft denkbar. Doch bis es soweit kommen könnte, müssen vorher die zugrunde liegenden Quanten-Phänomene noch besser verstanden werden.
Zur Person
Christian Pauly ist in Wiltz zur Schule gegangen, hat im Jahr 2003 sein Studium der Physik in Aachen begonnen und 2010 seine Doktorarbeit am 2. Physikalischen Institut der RWTH Aachen in der Gruppe von Prof. Morgenstern. Besonders interessiert ihn an der Forschung, dass „man selbst die Möglichkeit besitzt, neue Sachen zu entdecken. Der Forscher kann dabei den gesamten Prozess von der Herstellung der Proben bis hin zu der Durchführung der Messungen und der Interpretation der Daten selbst steuern und koordinieren. Motivierend ist zudem, dass man in einem Bereich wie dem der topologischen Isolatoren, noch ganz neuartige physikalische Effekte entdecken kann, die sehr wahrscheinlich später in allgemeinen Anwendungen Platz finden.“
In einem Nachfolgeprojekt wird das Team um Christian Pauly innerhalb der Gruppe von Prof. Morgenstern weitere Untersuchungen an dem Material Bi14Rh3I9 durchführen. Man darf gespannt sein, wann topologische Isolatoren in unseren Alltagsgeräten auftauchen werden.
Autor: Carlo Duprel (FNR)
Photos © Christian Pauly
Infobox
Unter der elektrischen Leitfähigkeit versteht man die Fähigkeit eines Stoffes, den elektrischen Strom zu leiten. Leiter (Kupfer, Eisen, Silber, Gold, ...) leiten den Strom besonders gut. Isolatoren (Porzellan, PVC, Luft, ...) leiten den Strom fast gar nicht. Halbleiter sind hingegen Stoffe, die sowohl Eigenschaften der Leiter, als auch der Isolatoren haben. Wie gut ein Halbleiter den Strom leitet, hängt wesentlich von seiner Temperatur ab. Je höher die Temperatur, desto besser sind die Leitungseigenschaften eines Halbleiters. Die Temperatur kann sowohl durch äußere Erwärmung, als auch durch den Stromfluss im Halbleiter verändert werden.
Topologische Isolatoren können gleichzeitig als Isolatoren und als elektrische Leiter agieren. Während im Inneren der Kristalle ein elektrisch isolierender Zustand herrscht, sind die Kristalloberflächen elektrisch leitend. Dabei besitzen die topologischen Isolatoren ganz besondere physikalische Eigenschaften, die dazu führen, dass der Strom an der Oberfläche quasi verlustfrei fließt. Die Existenz topologischer Isolatoren war zunächst von theoretischen Physikern vorhergesagt worden. Die ersten Materialien mit topologischen Isolator-Eigenschaften konnten zuerst 2007 von Wissenschaftlern der Universität Würzburg hergestellt werden. Im Unterschied zu den bisherigen topologischen Isolatoren, tritt die elektrische Leitfähigkeit in dem Bi14Rh3I9 Material nicht auf der gesamten Oberfläche auf, sondern nur an den Rändern der Oberfläche. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, Randkanäle für den verlustfreien Stromfluss durch simples Einritzen der Oberfläche zu erzeugen, und diese genauso zu konstruieren wie es für die spezifische Anwendung nötig ist.
„Sichtbar“ gemacht werden konnten diese atomaren Kanäle mit einem sogenannten Rastertunnelmikroskop. Es besteht aus einer leitenden Spitze die über die Oberfläche des zu untersuchenden Materials rastert. Der Abstand zwischen Spitze und Probe ist dabei so gering (1 Nanometer), dass ein sehr schwacher Strom („Tunnelstrom“) fließen kann, ohne dass sich Spitze und Oberfläche jedoch berühren. Die Spitze rastert bei gleichbleibendem Tunnelstrom linienweise über die Oberfläche. Damit der Tunnelstrom konstant bleiben kann, hebt und senkt sich die Spitze je nach Struktur der Oberfläche. Durch diesen Prozess kann ein direktes Abbild der Oberfläche mit atomarer Auflösung erzeugt werden (siehe Bild).