FNR Awards 2024: Wie Netzwerkmodelle der Psychotherapie zu Hilfe kommen können

Im Rahmen ihrer Doktorarbeit hat Mila Hall eine große Menge an Patientendaten gesammelt, die sie nach einer verständlichen und visuell intuitiven Zusammenstellung an die behandelnden Therapeuten weitergeleitet hat.

Was sind Netzwerkmodelle der Psychopathologie?

Psychopathologische Netzwerkmodelle sind ein theoretischer und methodischer Ansatz zur Untersuchung von psychischen Störungen. Sie basieren auf der Vorstellung, dass die Symptome einer psychischen Störung nicht einfach die Auswirkungen einer zugrunde liegenden Ursache sind (wie ein biologisches Ungleichgewicht oder ein Trauma), sondern miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen. Jedes Symptom ist ein Knoten in einem Netzwerk, wie z. B. Angst, Traurigkeit, Reizbarkeit, Selbstmordgedanken usw. Die einzelnen Symptome sind in einem Netzwerk miteinander verbunden. Ihre Beziehungen (z. B. die Art und Weise, wie ein Symptom ein anderes Symptom verschlimmern oder auslösen kann) werden durch Kanten (die Verbindungen zwischen diesen Symptomen) dargestellt.

So haben mehrere Studien über Depressionen den starken Zusammenhang zwischen Müdigkeit, Interessenverlust und Konzentrationsproblemen belegt. Mila Hall kam zu dem Schluss, dass psychopathologische Netzwerkmodelle Therapeuten eine wertvolle Hilfe bieten könnten, um die Einzigartigkeit ihrer Patienten besser zu verstehen und so eine effektivere persönliche Betreuung zu ermöglichen. Sie entwickelte ein System, bei dem die Patienten via Smartphone täglich einer Reihe von Fragen unterzogen wurden. Anhand dieser Daten konnte ein einzigartiges Netzwerkmodell für jeden Patienten erstellt werden, das dann an die Praktiker weitergeleitet wurde.

Ein respektvoller Umgang mit Patienten und Therapeuten

Ein zweiter Teil ihrer Arbeit befasste sich mit der Aufgabe, das System für Praktiker akzeptabel zu machen, da viele von ihnen zögerten, ein solches auf Datensammlung basierendes Tool zu verwenden.

Warum hat die Jury diese Kandidatin ausgewählt?

Die Arbeit mit Netzwerkmodellen in der Psychopathologie ist sehr vielversprechend, da sie eine individuellere Behandlung und ein genaueres Verständnis von psychischen Störungen ermöglicht. Durch die Analyse von Symptomnetzwerken können Therapeuten Schlüsselsymptome oder problematische Interaktionen identifizieren, die vorrangig behandelt werden müssen. Dies kann zu gezielteren Interventionen führen.

Das Verstehen von Symptomnetzwerken kann auch dazu beitragen, Rückfälle zu verhindern. Wenn ein Netzwerk beispielsweise zeigt, dass Angst zu einem Vermeidungsverhalten führt, das die Angstsymptome verstärkt, könnte sich eine Therapie darauf konzentrieren, das Vermeidungsverhalten zu reduzieren und so diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Über die Preisträgerin

Mila Hall arbeitet derzeit als Postdoc an der Universität Trier. Außerdem unterrichtet sie als externe Dozentin an der Universität Luxemburg. Sie war für ihren Bachelor an der New York University und für ihren Master am Teachers College der Columbia University in den USA und setzte dann ihre Arbeit für die Doktorarbeit an der Universität Osnabrück in Deutschland fort.

Autorin: Diane Bertel
Editorin: Michèle Weber (FNR)