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Silberfischchen ernähren sich von Zucker, Stärke, Zellulose oder Klebstoffresten. Bücher sind für sie also ein gefundenes Fressen.
Anm. der Redaktion: Dieser Artikel ist eine leicht angepasste Version eines Artikels, der auf Luxemburgisch in unserer Rubrik Mr Science veröffentlicht wurde.
Die rund einen Zentimeter langen Insekten leben heute vor allem synanthrop. Das heißt, sie sind mit wenigen Ausnahmen nur in menschlichen Siedlungen anzutreffen. Da sie es warm, feucht und dunkel lieben, werden sie von heimeligen Küchen, schlecht gelüfteten Bädern oder brodelnden Waschküchen magisch angezogen. Licht können sie hingegen gar nicht leiden. Deshalb verkriechen sich die silbrig glänzenden Tiere tagsüber in Ritzen, Nischen oder hinter den Tapeten und gehen erst in der Nacht auf Futtersuche.
Wovon ernähren sich Silberfischchen?
Die Tiere ernähren sich von Zucker, Stärke, Zellulose oder Klebstoffresten. Bücher sind für sie also ein gefundenes Fressen. Aber auch Stoffe wie Leinen und Baumwolle verschmähen sie nicht. Sie sollen übrigens dazu in der Lage sein, die Zellulose direkt in Zucker aufzuspalten. Das kommt im Tierreich selten vor. Die meisten Tierarten sind für die Verdauung von Pflanzenfasern auf Mikroorganismen in ihren Eingeweiden angewiesen.
Sind Silberfischchen schädliche Plagegeister?
So pauschal wird das den Tieren nicht gerecht. Natürlich können ihre Futtervorlieben Schäden an Kleidung und Papier anrichten. Das macht sie vor allem dann lästig, wenn sie in Scharen auftreten. Allerdings zeigt eine massenhafte Vermehrung auch, dass die Räume ein Problem mit Feuchtigkeit haben.
Außerdem stehen auch Hautschuppen, Hausstaubmilben und Schimmelpilze auf ihrem Speiseplan, was besonders Allergiker freuen dürfte. Der Wermutstropfen: Eine wissenschaftliche Untersuchung legt nahe, dass die Tiere selbst Allergien hervorrufen könnten. Ansonsten treten sie als Krankheitserreger aber nicht in Erscheinung.
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Täglich mehrmals gut lüften
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Im Badezimmer nasse Teppiche oder Handtücher nach dem Duschen gut trocknen (evtl. an einer anderen Stelle)
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Nasse Wäsche nicht in fensterlosen Räumen trocknen
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Risse oder Nischen in der Mauer verschließen
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Als es ganz ernst ist: Fallen aufstellen - die kann man auch ganz einfach selbst herstellen, z.B. Nasse Tücher mit Zucker oder Pappe mit Honig einreiben und über Nacht stehen lassen. Diese können am nächsten Tag im Kompost entsorgt werden
Fünf der sechs in Mitteleuropa lebenden Fischchen-Arten suchen die Nähe zum Menschen. Das Ofenfischchen (Thermobia domestica) zum Beispiel. Seinen Namen hat es der Vorliebe für recht hohe Umgebungstemperaturen zu verdanken. Es fühlt sich erst ab 32 Grad Celsius so richtig wohl und hat hierzulande vor allem Bäckereien und Großküchen zum Lebensraum erkoren. Die Feuchtigkeit, die es zum Leben braucht, entzieht es der Luft übrigens mithilfe seines Enddarms. Der wirtschaftliche Schaden, den die Tiere verursachen, hält sich in Grenzen.
Bei ihren Verwandten, den Papierfischchen (Ctenolepisma longicaudata) sieht das schon anders aus. Für Laien sind sie von den Silberfischchen kaum zu unterscheiden und haben sich ebenfalls auf menschliche Domizile spezialisiert. Allerdings kommen Papierfischchen mit weitaus trockenerer Umgebung klar. Deshalb fressen sie sich gern durch Bibliotheken, Archive oder Papierlager.
Neu zugezogen ist das Geisterfischchen (Ctenolepisma calva). Die ersten europäischen Exemplare der eigentlich auf dem indischen Subkontinent lebenden Art wurde 2017 in Chemnitz entdeckt. Sie haben sich seither still und leise in die hiesigen Wohnräume eingeschlichen.
Ebenfalls auf dem Vormarsch ist das Kammfischchen (Ctenolepisma lineata), das von Südeuropa aus nach Norden wandert. Einzig das Ameisenfischchen (Atelura formicaria) ist in unseren Breiten in der freien Natur anzutreffen. Es sucht nicht die Nähe zum Menschen, sondern lebt in Ameisennestern.
Die Paarung der Silberfischchen beginnt mit einem Tanz im Dunkeln. Das Thermometer zeigt fast 30 Grad. Die Luft ist feucht wie in den Tropen. Mit seiner Choreografie betört der Silberfischchen-Mann seine Angebetete. Die Erregung steigt, bis beide sich nicht mehr bremsen können. Nun laufen sie wie wild umher und dann ist es soweit: Fein säuberlich legt der Papa in spe ein Beutelchen voll Spermien in einem Netz aus selbstgesponnenen Fäden ab. Das greift sich seine Partnerin, nimmt die Befruchtung selbst in die Hand und legt dann ihre Eier.
Nach wenigen Wochen erblickt der Nachwuchs das Licht der Welt. Und stimmen die Bedingungen, erreicht er nach gut einem Jahr selbst die Geschlechtsreife. Silberfischchen paaren sich nicht nur bis zu ihrem Tod, sie wachsen auch ein Leben lang. Und fahren dabei öfter aus der Haut. Denn die wird ihnen regelmäßig zu eng und muss abgestreift werden. Manche Exemplare schaffen es auf über 60 Häutungen in einem bis zu acht Jahre dauernden Leben.
Autor: scienceRELATIONS/Kai Dürfeld
Redaktion: Michèle Weber (FNR)
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https://de.wikipedia.org/wiki/Fischchen
https://de.wikipedia.org/wiki/Silberfischchen
https://en.wikipedia.org/wiki/Silverfish
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https://chemnitz.de/chemnitz/de/aktuell/presse/pressemitteilungen/2017/337.html