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Es ist erstaunlich, aber Messungen beweisen es: Frisch hergestellte Glasfaser können so zugfest sein wie hochfester Stahl! Normales Fenster- oder Gebrauchsglas dagegen zerbricht leicht. Es ist nur ein Hundertstel so stabil, wie es theoretisch sein könnte. Wie kommt das?
Mikrorisse machen Glas zerbrechlich
Verantwortlich sind Mikrorisse auf seiner Oberfläche. Sie entstehen bei der Herstellung, aber auch durch Reaktionen mit dem in der Luft enthaltenen Wasser. Schon eine Stunde nach der Herstellung verringert sich die Festigkeit von Glas so um ein Fünftel, nach einem Monat um die Hälfte.
Wenn Glas bricht, dann startet der Bruch immer an einem dieser mikroskopisch kleinen Risse. Da Glas eine sehr gleichmäßige Struktur hat, kann er sich sehr schnell ausbreiten. Glas – anders übrigens als Stahl - enthält keine kristallähnlichen Körner, an denen Risse abgebremst werden. Aber darüber, wie genau sich ein Riss in Glas ausbreitet, sind sich die Forscher bis heute nicht einig. Sicher ist nur, dass es mit rasender Geschwindigkeit geschehen kann: mit um die 3600 Kilometer pro Stunde.
Das ist so schnell, dass selbst im Slow-Motion-Video die Risse von einem Bild auf das nächste plötzlich da sind.
Wie kann man Glas bruchfest machen?
Ingenieure haben hartnäckig daran gearbeitet, Glas bruchfester zu machen. Ihre Überlegung: Wenn sich die Mikrorisse unter Biegebelastung ausdehnen und zu großen Rissen werden, dann müsste man diesen ersten Schritt verhindern. Dafür müsste man die Mikrorisse so zusammendrücken, dass sie sich einfach nicht vergrößern können.
Das erreichen sie in der Glasherstellung durch verschiedene Verfahren:
- Bei einem wird das erhitzte Glas mit einem Gebläse an der Oberfläche schlagartig abgekühlt. Die äußere Glasschicht wird fest, während das Glas im Inneren noch flüssig ist. Es kühlt sich langsamer ab und zieht sich dabei zusammen. So wird eine starke Zugspannung nach innen aufgebaut. Bis zu einer gewissen Belastung verhindert diese, dass sich die Mikrorisse aufbiegen können.
- Bei einem anderen Verfahren wird die chemische Zusammensetzung des festen Glases nachträglich verändert. Man taucht das Glas in heiße Schmelzen, die Kalium-Ionen enthalten. Dabei werden die in der äußeren Glasschicht enthaltenen kleineren Natrium-Ionen gegen die größeren Kalium-Ionen ausgetauscht. Diese brauchen mehr Platz, drücken daher gegen ihre Nachbaratome und bauen so eine starke Druckspannung auf. Die muss dann erst mal überwunden werden, bevor aus einem Mikroriss ein großer Riss werden kann. So behandeltes Glas wird für Handydisplays oder leichte Fenster in Flugzeugen eingesetzt. Für Standard-Weingläser wie im Video ist das Verfahren aber noch zu teuer...
Autor : FNR
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