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Internationalen Tages der seltenen Krankheiten

Etwa 30 Millionen Menschen sind in Europa von einer seltenen Krankheit betroffen – das sind immerhin mindestens 6 bis 8 % der europäischen Bevölkerung. Einige dieser Erkrankungen sind vom Namen her durchaus vielen bekannt: Chorea Huntington, systemischer Lupus oder Lyme-Borreliose. Im Hinblick auf ihre Entstehung, die Symptomatik und ihren Verlauf weisen seltene Erkrankungen jedoch eine überaus große Bandbreite auf. 

Bisher ist es dank des wissenschaftlichen Fortschritts (zu nennen wäre hier zum Beispiel die Genanalyse) gelungen, etwa 7000 dieser Krankheiten zu identifizieren. Und ihre Anzahl steigt ständig. Lässt sich über dieses Thema allgemein berichten, ohne ganz außer Acht zu lassen, wie komplex und speziell die einzelnen Erkrankungen sind? Wir versuchen es.

Was ist eine seltene Erkrankung?

Merkmal einer seltenen Erkrankung ist ihre geringe Prävalenz, d. h. es sind immer nur wenige Menschen in der Bevölkerung davon betroffen, in der Regel weniger als 1 Person von 2000. Im Englischen werden sie auch häufig als „orphan disease“, als so genannte Waisenkrankheit, bezeichnet. Sie sind wenig bekannt und es gibt keine gezielte Behandlung. Das trifft in Europa in 97 % der Fälle zu. Weil die Anzahl der Betroffenen so gering ist, gestaltet sich die wissenschaftliche Erforschung einer seltenen Erkrankung schwierig und komplex. Auch lohnt sich die Entwicklung spezieller Medikamente wirtschaftlich nicht, daher zeigt die pharmazeutische Industrie auf diesem Gebiet kaum Interesse. 

Wie entstehen seltene Krankheiten?

Über 80 % der seltenen Erkrankungen haben eine genetische Ursache. Beteiligt sind dann ein Gen oder mehrere Gene des Erbguts. Mit anderen Worten: Für die Krankheit verantwortlich ist eine Veränderung (z. B. durch Insertion, Deletion usw.) der Bausteine, die uns als den Menschen formen, der wir sind.

Eine solche Mutation kann erblich bedingt sein oder spontan im Lauf des Lebens des Betroffenen auftreten. Der Zeitpunkt des Ausbruchs der Krankheit kann dann ganz unterschiedlich sein: ab Geburt, in der Kindheit oder auch im Erwachsenenalter. „Je nach betroffenem Gen ist die Auswirkung unterschiedlich und sehr vielfältig. Auch die Folgen für die Funktionsweise des Organismus können ganz verschieden sein“, erläutert D. Theisen. Er arbeitet in leitender Position bei der Vereinigung ALAN - Maladies Rares Luxembourg.

Die Diagnosestellung? Langwierig. Die Behandlung? Schwierig.

Seltene Erkrankungen sind ein weites Feld. Daher braucht es bis zur Diagnose einen langen Atem. Es ist ein langwieriger Prozess, der für die betroffene Person, die angesichts chronischer, sich womöglich mit der Zeit verschlimmernder Symptome nach Antworten sucht, sehr kräftezehrend sein kann.  

Im Durchschnitt dauert es 5 Jahre, bis Betroffene nach einer Ärzte-Odyssee endlich eine Diagnose erhalten. „Der oder die Betroffene muss unzählige medizinische Untersuchungen bei unterschiedlichen Spezialisten über sich ergehen lassen, bis endlich eine Diagnose gestellt und bestätigt ist. Auch ist, weil jede dieser Erkrankungen so einzigartig ist, häufig ein Aufenthalt im Ausland in einem spezialisierten Zentrum erforderlich, das über mehr Erfahrung auf dem jeweiligen Gebiet verfügt. Dieser Kontakt ins Ausland ist eine weitere Hürde für die Patienten.“ Das ist die Erfahrung von G. Al Hindy-Crohin. Sie arbeitet im Leitungsgremium der Vereinigung und ist Leiterin der soziotherapeutischen Abteilung bei der ALAN – Maladies Rares Luxembourg.

Steht die Diagnose, folgt ein ebenso komplexer Weg durch das Gesundheitssystem zur Behandlung der Krankheit. „Nicht selten können die Betroffenen nicht mehr in Vollzeit berufstätig sein, es fallen viele Termine bei Ärzten und Therapeuten an usw. Die Krankheit bestimmt den gesamten Alltag der erkrankten Person – und auch das Leben ihres Umfelds. In 95 % der Fälle lässt sich eine seltene Erkrankung gar nicht behandeln. Dann gilt es, Wege zu finden, wie sich die Symptome lindern lassen, damit die Lebensqualität zunimmt“, berichtet G. Al Hindy-Crohin.

Welches Ziel wird mit dem „Plan National Maladies Rares du Luxembourg“ verfolgt? 

Bessere Rückkopplung an die Patienten und ihre Bedürfnisse

Angesichts dieser Situation und unter Berücksichtigung der Erkenntnisse einer nationalen Studie über seltene Krankheiten aus dem Jahr 2011 hat die Regierung Luxemburgs im Mai 2018 einen nationalen Aktionsplan „Maladies Rares“ (PNMR) beschlossen. Mit im Boot sind zahlreiche Fachleute, unter anderem auch von der ALAN. Der Lenkungsausschuss des PNRM setzt sich unter dem Vorsitz von Jos Even, Mediziner und Mikrobiologe sowie stellvertretender Vorsitzender der ALAN, aus Vertretern verschiedener Stellen in Luxemburg zusammen, die auf dem Gebiet der seltenen Erkrankungen tätig sind.

Im Mittelpunkt stehen die Bedürfnisse der Patienten, das ist das oberste Ziel“, so D. Theisen. Daher wird im Rahmen des PNMR in einem ersten Schritt erst einmal erhoben, welche seltenen Erkrankungen in Luxemburg vertreten sind. In Luxemburg sind schätzungsweise 30.000 Personen von einer derartigen Krankheit betroffen. Diese Zahl ist jedoch allein prozentual aus der Prävalenz in Europa abgeleitet. 

Parallel dazu erarbeiten Arbeitsgruppen, die mit Fachleuten einschlägiger Fachgebiete (Medizin, psychosoziale Versorgung usw.) und Vertretern von Patientenverbänden besetzt sind, Vorschläge für Maßnahmen, die auf eine bessere Versorgung und Begleitung in medizinischer, psychosozialer wie auch administrativer Hinsicht – z. B. Hilfe im Kontakt mit Behörden, Krankenkassen usw. – abzielen. „Dieser Plan hat zur Aufgabe, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen. Es soll dafür gesorgt werden, dass die Betroffenen und ihre Angehörigen einen angemessenen Zugang zu Diagnoseverfahren, eine geeignete medizinische und psychosoziale Versorgung und eine breit angelegte und gleichwertige Unterstützung durch die Kranken- und Pflegekasse erhalten. Sie sollen darüber hinaus die Möglichkeit haben, sich in der Schule, im Beruf und persönlich nach ihren Bedürfnissen zu entfalten“, führt G. Al Hindy-Crohin näher aus. 

Die Patienten fühlen sich auf ihrem schwierigen Weg häufig sehr allein gelassen und isoliert. Durch die genannten Maßnahmen soll zum Beispiel versucht werden, eine fachliche Anlaufstelle zu schaffen. So hätten Patienten, bei denen der Verdacht auf eine seltene Erkrankung besteht, einen Ansprechpartner, der sie angemessen informiert, weiterleitet und unterstützt“, erklärt G. Al Hindy-Crohin.

Verstärkte Forschungsförderung 

Seit über 10 Jahren investiert Luxemburg verstärkt in die biomedizinische Forschung und fördert die so genannte personalisierte Medizin. Es wird erwartet, dass sich dadurch vielversprechende neue therapeutische Ansätze ergeben. 

Auf nationaler Ebene „findet derzeit in einigen Instituten eine rege Forschung über bestimmte seltene Erkrankungen statt. Eine der Säulen des PNMR besteht in der Förderung der Forschung und dem Bemühen, die Besonderheit seltener Erkrankungen umfassender bekannt zu machen. Es ist wichtig, dass öffentlich darüber informiert wird. Schließlich hat dieses Thema auf europäischer Ebene im Bereich der öffentlichen Gesundheit Priorität. Es ist daher unverzichtbar, Wissen, Kompetenzen, Versorgung und wissenschaftliche Forschungsergebnisse über seltene Krankheiten zu teilen“, so G. Al Hindy-Crohin. 

Autor: Constance Lausecker

Infobox

Seltene Krankheiten – hier erfährst du mehr

Den nationalen Aktionsplan Seltene Krankheiten in seiner vollständigen Fassung findest du hier.

In Luxemburg bietet die Vereinigung ALAN – Maladies Rares umfassendes Informationsmaterial und eine ganze Reihe von Leistungen für Menschen an, die von einer seltenen Erkrankung betroffen sind.

Das Netzwerk Orphanet ist eine offizielle Anlaufstelle für sämtliche seltenen Erkrankungen. Fachleute und Privatpersonen finden dort ein ausführliches Verzeichnis, die neuesten Veröffentlichungen zu  seltenen Erkrankung,   und noch viele weitere Informationen.

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