FNR, FreeLens TV
Hohl oder hervorstehend?
Es handelt sich um eine optische Täuschung. Sie findet statt, wenn man weit genug von der Hohlmaske entfernt ist, diese eine gleichmäßige helle Farbe hat, und die Lichtverhältnisse entsprechend günstig sind. Dann funktioniert die binokulare (zweiäugige) räumliche Wahrnehmung nicht mehr gut genug, um eindeutig zwischen hohler, flacher oder hervorstehender Maske unterscheiden zu können. Dies ist auch bei monokularer (einäugiger) Wahrnehmung der Fall.
Unsere Wahrnehmung macht nun Gebrauch von der Freiheit, eine zweidimensionale Darstellung eines dreidimensionalen Gegenstands hinsichtlich der Hohlheit oder das Hervorstehen in der einen oder anderen Weise zu beurteilen. Dabei entscheidet sich unser Gehirn bei zweideutigen Darstellungen bekannter Gegenstände vorrangig für die vertrautere Version. Der Effekt ist so stark, dass wir wider besseres Wissen eine Hohlmaske als hervorstehende Maske wahrnehmen. Hier spielt natürlich die besondere Bedeutung von Gesichtern im Leben der Menschen eine große Rolle.
Verfolgung mit dem Blick
Bewegt man sich an der Maske vorbei, so tritt ein weiterer räumlicher Effekt in Erscheinung. Der Mona Lisa im Louvre wird nachgesagt, dass sie dem an ihr vorübergehenden Betrachter mit dem Blick folgen würde. Und das stimmt auch so. Man kann übrigens leicht nachprüfen, dass jede andere Abbildung einer aus dem Bild herausblickenden Person es genauso gut tut. Den meisten von uns fällt dieser Verfolgungseffekt erst auf, wenn man sie darauf aufmerksam macht. Bei einer Hohlmaske allerdings ist der Effekt so ausgeprägt, dass er selbst dann ins Auge sticht, wenn man gar nicht darauf achtet.
Warum scheint die Maske uns zu verfolgen?
Die näher gelegenen Teile eines Gegenstandes bewegen sich schneller an uns vorbei als die weiter entferntere. Sehr weit entfernte Objekte scheinen daher - bezüglich zu uns - still zu stehen, auch wenn sie sich in Wirklichkeit relativ zu uns bewegen. Für einen bewegten Beobachter sieht es also so aus, dass z. B. Sonne und Mond sich mit ihm bewegen, während nahe Gegenstände sich schnell von ihm zu entfernen scheinen.
Die folgende Abbildung soll den Unterschied zwischen den Eindrücken verdeutlichen, die eine hervorstehende, flache oder hohle Maske hervorrufen, wenn der Betrachter sich von Stellung 1 in Stellung 2 begibt.
Beim normalen hervorstehenden Gesicht verkürzt sich das rote Teilstück. Es scheint sich also vom Betrachter abzuwenden, weiter geradeaus zu blicken und den vorbeigehenden Beobachter nicht zu bemerken.
Beim flachen Gesicht tritt keine Veränderung auf. Die Länge des betrachteten roten Teilstücks bleibt trotz Fortbewegung gleich groß, mit der Wirkung dass der Blick unverändert auf den Betrachter gerichtet bleibt. Dieser könnte sich verfolgt fühlen.
Beim tatsächlich hohlen aber als hervorstehend wahrgenommenen Gesicht kommt es sogar zu einer Verlängerung des betrachteten Teilstücks. Das hohle Gesicht scheint sich infolgedessen sogar noch schneller in die Bewegungsrichtung des Betrachters zu wenden, als dieser voranschreitet. Der Effekt wird als Verfolgung wahrgenommen.
Tipps
Die Beleuchtung ist wichtig. Unbedingt ausprobieren. Der Betrachter darf nicht zu nahe an die Maske herankommen. Es funktioniert auch sehr gut mit einer milchig durchsichtigen Plastikmaske (zum Basteln), welche in einem leicht abgedunkelten Raum von hinten beleuchtet wird.
Autor: André Mousset (MNHN), Michèle Weber (FNR), Joseph Rodesch (FNR), Jean-Paul Bertemes (FNR)
Video: Michèle Weber (FNR), FreeLens TV
Musik: Jean-Paul Bertemes (FNR)
Infobox
Schlichting J. (2012), Täuschungen im Alltag, In: Praxis der Naturwissenschaften - Physik in der Schule - 6/61, S. 5-14.