Mai Thi Nguyen-Kim

(C) Mai Thi Nguyen-Kim

Diesen Freitag, 24. Mai um 12:30, gibt Mai Thi einen Keynote Talk auf dem Uni.lu Campus in Belval.

Kann Handy-Strahlung Krebs verursachen? Ist Milch giftig? Retten Veganer die Umwelt? Und wie erkennt man eigentlich einen Soziopathen? Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich Mai Thi Nguyen-Kim in ihrem YouTube-Kanal „maiLab“. Die Wissenschaftlerin, die unter anderem auch die Fernsehsendung „Quarks“ moderiert, erklärt wissenschaftliche Zusammenhänge, trennt dabei haltlose Behauptungen von nachprüfbaren Fakten. Sie ist davon überzeugt, dass Wissenschaft und YouTube eine perfekte Kombination sind. Warum, dass erzählt sie diesen  Freitag 24. Mai um 12:30 Uhr bei einem Vortrag in der Halle des poches à Fonte in Belval. Wir haben im Vorfeld mit ihr gesprochen.

Lust beim Vortrag am 24. Mai dabei zu sein? Dann schreib Dich gratis hier ein.

Mai, Du hast Chemie studiert, danach promoviert und bist dann im Wissenschaftsjournalismus gelandet. Wie kam es dazu?

Alles fing eigentlich damit ab, dass ich während meiner Doktorarbeit eine Ausschreibung für einen Wettbewerb gesehen habe, der da hieß: Forscher tanzen. Der Name war Programm. Es ging darum, seine Forschung zu tanzen. Ich habe damals in Aachen promoviert, war dort auch Hip-Hop-Trainerin in einem Kurs an der RWTH. Und als ich das gelesen habe, dachte ich, das ist ja total bescheuert, das muss ich auf jeden Fall machen. Und da habe ich mein erstes Video gemacht.

Dabei ist es ja dann nicht geblieben...

Das hat so viel Spaß gemacht. So habe ich dann zum Ende meiner Doktorarbeit mit einem eigenen YouTube-Kanal angefangen. Und dann kam aus heiterem Himmel „Funk“, das Online-Angebot von ARD und ZDF, auf mich zu. Ich hatte damals vielleicht gerade mal 3000 Abonnenten oder so. Da ich sowieso nach der Promotion erst mal ein Sabbatjahr einlegen wollte, dachte ich, ich probiere das mal und kehre dann wieder zur Forschung zurück. Doch dazu kam es nicht mehr.

Wolltest Du denn zuvor unbedingt Naturwissenschaftlerin werden?

Ich fand Naturwissenschaften schon immer toll. Es war jetzt nicht so, dass ich dachte, ich muss unbedingt Chemie studieren. Sondern ich habe mir nach dem Abi erst mal den Kopf darüber zerbrochen, was ich denn machen könnte. Ich habe mich damals für viele Sachen interessiert.

Im Nachhinein bin ich froh, dass ich mich für Naturwissenschaften entschieden habe. Es ist ja leider oft so: Entweder man studiert Naturwissenschaften oder man hat danach überhaupt keine Berührungspunkte mehr damit. Und Ich hoffe, dass ich genau das durch meine Videos ändern kann.

Wie gelingt Dir das? Erreichst Du durch deine Videos auch Menschen, die mit Naturwissenschaften ansonsten wenig oder gar nichts am Hut haben?

Das passiert ständig. Und das lese ich dann sehr oft auch in den Kommentaren von Leuten, die sich eigentlich nie für Naturwissenschaft interessiert haben oder es in der Schule blöd fanden. Ich bin ja auch gerade auf Lesereise mit meinem Buch, in dem es ja viel um Chemie geht. Und dann frage ich immer bei den Lesungen, wie viele Leute denn Chemie in der Schule abgewählt hätten. Und da melden sich dann schon einige. Und trotzdem sind sie bei der Lesung dabei.

Ich bekomme oft auch liebe Kommentare und Mails von jungen Menschen, die mir sagen, dass ich sie dazu inspiriert habe, Chemie zu studieren oder eine Ausbildung in diese Richtung zu machen. Und das finde ich wirklich toll.

Und wissen Deine Kollegen aus der Forschung diesen Dienst für die Wissenschaft auch zu schätzen?

Tatsächlich ist das Feedback aus der Wissenschaft sehr positiv. Und das liegt unter anderem daran, dass wir in einer Zeit leben, die für die Wissenschaft ziemlich scary ist. Jetzt ganz aktuell wird in Deutschland ja über Impflicht diskutiert, kürzlich hatten wir beim Thema Diesel die Debatte mit den Lungenärzten und davor das Thema Organspende.

Die Wissenschaft erkennt also sehr deutlich, dass die Menschen immer skeptischer werden, das Vertrauen verlieren und dass es die Wissenschaft nicht mehr ohne weiteres schafft, die Menschen zu überzeugen. Wir haben nicht mehr diese Autorität oder Deutungshoheit wie früher, sondern müssen es den Menschen besser erklären.

Deswegen sind die meisten Wissenschaftler, mit denen ich spreche, auch sehr froh, wenn Leute aus der Wissenschaft in den Wissenschaftsjournalismus wechseln und dabei dann auch die wissenschaftliche Perspektive mehr in die Öffentlichkeit bringen.

Recherchierst Du für deine Beiträge alleine oder wirst Du dabei auch unterstützt?

Wir sind Gott sei Dank seit diesem Jahr zu zweit. Bis dahin habe ich alles alleine gemacht, also auch das Drehen und den Schnitt. Jetzt habe ich noch einen promovierten Wissenschaftler im Team. Wir können jetzt also beide recherchieren und gegenseitig die Fakten checken. Das macht die Sache deutlich leichter.

Du hast dir YouTube also Plattform ausgesucht, beschäftigst Dich dort unter anderem auch mit anderen wissenschaftlichen Behauptungen oder irreführenden Thesen. Besteht dabei für Dich nicht die Gefahr, dass Deine Beiträge nur als eine Meinung von vielen wahrgenommen werden?

Absolut. Das ist eine große Herausforderung. Aber gerade deswegen ist es umso wichtiger, dass man beiträgt zum öffentlichen Diskurs in der Medienwelt. Meine Strategie ist dabei die, mehr ins Detail zu gehen als es andere tun. Mit der Hoffnung, dass die Leute dann mündiger werden und mehr verstehen und nachvollziehen können, was richtig und was falsch ist.

Ich sage also nicht nur „Die Studie hat folgende Ergebnisse: 1., 2., 3.,…“, sondern ich zeige auch die entsprechenden Graphen, erkläre, wie diese Graphen zustande kommen, damit die Leute auch eine Chance haben, es nachzuvollziehen. Und ich verlinke auch immer alle Quellen.

Wenn man es ganz genau nähme, müsste man natürlich wirklich alles, was man liest, ständig mühsam verifizieren und nachprüfen, doch das übersteigt alle Kapazitäten. Klar: Am Ende ist es immer auch eine Vertrauensfrage. Und alles, was ich machen kann, ist mir dieses Vertrauen auf diese Art zu erarbeiten.

Du trittst dabei in recht große Fußstapfen, bist bei „Quarks“ gewissermaßen die Nachfolgerin von Ranga Yogeshwar, der ja vor allem auch in Luxemburg sehr bekannt ist.

Ja, das ist schon irgendwie Wahnsinn. Ich weiß noch, wie ich damals nach dem Sabbatjahr festgestellt habe, dass ich mit dem Wissenschaftsjournalismus weitermachen will, ja weitermachen muss. Ich habe mich mit Überzeugung dafür entschieden, das Fach zu wechseln. Und meine Eltern waren natürlich schockiert und haben die Welt nicht mehr verstanden, als ich gesagt habe: „So, ich mache jetzt YouTube.“

Mein Mann hat versucht, meine Eltern zu beschwichtigen, indem er gesagt hat: „Stellt euch mal vor, sie macht irgendwann mal so etwas wie Ranga Yogeshwar. Und dann haben mein Eltern gemeint, dass das natürlich schon toll wäre, aber eben auch absolut unrealistisch sei. Und so dann kam es genau so, ohne dass es geplant war. Im Nachhinein ist diese Geschichte schon etwas surreal.

Und sie hat Dein Leben verändert. Du hast inzwischen einige Preise bekommen, warst auch schon in einigen Talk Shows zu Gast. Wie gehst Du damit um?

Ich freue mich natürlich darüber, diese Preise und auch die Wertschätzung für die harte Arbeit zu bekommen. Und es ist auch schön, viele Zuschauer zu haben, weil man ja auch viele Leute erreichen möchte. Aber es ist auch irgendwie seltsam, dass ich jetzt auf der Straße erkannt werde.

Ich denke aber, dass ich ganz gut damit umgehen kann. Im Gegensatz zu vielen YouTubern, die erfolgreich werden, wenn sie noch sehr jung sind, bin ich bereits 31. Bei uns zu Hause ist auch absolutes „Mai-Video-Verbot“. Ich muss jetzt nicht auch noch privat meine Stimme hören und meine Videos sehen.

Bei der Keynote-Veranstaltung in Luxemburg erklärst Du, warum YouTube und Wissenschaft so gut zusammenpassen. Ohne zu viel zu verraten: Warum glaubst Du, ist das so?

YouTube und Wissenschaft passen deshalb so gut zusammen, weil das Internet in den Inhalten generell viel nischenhaltiger, fragmentierter und personalisierter ist. Man hat ein super dankbares Publikum, dem man viel mehr zutrauen kann. Man denkt immer, das Internet ist laut, bunt, zugespitzt und voller Aufreger, doch das ist es nicht zwingend. Es ist vielschichtiger. Insofern sehe ich dort für die Wissenschaft eine besondere Chance.

Aber mehr dazu diesen Freitag, um 12:30 bei meinem Keynote Talk auf Belval. Würde mich freuen viele science.lu-Leser da zu sehen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person

Mai Thi Nguyen-Kim wurde am 7. August 1987 im deutschen Heppenheim geboren. Nach ihrem Abitur studierte sie Chemie an der Universität Mainz und am Massachusetts Institute of Technology. Danach war sie als Doktorandin an der RWTH Aachen, an der Harvard University an am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung tätig und hat schließlich an der Universität Potsdam promoviert.

2015 startete Mai zunächst den YouTube-Kanal „The Secret Life Of Scientists“, ein Jahr später folgte dann der von Funk (Gemeinschaftsangebot ARD und ZDF) produzierte Kanal „schönschlau”, der inzwischen „maiLab“ heißt.

Zudem gehört die Chemikerin zum Team von „Terra X Lesch & Co“. Seit 2018 moderiert sie im Wechsel mit Ralph Caspers die Sendung „Quarks“. Dort hat sie auch zunächst mit Ranga Yogeshwar zusammengearbeitet, der die Sendung aber inzwischen nicht mehr moderiert.

Infobox

Keynote Talk in Luxemburg, Belval

Warum Wissenschaft und YouTube perfekt zusammenpassen!? Am 24. Mai um 12:30 beantwortet die bekannte Edutainerinn, Wissenschaftsjournalistin, Chemikerin und Moderatorin bei Quarks Mai Thi Nguyen-Kim diese Frage in ihrem Keynote-Talk in Belval in der Halle des Poches à Fontes.

Sei dabei! Einschreiben kannst Du dich hier: http://bit.ly/2DUJkEZ

Der Vortrag wird auf Deutsch gehalten. Eine englische Übersetzung steht jedoch zur Verfügung.

Nach dem Keynote-Talk kannst Du außerdem an einem kostenlosen Mittagessen teilnehmen.

Wir freuen uns sehr, Mai Thi Ngyuen-Kim in Luxemburg willkommen zu heißen und hoffen, dass viele von euch sich diesen inspirierenden Keynote-Talk über Wissenschaftskommunikation nicht entgehen lassen werden.

Der Keynote-Vortrag ist außerdem die Eröffnung eines Web-Video-Trainings für junge Wissenschaftler, den der FNR anbietet. Bist Du Student, junger Wissenschaftler, Youtube-Blogger oder wissenschaftlicher Kommunikator? Dann kannst Du dich hier für den gesamten Workshop einschreiben (begrenzte Teilnehmerzahl): http://bit.ly/2GDVrIb

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LIH