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Es sind die Augen und das geheimnisvolle Lächeln, die den Betrachter des Gemäldes gleichermaßen irritieren und faszinieren: Die Mona Lisa, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Hochphase der Renaissance gemalt wurde, gilt als das weltweit bekannteste Kunstwerk überhaupt. Erschaffen hat das Meisterwerk der italienische Künstler Leonardo da Vinci.
Leichen seziert und Muskeln untersucht
Am 15. April 1452 wurde er geboren, am 2. Mai 1519, also vor 500 Jahren, starb da Vinci. Er war ausgebildeter Maler und Bildhauer, aber auch ein Anatom. Es reichte ihm nicht aus, den menschlichen Körper in Öl auf die Leinwand zu bringen. Da Vinci wollte den Körper und seine Mechanismen in all ihrer Komplexität verstehen. Er sezierte Leichen, untersuchte Muskeln, blickte auch ins Innere des Gehirns. Diese Kombination aus anatomischen Studien und künstlerischem Können war für die damalige Zeit bahnbrechend.
In Erinnerung geblieben ist der Universalgelehrte der Nachwelt aber nicht nur als Künstler und Wissenschaftler, sondern auch als Tüftler und Ingenieur. Ihm werden Erfindungen wie etwa das Prinzip des Hubschraubers oder aber der erste Entwurf eines Panzers zugeschrieben. Realisiert wurden diese Projekte aber erst Jahrhunderte später.
Beim Lesen auf die Erfindungen anderer gestoßen
Man könnte also sagen, Leonardo da Vinci war mit seinen Ideen der Zeit weit voraus. Das allerdings trifft es nicht ganz. Richtig ist vielmehr: Der italienische Maler hat sich oft auch durch die Ideen anderer inspirieren lassen. Und entscheidend vorangetrieben hat ihn dabei eine ganz andere Erfindung: der Buchdruck.
Da Vinci war wissbegierig, las viel – und stieß dabei allem Anschein nach auch auf ein Werk Bellifortis des Kriegsingenieurs Valturio. Das um 1472 erschienene Buch war so etwas wie das Waffenlexikon der damaligen Zeit. Dort aufgeführt ist unter anderem ein Panzer, der nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert wie der des Künstlers da Vinci.
Wie Historiker beim Vergleich der Waffensammlung Valturios mit den überlieferten Zeichnungen des Künstlers da Vinci herausgefunden haben, gibt es nicht nur beim Panzer auffallende Ähnlichkeiten, sondern auch bei anderen Waffen, zu denen der Italiener Planskizzen angefertigt hat. Und bedient haben soll sich da Vinci auch bei den Werken anderer mittelalterlicher Techniker und Ingenieure.
Nicht der erste Entwurf eines Fallschirms
Zu den berühmtesten Zeichnungen des technikaffinen Künstlers und autodidaktischen Wissenschaftlers, der durch die experimentelle Herangehensweise seine eigene Sinneserfahrung machen wollte, zählen auch die Skizzen von Brücken und Fluggeräten. Zu letzterem gehören unter anderem die extrem detaillierten Entwürfe eines Fallschirms. Dieser ist jedoch nicht – wie heutige Fallschirme – oben gewölbt, sondern ähnlich wie eine Pyramide nach oben spitz zulaufend.
Der Vollständigkeit halber erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang aber, dass auch der Fallschirm allem Anschein nach keine Idee des Malers war. So haben Wissenschaftler hierbei Ähnlichkeiten zu Zeichnungen des Ingenieurs Mariano di Jacopo aus dem 14. Jahrhundert entdecken können. Die Forscher sind sich sicher, dass da Vinci diese Zeichnungen gekannt haben muss.
Ideen anderer aufgegriffen und verfeinert
Hier und da hat der Universalgelehrte also auf vorhandenes Wissen zurückgegriffen und die Ideen anderer um eigene Überlegungen erweitert. So soll da Vinci den Entwurf des Fallschirms dahingehend verfeinert haben, dass er sich erstmals auch konkrete Gedanken über das Material, die genaue Konstruktion und die notwendige Größe machte.
Ob es da Vinci nur bei dem Entwurf blieb oder dieser spitze Fallschirm damals tatsächlich getestet wurde, ist nicht bekannt. Funktioniert hätte er jedenfalls. Im Jahr 2000 wurde nämlich auf Grundlage von da Vincis Konstruktionen ein solches Fluggerät gebaut und im Lebendversuch erfolgreich getestet.
Autor: Uwe Hentschel