(C) shotshop
Neurodegenerative Prozesse wie Parkinson sind durch spezifische Veränderungen der Gehirnzellen gekennzeichnet: Die Gestalt der Zellen ändert sich ebenso wie ihre Funktion und die zugrunde liegenden Stoffwechselprozesse.
Bisher konnten Wissenschaftler immer nur einige der zahlreichen Aspekte herausgreifen, um die Mechanismen der Krankheit zu beschreiben und besser zu verstehen.
Ein Schnappschuss des Stoffwechsels im Gehirngeweben
Jetzt haben Forscher des Luxembourg Centre of Systems Biomedicine (LCSB) an der Uni Luxemburg das sogenannte Metabolom von Gehirngeweben aus Mäusen analysiert. Unter dem Metabolom verstehen Wissenschaftler die Gesamtheit – oder zumindest einen großen Teil – aller Stoffwechselprodukte, die ein Gewebetyp zu einem bestimmten Zeitpunkt und unter spezifischen Bedingungen produziert.
Die Untersuchung des LCSB-Teams um Dr. Manuel Buttini hat einen wesentlich umfassenderen Ansatz möglich gemacht: die Forscher können jetzt Hunderte von Substanzen analysieren, die Nervenzellen in den höheren, mittleren und tiefer liegenden Hirnregionen produzieren. Dabei betrachten sie sowohl gesunde Gehirne, als auch solche, bei denen neurodegenerative Prozesse stattfinden.
Hunderte von Substanzen gleichzeitig analysieren
Mit diese Metabolismus-Studien, bei denen das LCSB zu den weltweit führenden Institutionen gehört, können sowohl bereits bekannte als auch noch unbekannte Substanzen in den Gewebeproben erfasst werden.Anschließend haben die LCSB-Wissenschaftler bioinformatische Verfahren wie das so genannte Machine learning eingesetzt, um daraus metabolische Profile für die einzelnen Hirnregionen abzuleiten.
Veränderungen bei Substanzen charakteristisch für Zustand der Gehirnzellen
Federführend dabei war der zweite Hauptautor, Dr. Enrico Glaab: „Es hat sich gezeigt, dass Veränderungen bei einer Vielzahl von Substanzen charakteristisch für einen bestimmten Zustand der Gehirnzellen in einer der Hirnregionen sind.“
Durch den Vergleich mit mikroskopischen Zelluntersuchungen konnten die LCSB-Forscher dann sehr genau beschreiben, welche metabolomischen Profile für bestimmte Entwicklungsstadien neurodegenerativer Prozesse charakteristisch sind.
Metabolitprofile nützlich bei der Erforschung von besseren Therapien?
„Nur die enge Zusammenarbeit von Experten aus völlig verschiedenen Fachgebieten wie sie am LCSB durchgeführt wird – in diesem Fall Neurobiologie, Biochemie, Molekularbiologie und Bioinformatik–, hat den erfolgreichen Ablauf unserer Studie ermöglicht.“ sagt Dr. Alessandro Michelucci, der dritte Hauptautor dieser Arbeit.
„Unsere Erkenntnisse sind zum einen wichtig für die Entdeckung besserer Therapieverfahren im Bereich Neurodegeneration“, sagt Dr. Manuel Buttini, „und zum anderen auch für die Entwicklung neuer Medikamente gegen Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer: Mit Metabolitprofilen bekommt man bei der Erprobung potenzieller Wirkstoffe viel genauere Aussagen über deren Effekte auf die kranken Nervenzellen, als das mit mikroskopischen Verfahren oder durch die Analyse einzelner Biomoleküle möglich ist.“
Autor: Uni Luxemburg
Photo © shotshop.com
Infobox
Ein Metabolit ist ein Stoffwechselprodukt. Beispiele sind Vitamine oder Aminosäuren.
Unter dem Metabolom verstehen Wissenschaftler die Gesamtheit – oder zumindest einen großen Teil – aller Stoffwechselprodukte, die ein Gewebetyp zu einem bestimmten Zeitpunkt und unter spezifischen Bedingungen produziert.
„Für die Untersuchungen der Metabolitprofile haben wir Verfahren der Gaschromatografie in Kombination mit Massenspektrometrie eingesetzt. Diese eignen sich besonders für die Analyse komplexer Gewebeproben“, erklärt Dr. Christian Jäger, einer der drei Hauptautoren der Studie.
*The Mouse Brain Metabolome : Region-Specific Signatures and Response to Excitotoxic Neuronal Injury.
American Journal of Pathology, Am J Pathol 2015, 185: 1-14; http://dx.doi.org/10.1016/j.ajpath.2015.02.016