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Sensoren in Autositzen und Trends in der Automobilindustrie: Thierry Mousel erklärt wie Sensoren funktionieren, wie sich die Arbeit in der Privatwirtschaft heute von früher unterscheidet und inwiefern Gesetze Trends bestimmen.
Thierry Mousel, sie haben am Anfang ihrer Karriere bei IEE Sensoren entwickelt, die in Autositzen eingebaut werden. Wozu braucht man solche Sensoren?
Um dem Auto zu sagen, wer sich auf dem Beifahrersitz befindet – und daraufhin eine Entscheidung zu treffen, ob der Airbag ausgelöst werden soll oder nicht. Steht z.B. ein Kindersitz auf dem Beifahrersitz, sollte der Airbag nicht ausgelöst werden. Denn Airbags können gefährlich für Kinder sein. Auch wenn niemand auf dem Beifahrersitz sitzt, ist es bei einem leichten Crash besser, wenn der Airbag nicht ausgelöst wird. Ansonsten zerstört er das ganze Armaturenbrett. Unsere Sensoren unterstützen auch die sogenannten "Anschnallwarnsysteme".
Wie funktioniert so ein Sensor?
Die einfachsten Sensoren bestehen aus zwei übereinander liegenden Folien mit elektrischen Leiterbahnen, die nicht miteinander in Kontakt stehen, so dass kein Strom fließen kann. Wenn jemand sich hinsetzt, wird das obere Element gegen das untere gedrückt. Der Stromkreis schließt sich, es fließt Strom. Das Auto erhält die Information, dass jemand dort sitzt.
Und wie funktionieren nun die Sensoren, die bemerken ob sich ein Mensch oder ein Kindersitz auf dem Beifahrersitz befindet?
Diese Sensoren messen die Leitfähigkeit des Objekts auf dem Sitz. Ein Mensch ist leitfähig: Der Sensor zeigt an, dass der Airbag ausgelöst werden soll. Kindersitze sind aus nicht leitfähigem Plastik. Die Distanz zwischen dem Sensor und dem Kind ist durch den Kindersitz zu groß, das Messsignal bleibt klein. Der Airbag wird nicht ausgelöst.
Wie kann man sich die Entwicklung solcher Sensoren vorstellen?
Als ich vor 15 Jahren bei IEE anfing probierten wir in unserem Team alles Mögliche aus. Wir haben z.B. neue Materialien, neue Technologien getestet, und diese dann in einen Sitz oder woanders im Auto eingebaut. Dann haben wir mit Kollegen und Kindersitzen Tests durchgeführt. Vielversprechende Spuren haben wir anschließend weiterverfolgt. Wir konnten also sozusagen ein bisschen rumprobieren.
Ist dies heute noch möglich?
Viel weniger. Heute wird dieses „Rumprobieren“ vielfach durch Simulationen ersetzt. Bis zu 80% der Entwicklungstests können simuliert werden. Nur die vielversprechenden Konzepte werden real umgesetzt und weiterentwickelt. Der Zeit- und der Kostendruck sind heutzutage viel größer.
Haben Sie den Eindruck, dass dies in Zukunft besser oder schlimmer wird?
Früher vergingen im Schnitt 7 Jahre bis eine Autofirma ein Modell durch ein anderes ersetzte. Da hatten wir als Automobilzulieferer noch mehr Zeit für die Entwicklung. Heute sind es oft weniger als 5 Jahre. Der Trend geht in Richtung 4 Jahre. Ob dies gut ist? Die zahlreichen Rückrufaktionen von Autos in letzter Zeit sind vielleicht auch darauf zurückzuführen, dass Autos oder Einzelkomponenten vor der Markteinführung nicht mehr genug getestet werden können.
Sie sind mittlerweile ins Marketing gewechselt. Hat das auch damit zu tun, dass sich die Arbeit verändert hat?
Zum Teil. Aber vor allem kann ich in meiner jetzigen Position mehr Einfluss auf die Zukunft nehmen. Es ist mein Job, die Gesetzgebungen und die Trends verschiedener Länder (wie z.B. die NCAP Crashtests) im Auge zu behalten – um dann schnell reagieren und Lösungen anbieten zu können. In Lateinamerika wurde z.B. bisher wenig auf die Sicherheit von Neuzulassungen geachtet. Mitunter werden dieselben Automodelle für den lateinamerikanischen Markt weniger sicher gebaut als für z.B. den europäischen Markt. Doch es tut sich was. Und wir wollen dabei helfen, angepasste Sicherheitskonzepte zu entwickeln.
Wie kam es dazu, dass Sie sich als studierter Physiker nun hauptsächlich mit Gesetzen und Trends befassen?
Als ich noch in der Entwicklung tätig war, wurde in den USA ein neues Gesetz eingeführt. Es schrieb vor, dass Autos obligatorisch mit Sensoren ausgestattet werden müssen. Um zu verhindern dass Airbags Kinder verletzen oder gar töten. Ich hatte mich in dieses Gesetz eingearbeitet. Und so kam es, dass ich immer mehr zum Spezialisten im Bereich Gesetze und Verbraucherschutztests wurde. Die NCAP Testprogramme haben wesentlich dazu beigetragen dass unsere Fahrzeuge heute viel sicherer sind als noch vor 15 Jahren, und IEE Produkte helfen den Autoherstellern bessere Sicherheitsbewertungen (Euro NCAP Sterne) zu erhalten.
Sie arbeiten in einer luxemburgischen Firma, sind als Luxemburger aber in der Minderheit. Woran liegt das?
Wir suchen immer nach Luxemburgern. Denn Luxemburger beherrschen viele Sprachen, was bei uns sehr wichtig ist. Es ist nur schwer, Luxemburger Ingenieure zu finden.
Autor: Jean-Paul Bertemes
Foto © IEE
Infobox
Thierry Mousel machte sein Abitur am Lycée Technique des Arts et Métiers und studierte anschließend Physik an der Uni Kaiserslautern. Seit 1998 arbeitet er bei der luxemburgischen Firma IEE in Contern.