(C) Michel Brumat
Ist es juristisch und politisch korrekt, wenn Apple 13 Milliarden Steuern nachzahlen muss? Solche Fragen sind es, die Steuerrechtler Werner Haslehner von der uni.lu umtreiben.
Werner Haslehner forscht im internationalen Steuerrecht, und Fälle mit Aktualitätsbezug, wie im Sommer Apple in Irland, sind sein bevorzugtes akademisches Terrain. Den Österreicher reizt daran neben dem Neuland-Aspekt v.a. die Komplexität: „Der Fall spielt sich wie so oft auf drei Ebenen ab: Eine US-Firma erhält in einem EU-Mitgliedsstaat eine Sonderbehandlung, was von der EU-Kommission als illegale staatliche Beihilfe eingestuft wird. Das wiederum ruft die US-Regierung auf den Plan, die befürchtet, mit zur Kasse gebeten zu werden.“
Zusammenarbeit mit anderen führenden Steuerrechtlern weltweit
Dabei geht es freilich nicht um eine schnelle Urteilsbildung, sondern um eine fundierte Analyse aus mehreren Blickwinkeln, so Werner Haslehner: „Ich arbeite derzeit im Rahmen des Apple-Falls mit europäischen und US-amerikanischen Kollegen zusammen, dies mit dem Ziel, juristische und steuerpolitische Ableitungen für die Zukunft zu treffen und damit nachhaltig zu klaren Verhältnissen beizutragen.“ Bei der globalen Kooperation kommt ihm auch die akademische Reputation zugute, welche die Universität Luxemburg in Sachen Internationales Steuerrecht genießt.
„Luxemburg ist führend in der Forschung zum internationalen Steuerrecht. Die Themen liegen hier dank des europäischen Gerichtshofs mitunter ‚vor der Haustür’. Das macht die Sache interessant.“ Interessant, aber eben nicht immer einfach. Denn, so Werner Haslehner, Steuerrecht ist nicht nur im Falle Apple komplex: „Steuersysteme sind niemals schwarz oder weiß; da spielen nationale Gesetzgebungen ebenso mit hinein wie internationales Recht. Zudem erleben wir gerade einen nachhaltigen Umbruch in internationalen Steuerfragen.“
Dieser Umbruch ist laut Werner Haslehner übrigens nicht Luxleaks und anderen „Skandalen“ geschuldet. Vielmehr war es aus seiner Sicht die Finanzkrise 2008, die ein Umdenken auf ganzer Linie auslöste: „Seit 2008 ist Steuerfairness in der EU ein zentrales Thema, die so genannte „Steuerflucht“ soll vermieden werden. Die jeweiligen Gesetze widersprechen sich aber fundamental; international stimmen EU-Richtlinien und geplante Instrumente der OECD oft nicht miteinander überein, und beide stehen jeweils unterschiedlichem nationalem Recht gegenüber.“
National bedeutend: Neue Rahmenbedingungen verändern das „Steuerparadies“
Wirklich klar sei in internationalen Steuerfragen derzeit wenig, so Werner Haslehner. Fest steht für den Inhaber des Atoz Chair (siehe Infobox) aber, dass sich mit dem Wandel auch das „Steuerparadies“ Luxemburg verändern wird: „Das Ende des Bankgeheimnisses hat mit zu mehr Transparenz bei Steuerdaten beigetragen. Zudem arbeitet die OCED an einem Instrument, das gültige Doppelbesteuerungsabkommen auf einen Schlag in Frage stellen kann. Das könnte abrupte Auswirkungen u.a. auf die sehr wichtige Fondsindustrie haben.“
Autor: Sven Hauser
Foto: Michel Brumat
Infobox
Der „Atoz Chair for European and International Taxation“ an der Fakultät Recht, Wirtschaft und Finanzen der uni.lu wurde 2009 von dem Steuerberatungsunternehmen Atoz gestiftet. Das damit verbundene Ziel ist die Schaffung von Forschungs- und Ausbildungsexzellenz rund um europäische und internationale Steuerfragen. Im Rahmen dessen wurde 2010 das Masterprogramm „European and International Tax Law“ ins Leben gerufen.