Kobi Wasner

Den Inhalt einer komplexen Doktorarbeit auf einen dreiminütigen Vortrag zu komprimieren, ist eine Herausforderung. Ihn dann auch noch so zu präsentieren, dass es selbst für Laien verständlich und unterhaltsam ist, erst recht. Die Teilnehmer des diesjährigen Wettbewerbs 3MT (Three Minutes Thesis) von LuxDoc haben sich dieser Aufgabe gestellt. Am Ende gab es drei Gewinner. Den ersten Platz belegt hat dabei Kobi Wasner. Der PhD Student arbeitet am Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB) mit Stammzellen im Bereich der Parkinsonforschung. Er ist Mitglied der von Anne Grünewald geleiteten Forschungsgruppe Molecular and Functional Neurobiology (MFN).

Kobi, du forschst also an Stammzellen. Um was geht es da genau?

Ich untersuche die Ursachen und die Zusammenhänge von Parkinson. Wir nehmen dazu die Zellen eines Parkinsonpatienten, zum Beispiel Hautzellen, Haarzellen oder Blutzellen, und programmieren diese zunächst so um, dass daraus Stammzellen werden. Diese Stammzellen – in unserem Fall werden sie meistens aus Hautzellen gezüchtet -  werden wiederum in Gehirnzellen reprogrammiert, mit denen sich dann die Krankheit erforschen lässt.

Ihr verwandelt Hautzellen in Gehirnzellen?

Genau. Das Problem bei der Parkinsonforschung ist ja, dass sich die Vorgänge im Gehirn abspielen. Im Gegensatz zu Haut- oder Blutzellen können wir Gehirnzellen aber nicht so ohne weiteres entnehmen. Gleichzeitig aber haben alle Zellen unseres Körpers die gleiche DNA. Welche Zellen sich daraus dann bilden, hängt davon ab, welche Gene dabei aktiviert werden.

Kobi Wasner untersucht die Ursachen und die Zusammenhänge von Parkinson

Forscher aus Japan haben dazu 2006 eine revolutionäre Methode entwickelt: Nachdem sie die Gene der Stammzellen entschlüsselt hatten, nahmen sie Hautzellen und fügten diesen dann Moleküle hinzu, die dann wiederum in den Hautzellen die Stammzellen-Gene aktivierten. So ließen sich die Hautzellen in Stammzellen verwandeln.

Wie lange dauert ein solcher Prozess?

Ungefähr vier bis sechs Wochen. Und wenn wir die Stammzellen haben, können wir diese dann kultivieren und einfrieren, um damit zu arbeiten. Als ich 2016 hier in Luxemburg mit meiner Doktorarbeit anfing, waren diese Stammzellen bereits aus Hautzellen reprogrammiert worden. Sie können nun für alle Zwecke verwendet werden. Da ich bei meiner Parkinsonforschung den Bereich untersuche, der davon betroffen ist, nämlich das Gehirn, reprogrammiere ich diese Stammzellen in Hirnzellen, genauer gesagt in Nervenzellen.

Und wie geht es mit diesen Nervenzellen dann weiter?

Wenn wir die Zellen umgewandelt haben, können wir sie genauso kultivieren wie die Stammzellen. Und dann hängt alles weitere davon ab, was man untersuchen möchte. Die meisten Forschungsteams hier am LCSB beschäftigen sich genau wie ich mit der Parkinsonforschung. Jedes Team verfolgt aber einem anderen Ansatz. Das Gehirn besteht ja auch nicht nur aus Nervenzellen. Ich habe zum Beispiel Kollegen, die sich mit den Immunzellen des Gehirns, den sogenannten Mikroglia-Zellen, befassen. Andere untersuchen die Astrozyten, die ebenfalls zum zentralen Nervensystem gehören.

Das Hauptinteresse unserer Forschungsgruppe gilt den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zelle. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass diese bei einer Parkinsonerkrankung nicht richtig funktionieren. Mitochondrien haben ihre eigene DNA. Wir gehen davon aus, dass es bei Parkinson ein Problem mit dieser DNA gibt, die dann zum Absterben der Nervenzellen führt. Und genau damit befassen wir uns. Ich untersuche dabei die Rolle von Parkin, einem Protein, das an vielen Prozessen der Mitochondrien beteiligt ist.

Interview: Uwe Hentschel

Foto: Uwe Hentschel

Video und Grafik: Kobi Wasner

Infobox

Drei Fragen an Miriam Fougeras, Organisatorinnen des 3MT- Wettbewerbs

Welche Fähigkeiten sollte man als Teilnehmer eines 3MT- Wettbewerbs haben?

Die wichtigste Voraussetzung ist natürlich die Wissenschaftskommunikation: die Fähigkeit, einem nicht spezialisierten Publikum zu vermitteln, was das Thema der Forschung ist und warum es interessant ist. Eine Besonderheit des Wettbewerbs ist dabei das sehr strenge Zeitlimit, was bedeutet, dass Teilnehmer in der Lage sein müssen, ihre Botschaft klar und deutlich zu vermitteln, ohne sich durch Ihren Vortrag hetzen zu müssen.

Inwieweit profitieren die Teilnehmer des 3MT - auch wenn sie nicht gewinnen?

Der wichtigste Vorteil der Teilnahme ist das tiefe Verständnis, das man erhält, wenn man sich zwingt, seine Forschung für ein nicht spezialisiertes Publikum zusammenzufassen. Es ist gleichzeitig auch eine Chance, einen Schritt zurückzutreten und die eigene Arbeit aus einer größeren Perspektive zu betrachten. Ein weiterer wichtiger Vorteil besteht darin, dass die Teilnehmer mit ihrer Forschungsarbeit an die Öffentlichkeit gehen.  Sie lassen damit die Welt wissen, was in Ihrem Fachgebiet vor sich geht, und wecken dadurch vielleicht das Interesse anderer Menschen. Die eigene Arbeit mit der breiten Öffentlichkeit zu teilen, ist schließlich ein wesentlicher Bestandteil des Forscherdaseins.

Was ist für eine erfolgreiche 3MT-Teilnahme wichtiger: die allgemeine Verständlichkeit eines Forschungsthemas oder die Präsentation?

Zweifellos die Präsentation, wie die Beurteilungskriterien deutlich zeigen. Letztlich aber liegt der der Schlüssel zum Erfolg darin, für ein spezielles Thema zu brennen und dieses Feuer dann mit dem Publikum zu teilen. Wenn einem das gelingt, ist kein Thema zu abstrakt, um die Menschen zu begeistern.

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