Danièle Waldmann
Frau Waldmann, was ist Ihr Forschungsschwerpunkt?
Als Professorin für den Massivbau leite ich zum einen das Institut für Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen an der Universität Luxemburg. Im Bereich des Massivbaus ist es zusammen mit sieben Doktoranden und zwei Postdocs mein Ziel, nachhaltigen Beton zu generieren. Dabei decken wir die ganze Bandbreite des Betons ab: den Werkstoff Beton, den Stahl- und Spannbeton und den Mauerwerksbau.
Das klingt erst einmal nach einer Männerdomäne…
Das ist der Massivbau auch. Zwischenzeitlich gab es an der Universität im Ingenieurwesen lediglich zwei weitere Professorinnen, aber inzwischen nicht mehr.
War das für Ihre Karriere ein Hindernis?
Nein. Zwar ist es für Frauen strukturell schwieriger, zum gleichen Zeitpunkt im Leben wie Männer, etwa auf Grund von Kinderbetreuungszeiten, die gleiche Karrierestufe erreicht zu haben. In meiner täglichen Arbeit hat mein Geschlecht aber nie eine Rolle gespielt, auch nicht seitens der männlichen Kollegenschaft.
Wie kann man sich die Nachhaltigkeit im Bauwesen vorstellen, von der Sie eingangs sprachen?
Wir versuchen, den ganzen Lebenszyklus von Beton abzudecken: Das fängt mit nachwachsenden Rohstoffen an, die wir dem Beton beisetzen, betrachtet die Struktur der Gebäude, damit man diese später wieder „auseinandernehmen“ kann und umfasst ein Monitoring, um lange Lebensdauern zu erreichen. Am Ende steht auch das Recycling von Gebäuden. Das sind alles wichtige Aspekte, wenn man bedenkt, dass allein das Bauwesen für 35% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist. Zudem versuchen wir industrielle Abfallprodukte bei der Herstellung von neuem Beton zu verwerten und tragen damit zur Schonung von Ressourcen bei.
Können Sie konkrete Beispielprojekte nennen, mit denen größere Nachhaltigkeit erreicht werden kann?
Natürlich. Man kann etwa Zuschläge im Beton, wie Sand und Kies, durch nachwachsende Rohstoffe wie Chinaschilf oder Holzspäne ersetzen. Aber nicht nur dieses Gras kann als Zuschlag genutzt werden: Aktuell untersuchen wir in einem „Interreg“-Projekt, wie bisher ungenutzte Tone, die als Wäscheschlamm als Abfallprodukt in Kiesgruben anfallen und bisher ungenutzt bleiben, als Zusatz genutzt werden können. Das ist sehr vielversprechend, da dieses Material den Zement zum Teil ersetzen kann und nicht so hohe Brenntemperaturen benötigt wie dieser, was dann Energie spart.
Mehr Information zu diesem Groβregion-Projekt auf der Internetseite der Uni Luxemburg.
Und Sie untersuchen auch, wie Beton in Luxemburg recycelt werden kann?
Genau. Das genau zu untersuchen ist gerade für Luxemburg sehr relevant, denn die Ressourcen sind hier begrenzter als andernorts. Wir müssen genau wissen: Wieviel alter Beton ist eigentlich in Luxemburg verbaut? Dafür erstellen wir Karten und Modelle der Städte im Land, um das verbaute Volumen von Baustoffen und im speziellen des Betons abzuschätzen. Das ist auch für unsere industriellen Partner sehr wichtig, denn diese wollen natürlich wissen, ob sich eine Investition in Recycling lohnt. Alten Beton über längere Strecken heranzuschaffen, um vorgeschriebene Recyclingkriterien zu erfüllen wäre weder wirtschaftlich noch umweltfreundlich.
Infobox
Danièle Waldmann ist Professorin für Massivbau an der Universität Luxemburg. Die Ingenieurin hat in Kaiserslautern studiert und dort auch zum Thema „Schubtragverhalten von punktförmig gestützten Plattenbrücken“ promoviert. Nach Ihrer Promotion ist die gebürtige Luxemburgerin gemeinsam mit ihrem Mann zurück nach Luxemburg gekehrt und hat zunächst knappe drei Jahre in der Industrie gearbeitet, bevor sie eine Stelle an der neu gegründeten Universität Luxemburg angenommen hat. Damals gab es noch keine Forschungslabore und keine Start-Fördermittel. Schlechte Voraussetzungen? Danièle Waldmann erinnert sich: „Ich würde nicht von „schlechten Voraussetzungen“ reden. Ich wurde 2003 eingestellt und konnte das Ingenieurwesen an der Universität Luxemburg ein stückweit mit aufbauen – das waren tolle Herausforderungen. Ich hatte schon parallel zu meinem Studium und meiner Promotion mit Freude unterrichtet und habe es genossen, an der Uni Luxemburg die Lehre mit aufzubauen.
Beton ist ein Baustoff, der aus zwei Komponenten hergestellt wird: Gesteinen verschiedener Größenordnung und einem Bindemittel. Als Bindemittel wird Zement verwendet, das nach Zugabe von Wasser erhärtet. Zement selbst wird aus Kalkstein und Ton hergestellt, denen gelegentlich noch weitere Substanzen beigemischt werden. Nachdem das Gemisch gemahlen wurde, wird es erhitzt, bis die Rohstoffe verschmelzen und das Endprodukt zu Zement gemahlen wird. Bei der Herstellung entstehen große Mengen CO2 und es wird viel Energie für das Erhitzen benötigt – aus diesen Gründen sucht Danièle Waldmann nach umweltfreundlicheren Alternativen.