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Dr. Laurent Vallar und sein Team am Luxembourg Institute of Health betreiben Krebsforschung auf kleinstem Raum – im wahrsten Sinne des Wortes. Auf einer Fläche von gerade 2,2 cm2 platzieren sie jeweils über 6,5 Millionen Proben, mit deren Hilfe sie ganz gewisse, nur in Lungenkrebszellen produzierte Stoffe suchen. „Diese könnten sich nicht nur potentiell zu einer vorzeitigen Diagnose, sondern insbesondere für eine gezielte Therapie eignen“, so Vallar.

Um die Arbeit seines Teams zu verstehen, ist ein gewisses Grundwissen erforderlich: Willkommen im menschlichen Zellkern. Hier befindet sich unsere gesamte Erbinformation, die DNA.

Sie liefert den Bauplan zur Herstellung der Proteine. Zuerst wird am DNA-Strang eine Kopie, oder eher ein Spiegelbild von Genen, Teilen der DNA hergestellt. Dieser Stoff heißt Boten-RNA oder auch mRNA und ist der direkte Vorgänger der Proteine.

Ein Gen kann Bauplan für Zehntausende Proteine sein

Über lange Zeit wurde angenommen, dass jedes menschliche Gen auf diese Art und Weise für ein einziges Protein kodiert, d.h. eine Bauanleitung für ein einziges Protein ist. Doch das ist falsch: Je nach Zelle und Entwicklungsstadium bestimmt das gleiche Gen den Aufbau verschiedener Proteine.

Ein vielzitiertes Beispiel ist das DSCAM-Gen. Es kodiert für insgesamt 38.000 Proteine. Wie ist das möglich, bleibt doch die DNA immer die Gleiche? Die Lösung ist ganz einfach: Gene enthalten mehr Informationen, als bei der Protein-Herstellung gebraucht werden.

In Krebszellen spielen manche Prozesse verrückt

Die überflüssigen Teile werden im ersten Schritt zwar ganz mitkopiert, doch dann werden einzelne davon wieder herausgeschnitten. Diesen Vorgang nennt man Spleißen (siehe Infobox).

In Krebszellen spielt dieser Prozess manchmal verrückt. Dabei entstehen mRNAs und Proteine, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Nach solchen suchen Vallar und seine Kollegen.

Dazu vergleichen sie mRNA aus menschlichen Krebszellen mit der aus gesunden Lungenzellen. Bei jeder Probe müssen Abertausende verschiedener Spleißformen erkannt und verglichen werden.

Microarrays ermöglichen die Untersuchung des gesamten Genoms

Diese phänomenale Leistung kann nur mit Hilfe modernster Technologie gemeistert werden: Dem Microarray, oder Biochip (siehe Infobox). Die Analyse der mRNA in einem solchen Microarray erlaubt den Wissenschaftlern nicht nur herauszufinden, welche Gene in der Zelle aktiv waren, sondern auch, welche Spleißformen produziert wurden.

Um die Komplexität dieses Prozesses zu illustrieren, reichen folgende Werte: Das Team benötigt zwei Tage um die erforderliche RNA zu präparieren, braucht jedoch Wochen für die Computer-Analyse der Resultate.

Der Aufwand ist enorm, man sucht die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen. Doch auch nur einige wenige relevante mRNAs könnten einen großen Schritt für die Lungenkrebsforschung bedeuten.

Autor: Liza Glesener
Foto: www.miikkaheinonen.com

Infobox

Microarray

Für einen „simplen“ Microarray werden auf eine ungefähr 2 cm2 messende Fläche 44.000 Mini-Tropfen, oder Sonden, aufgesetzt. In jeder Sonde befinden sich speziell bearbeitete DNA-Fragmente, gebildet aus Kopien der verschiedenen Gene.

Auf kleinstem Raum befinden sich so Proben des gesamten menschlichen Genoms. Auch die zu untersuchende mRNA wird speziell präpariert. Sie wird vervielfältigt und mit fluoreszierenden Stoffen verbunden.

Chip und mRNA-Mischung kommen einige Stunden lang in einen Inkubator, in welchem sich die mRNA mit der für sie kodierenden DNA auf dem Chip verbindet.

Nun wird die Fluoreszenz analysiert: Je stärker eine Sonde leuchtet, umso mehr mRNA wurde an ihr gebunden, umso mehr mRNA dieser Art wurde in der untersuchten Zelle hergestellt.

Spezielle Chips für Vallar’s Studie

Die in Vallar’s Studie genutzten Chips  sind noch aussagekräftiger: Sie haben nicht nur eine Sonde pro Gen, sondern bis zu vier verschiedene Sonden pro Exon, insgesamt 6,5 Millionen Sonden auf einer Fläche von weniger als 2,2 cm2!

Spleißen der mRNA: Gezieltes Zerschneiden und wieder Zusammenkleben

In der DNA folgen sogenannte Exon- und Intron-Sequenzen aufeinander. Erstere kodieren für Proteine, letztere nicht“, erklärt Vallar. Die Introns sind sozusagen fürs spätere Protein überflüssig. „Bei der Bildung von mRNA werden trotzdem zuerst beide kopiert, dann wird die mRNA gespleißt: Die Introns werden entfernt und die Exons verbunden. Erst dann beginnt der Bau der Proteine.“

Doch es wird noch komplexer, denn viele Zellen betreiben alternatives Spleißen. So kann für eine bestimmte mRNA z.B. auch mal der eine oder andere Exon zusätzlich zu den Introns weggeschnitten werden. Ändert sich die Struktur der mRNA, ändert sich auch die Struktur und somit die Funktion des entstehenden Proteins.

In Krebszellen ist dieser natürliche Prozess gestört. Hier werden manche mRNAs falsch zusammengespleißt; es folgt eine Vielzahl von außergewöhnlichen Proteinen, mit zum Teil verheerenden Funktionen.

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