march for science

Takver from Australia, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

Marsch für die Wissenschaft am 22. April 2017 (Earth Day) in Melbourne.

In Diskussionen zur Corona-Pandemie, zum Klimawandel oder bei anderen wissenschaftlichen Themen werden die Begriffe ‚Wissenschaft‘ und ‚Forschung‘ häufig synonym verwendet. Tatsächlich sind es aber zwei verschiedene Dinge.

Worin besteht der Unterschied zwischen Wissenschaft und Forschung?

Wissenschaft umfasst das allgemein anerkannte und akzeptierte Wissen über die Welt um uns herum, das uns hilft, sie besser zu verstehen. Forschung ist der Prozess, der auf den bisherigen Ergebnissen der Wissenschaft beruht und zu neuen Erkenntnissen der Wissenschaft führt, indem Beobachtungen hinterfragt werden und bekanntes Wissen, Experimente und Vermutungen genutzt werden.

Hin und wieder passiert es, dass bekannte wissenschaftliche Fakten widerlegt werden und durch Forschung aktualisiert werden. So wurde beispielsweise im Mittelalter angenommen, dass eine Blutentnahme die beste Möglichkeit sei, die meisten Krankheiten zu kurieren. Später erlangte man genaueres Wissen über den menschlichen Körper und fand bessere Behandlungsmöglichkeiten. Ein anderes Beispiel: Es dauerte Jahre, bis man verstand, wie wichtig Händewaschen ist, nämlich erst, als ein Arzt beobachtete, dass weniger Frauen bei einer Geburt starben, wenn der Arzt seine Hände vorher gewaschen hatte.

Forscher bringen die Wissenschaft immer weiter voran. Beobachtungen, Fragen und Zweifel und die Gegenüberstellung von Theorie und Fakten sind die Grundlage von Forschung und die treibende Kraft der Wissenschaft.[1]

Gibt es eine Grenze für Zweifel?

Tatsächlich haben sich in der Geschichte der Wissenschaft Theorien mehrfach verändert, und manchmal war es schwierig, gegen das vorherrschende Dogma anzukämpfen. Heute verfügen wir über bessere Werkzeuge zur Beobachtung und eine größere Rechenleistung von Computern, mit denen wir handfeste und unbestreitbare Belege für oder gegen einzelne Theorien liefern können. So können wir mithilfe von Mikroskopen Mikroorganismen sehen, die Krankheiten hervorrufen. Die Nutzung von Mikroskopen war also ein wichtiger Schritt bei der Festigung der Keimtheorie über Krankheiten, die inzwischen allgemein anerkannt ist.

Nichtsdestotrotz gibt es bis heute wissenschaftliche Prinzipien, die niemand bisher beweisen konnte und die trotzdem als gültig erachtet werden, weil ebenso niemand bisher in der Lage war, sie zu widerlegen.  Es geht sogar noch weiter: Die Erfindungen, die auf Grundlage dieser Prinzipien gebaut wurden, funktionieren perfekt. In der Tat beruhen die meisten Automotoren auf dem ersten und zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, den Perpetuum mobile bisher erfolglos zu widerlegen versucht.

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Der erste und zweite Hauptsatz der Thermodynamik

Die Thermodynamik beschreibt, wie sich Wärme und Energie verhalten. Der erste Hauptsatz sagt, dass Energie nicht geschaffen oder vernichtet werden kann, sondern nur von einer Form in eine andere umgewandelt werden kann oder von einem Körper zu einem anderen weitergegeben werden kann. Im Automotor wird Wärme in Bewegung umgewandelt. Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik sagt aus, dass eine Reaktion niemals 100 % effizient ablaufen kann, sondern dass eine bestimmte Energiemenge immer als Wärme verloren geht.

Perpetuum mobile

Viele Jahre lang versuchten Erfinder, eine Maschine zu konstruieren, die unendlich lang läuft, ein sogenanntes Perpetuum mobile. Allerdings konnte keine Maschine bisher die Verlangsamung durch Reibungsverluste überwinden. Alle Maschinen verlieren nach und nach Energie, was unendliche Bewegungen leider unmöglich macht – jedenfalls so lange, bis das Gegenteil bewiesen wird.

Es besteht ein großer Unterschied zwischen berühmten Wissenschaftlern wie beispielsweise Galileo, die sich gegen überkommene Dogmen und Auffassungen gewehrt haben, und den Zweifeln einiger Menschen heutzutage, die etablierte Grundsätze in Zweifel ziehen, die bereits erfolgreich technisch angewandt werden, auch wenn ihre Gültigkeit noch nicht bewiesen werden konnte.

Worin besteht der Unterschied zwischen einer Meinung und einer Tatsache?

Man könnte sagen, der Unterschied zwischen Meinungen und Tatsachen besteht darin, dass Meinungen nicht bewiesen werden können. Jedoch gibt es auch Dinge, die wir für wahr halten, weil wir sie spüren und dadurch denken, das Gefühl sei der Beweis für die Gültigkeit. Unsere Sinne spiegeln allerdings nicht immer die Tatsachen. Ein Beispiel: Wenn wir ein Stück Metall berühren und ein Stück Plastik, die sich beide eine Zeitlang im selben Raum befanden, dann sagen wir oft – weil es unser Sinneseindruck ist – dass das Metallstück kälter als das Plastikstück ist. Wenn man dann jedoch die Temperatur der Materialien misst, kommt heraus, dass sie dieselbe Temperatur haben!

Wissenschaft ist also wichtig, um Sinneseindrücke und Fakten allgemein einzuordnen und Rückschlüsse zu ziehen. Außerdem ist es wichtig zu wissen, wie einzelne wissenschaftliche Fakten entdeckt wurden [2][3], damit sie wissenschaftliche Tatsachen bleiben und nicht zu Meinungen werden.[1]

Bis wohin können wir der Wissenschaft vertrauen?

Unsere Sinne täuschen uns also manchmal, und nur die Wissenschaft kann uns dann helfen, die Wahrheit zu verstehen und abzubilden. Manchmal wurde allerdings auch die Wissenschaft dazu verwendet, uns zu täuschen und die Realität zu verzerren, beispielsweise, um die Zigarettenindustrie aus der Verantwortung zu ziehen oder um ein schweres, fettreiches Frühstück zu bewerben.[4]

So leugnen manche Menschen den Anstieg der Temperaturen auf der Erde und berufen sich dabei auf die weltweiten Temperaturaufzeichnungen der letzten 10 Jahre, in denen die Kurve flach verläuft. Betrachtet man jedoch die gesamten Daten über Hunderte von Jahren hinweg, zeigt sich klar der Anstieg der Temperaturen in den letzten paar Jahrzehnten. Andere zweifeln am Verschwinden der Eisbären, weil sie die Bären einer ganz bestimmten Population zählen, die tatsächlich wächst – vermutlich aufgrund der geänderten Richtlinien für die Eisbärenjagd. Überall sonst und bei der Betrachtung der gesamten Eisbärenpopulation sinkt die Zahl der Tiere allerdings.

Es ist eine gute Methode, die Aufmerksamkeit von tatsächlichen Fakten abzulenken, wenn man das Publikum mit Zahlen und Grafiken überschüttet und eine scheinbar wissenschaftliche Methode auf unvollständige oder falsche Daten anwendet. Kurven können leicht manipuliert werden, um Sie glauben zu lassen, was der Verfasser Sie glauben machen möchte. Genauso wie die Perspektive einer Fotoaufnahme (Makro- oder Mikro-Perspektive) den gesamten Eindruck ändert, kann der Maßstab der Achsen und die angedeutete Beziehung zwischen Variablen zu ganz unterschiedlichen Interpretationen derselben Tatsache führen.

Zum Schluss…

Zusammenfassend kann man sagen, dass in diesen Zeiten der überall verfügbaren Flut an Informationen für jedermann Wissenschaft und Forschung es schwer haben. Jeder von uns steht in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass wir verstehen, was wir mit anderen teilen, und zu schauen, wie die Information zustande gekommen ist. Wir sollten unsere Informationsquellen hinterfragen, überprüfen und verschiedene Quellen vergleichen: So vermeiden wir es, Propaganda unter dem Deckmäntelchen von wissenschaftlichen Methoden zum Opfer zu fallen, aber auch das Gegenteil, nämlich alles anzuzweifeln und Wissenschaft für Forschung zu halten oder andersherum.

Autor: Marie-Alix Dalle (University of Luxembourg)
Editor: Michèle Weber (FNR)
Foto: Takver via Wikimedia Commons

Marie-Alix Dalle ist Doktorandin in Thermodynamik an der Universität Luxemburg und arbeitet im Moment an einer Lowtech-Lösung für Wasserentsalzung. Davor studierte sie Ingenieurwissenschaften und arbeitete als Ingenieurin bei einem Wasseraufbereitungsunternehmen. "Ich war dort wirklich schockiert, was aus Wissenschaft gemacht wurde, und habe verstanden, dass Wissenschaft in den Medien oder öffentlichen Debatten häufig falsch verstanden oder verzerrt wird", so Marie-Alix. "Ich versuche deshalb dazu beizutragen, der Wissenschaft ihren Platz in der Gesellschaft zurückzugeben, und meine Begeisterung für die Wissenschaft mit einem breiten Publikum zu teilen."

Credit: Marie-Alix Dalle

Forschung gibt es überall, und sie richtet sich an jede*n! Alle Forscher*innen und Wissenschaftler*innen in Luxemburg sind aufgerufen, den Beweis dafür zu liefern, indem sie sich an diesem Wettbewerb für allgemeinverständliche Wissenschaftskommunikation beteiligen, der vom Projekt Doctoral Education in Science Communication (DESCOM) der Universität Luxemburg in Zusammenarbeit mit science.lu organisiert wurde.

Er bietet allen Wissenschaftler*innen die Gelegenheit, ihre Fähigkeiten in Wissenschaftskommunikation zu testen, indem sie einen allgemeinverständlichen Artikel über ein Forschungsgebiet verfassen.

Für die Ausgabe 2021 konnten die Artikel über Wissenschaft und Forschung in Luxemburg bis zum 31. Juli 2021 auf Englisch, Französisch, Deutsch oder Luxemburgisch eingereicht werden. Die Artikel der Gewinner werden auf science.lu veröffentlicht.

Mehr Informationen zum Wettbewerb in diesem Jahr gibt es hier.

 

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