(C) Michèle Weber (FNR)
80 Tage dauert es, bis eine biologisch abbbaubare Plastikflasche verschwunden ist. Das zeigt die Bilderserie, die Berit Brüster vergangene Woche Schülern der 3e bis 1e BC des Atert-Lycée Rédange präsentierte. Berit ist Doktorandin am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) in der Abteilung Materialforschung und untersucht dort den Recyclingprozess von Bioplastik, das aus Milchsäure besteht.
Sie ist eine von 60 “Chercheurs à l’école”, die zwischen dem 14. und 18. März 2016 im Rahmen der gleichnahmigen Aktion des Fonds National de la Recherche (FNR) 48 Klassen in insgesamt 21 Sekundarschulen in Luxemburg besuchten. Ziel der Aktion: Den Jugendlichen einen Beruf vorzustellen, der vielen nur wenig bekannt ist, aber in der gegenwärtigen und zukünftigen Entwicklung des Landes immer mehr Bedeutung kriegt.
Biologischer Abbau nur unter bestimmten Bedingungen
“Wie ist es möglich, dass Bioplastikflaschen nicht schon im Regal im Supermarkt oder zu Hause zerfallen?” fragt eine Schülerin. “Gute Frage!”, meint Berit und antwortet “weil das so schnell nur unter ganz bestimmten Bedingungen passiert – 90% Luftfeuchtigkeit und 60°C. Die hat man nur in einer Kompostieranlage. Deswegen soll man auch seine biologisch abbaubare Plastikflasche nicht einfach in den Wald werfen!”
Es gibt also gute Gründe, am Recycling von Bioplastik zu forschen. Berit analysiert im Labor, wie oft sie Bioplastik wiederverwenden kann. Dafür zerbricht sie ein Stück, schmilzt es, und bringt es danach wieder in die gleiche Form. Sie stellt fest: “Das Plastik wird nach 3-4 Runden dunkler, da sich bei dem Prozess Schmutz ansammelt – und das schon im sauberen Labor. Stellt euch mal vor, wie das mit Plastik ist, das erst noch gespült werden muss.”
Des Weiteren testen sie und ihre Forscherkollegen, ob sie auch “weicheres” Bioplastik herstellen können. Dazu wird das Bioplastik mit einem chemischem Weichmacher versetzt. Aber ist das Plastik dann noch “Bio”? “Im Prinzip schon, aber das ist nicht so einfach”, sagt Berit „denn durch chemische Zusatzsstoffe verändert sich dann auch wieder die biologische Abbaubarkeit des Bioplastiks.”
“Die Ideen gehen einem nie aus”
Berit hat also noch einen langen Weg vor sich. “Die Ideen gehen einem nie aus”, antwortet sie auf eine andere Frage aus dem Klassensaal. Forschung entwickelt sich immer weiter, und wenn sie selbst keine neue Ideen hätte, tausche sie sich mit ihren Arbeitskollegen aus oder lasse sich von der Fachliteratur oder bei einer Konferenz inspirieren.
Ob sie schon immer Forscherin werden wollte ? “Nein”, erwidert sie schmunzelnd, “da bin ich eher zufällig gelandet.“ Aber sie habe in der Schule immer Spass an Chemie gehabt und sich für Makromoleküle interessiert. Ihr Bioplastik besteht aus Polymilchsäure – das ist auch ein Makromolekül, also eine Kette von Molekülen.
Dass nicht immer alles in Stein gemeißelt ist, illustriert Berit mit einem weiteren Beispiel: “In der Schule war ich damals in Englisch ziemlich schlecht, und heute schreibe ich wissenschaftliche Publikationen auf Englisch. Das sollte ich mal meiner Englischlehrerin zeigen – die würde staunen!“
Autor: Michèle Weber (FNR)
Photo : Michèle Weber (FNR)
Infobox
Unter Bioplastik versteht man zum einen Bio-basierte Kunststoffe die nicht aus Erdöl sondern aus nachhaltigen Rohstoffen hergestellt wurden. Das können Pflanzen wie z.B. Maisstärke sein, oder Milchsäureketten. Zum anderen versteht man unter dem Begriff aber auch Kunststoffe die biologisch abbaubar sind (aber nicht unbedingt aus nachhaltigen Rohstoffen bestehen).
Makromoleküle sind sehr große Moleküle, die aus sich wiederholenden Strukturen bestehen und so z.B. eine Kette bilden. Beispiele sind Kautschuk, Stärke, Silikone aber auch Kunststoffe wie Styropor.
Es gibt verschiedene Arten von Plastik. Auf den meisten Sachen aus Plastik ist ein aus drei Pfeilen aufgebautes Dreieck mit einer Zahl drin und darunter Buchstaben. Das Dreieck mit drei Pfeilen ist das Recycling-Symbol, und die Zahl beschreibt die Art des Plastiks. Bioplastik fällt unter "7" oder “O” – was für “Others” steht.
In Luxemburg gibt es zwei Recycling-Initiativen für Plastik. Zum einen gibt es den blauen Sack, den jeder zu Hause mit Plastikflaschen und –flakons füllen kann und dann zur Sammlung vor die Haustür stellt. Zum anderen stehen auf den Parkplätzen von 11 Supermärkten im Land Wertstoffinseln mit dem Namen „Re-box“. Dort kann man unter anderem Joghurtbecher, Plastiktüten und –folien einwerfen.
Das vom FNR organisierte Projekt hat das Ziel, Jugendlichen einen Beruf vorzustellen, der vielen nur wenig bekannt ist. Forscher aus öffentlichen Institutionen und privaten Firmen in Luxemburg besuchen einmal pro Jahr Sekundarschulklassen und erzählen ihre persönliche Geschichte: von der Schulzeit über das Studium bis zu ihrer heutigen Tätigkeit. Dies ermöglicht den Schülern, Einblicke in das Berufsleben der Forscher zu kriegen und Fragen über die Forschung in Luxemburg zu stellen. Gleichzeitig erhalten die Forscher eine Plattform, um ihre Arbeitstätigkeit einem jungen Publikum vorzustellen und direktes Feedback zu kriegen. Mehr Infos hier.