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Sie sind wertvolle Instrumente für die biomedizinische Forschung und Hoffnungsträger für die Zukunft der Medizin: induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) – kleine „Alleskönner-Zellen“, die entstehen wenn Forscher ausgereifte, erwachsene Zellen in der Kulturschale so „reprogammieren“, dass sie sich wie embryonale Stammzellen (ES-Zellen, siehe Infobox) benehmen. Aus diesen verjüngten Zellen können ähnlich wie bei ES-Zellen jede beliebige Körperzelle gezüchtet werden, wie z.B. Herz- oder Leberzelle. Die Technik, mit der iPS-Zellen hergestellt werden, gewann 2012 den Nobelpreis für Medizin.
Personalisierte Alleskönner-Zellen aus Parkinson-Patienten
Jens Schwamborn, seit Juni 2013 Professor für Entwicklungs- und Zellbiologie an der Uni Luxemburg, verwendet iPS-Zellen von Parkinson-Patienten um sie in neurale Stammzellen oder ausgereifte Nervenzellen umzuwandeln. Beides sind Zelltypen, die im Gehirn vorkommen und eine Rolle in der Entwicklung von Parkinson spielen.
Da man von Parkinson-Patienten keine lebenden Nervenzellen aus dem Gehirn entfernen kann, reprogrammiert Schwamborn stattdessen Hautzellen in iPS-Zellen. Schwamborn hebt weitere Vorteile hervor: „Die iPS-Zellen sind Krankheits- und Patientenspezifisch.“ Sie beinhalten bekannte Gendefekte, die eventuell Ursache der Krankheit sind und sind gleichzeitig personalisiert – denn jeder Patient besitzt eine einzigartige Mischung an Genmaterial. So kann Schwamborns Team die Rolle von Gendefekten im Zusammenhang mit vorhandenen Krankheitssymptomen untersuchen.
Zellersetzungstherapie und Zukunftsmedizin
Die Verwendung von embryonalen Stammzellen für Forschung und Medizin ist aus ethischen Gründen in der Gesellschaft hoch umstritten. Ähnlich wie ES-Zellen haben iPS-Zellen ebenfalls großes Potential für Zellersetzungstherapien. Spezialisierte, körpereigene Zellen könnten so in Zukunft in Kultur gezüchtet werden, um krankes oder abgestorbenes Gewebe zu erneuern oder zu ersetzen. Bedeutet dies, dass der umstrittene Gebrauch von ES-Zellen überflüssig wird?
„Für Zellersetzungstherapien werden iPS-Zellen letztendlich vermutlich ausreichend sein, nicht aber für die Forschung,“ meint Schwamborn. Es bleibe wichtig, die Resultate von Experimenten mit iPS-Zellen mit denen von ES-Zellen zu vergleichen, so Schwamborn.
Autor: Michèle Weber
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Infobox
Als Zelle bezeichnet man die kleinste strukturelle Einheit des Körpers. Zellen fügen sich zusammen, um Gewebe und Organe zu bilden. Jedes Organ besteht aus unterschiedlichen Zelltypen, wie z.B. Haut-, Blut- oder Leberzellen.
In jedem Organ findet man sogenannte Stammzellen. Diese haben eine besondere Rolle: sie ermöglichen dem Organ zu wachsen, sich selbst zu erhalten und zu erneuern. Dies ist nicht nur bei Neugeborenen der Fall: auch erwachsene Organe beinhalten Stammzellen und müssen regelmäßig „gewartet“ werden. So bilden beispielsweise Stammzellen, die tief in der Haut liegen, ständig eine neue Schicht Hautzellen die langsam von innen nach außen verlagert wird. Damit aus einer Stammzelle ein spezialisierte Zelle wird, muss die Stammzelle ein bestimmtes Signal aus der Umgebung erhalten, sich teilen und durch einen Prozess den man Differenzierung nennt eine ausgereifte Zelle bilden.
Pluripotent bedeutet vielfältig. Pluripotente Zellen sind „Alleskönner-Zellen“. Sie besitzen die Möglichkeit zu jeder beliebigen Körperzelle heranzureifen.
Embryonale Stammzellen (ES-Zellen) sind die pluripotenten Vorläufer für sämtliche Körperzellen im Embryo. ES-Zellen werden für experimentelle Zwecke nach künstlicher Befruchtung einer Eizelle im Embryo-Entwicklungsstadium aus der bis dahin entstandenen Zellmasse gewonnen. Diese Art der Stammzellengewinnung aus menschlichen Embryos ist umstritten, da hierfür die Zerstörung von Embryos notwendig ist. Kritiker sind der Meinung, dass ein Embryo zu jedem Zeitpunkt ein menschliches Lebewesen darstellt und daher geschützt werden muss. Befürworter hingegen unterstützen den Gebrauch von ES-Zellen, da sie großes Potential für die Zukunft der Medizin, insbesondere der regenerativen Medizin haben.
Induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) sind pluripotente Stammzellen, die durch künstliche Reprogrammierung von nicht-pluripotenten, ausgereiften, erwachsenen Zellen im Labor entstehen. iPS-Zellen ähneln embryonalen Stammzellen stark und haben hohes Potential für die Zukunft der Medizin, da für ihren Gebrauch keine Embryos zerstört werden müssen und iPS-Zellen auf den jeweiligen Patienten angepasst sind. Für die Entwicklung der Technik zur Herstellung von iPS-Zellen erhielt Shinya Yamanaka im Jahr 2012 den Nobelpreis für Medizin.
Neurone oder Nervenzellen sind spezialisierte Körperzellen die Informationen durch chemische und elektrische Signale übertragen.
Parkinson ist eine sogenannte neurodegenerative Krankheit, die hauptsächlich bei älteren Menschen vorkommt. Das bekannteste Symptom der Parkinson-Krankheit sind Bewegungsstörungen, verursacht durch Absterben von Nervenzellen im Gehirn. Weniger erforscht sind die Ursachen anderer Symptome, wie etwa reduzierte Wahrnehmung oder Riechfunktion. Es wird vermutet, dass einige dieser durch Defekte in neuralen Stammzellen verursacht werden - jene Zellen, die im Gehirn die Nervenzellen bilden.