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Hirngewebe erlaubt Annahmen zu Verhaltensweisen eines Patienten
Für Michel Mittelbronn definiert das Hirn den Charakter eines Menschen. Und der Charakter kann verändert werden, wenn der Mensch an einer neurologischen Störung leidet. Dem Wissenschaftler genügt ein Blick auf das Gehirn, um Annahmen über typische Verhaltensweisen eines verstorbenen Patienten zu machen. Michel Mittelbronn liest an Veränderungen im Gehirn ab, ob und an welcher neurologischen Erkrankung ein Patient gelitten hat. Hat beispielsweise ein Teil des Mittelhirns seine typische dunkle Farbe verloren, war der Patient mit hoher Wahrscheinlichkeit an Parkinson erkrankt und hat an Bewegungsstörungen gelitten. Bei Parkinson-Patienten sterben die Nervenzellen ab, die das dunkle Pigment Neuromelanin enthalten und in einem gesunden Gehirn für eine dunkle Farbe sorgen.
Neuroonkologie – Krebserkrankung des Nervensystems
Neben Studien zu neurodegenerativen Erkrankungen untersucht Michel Mittelbronn mit seiner Forschergruppe zur Neuroonkologie bösartige Hirntumore. Hirntumore entstehen, wenn Krebszellen die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Sie können dann abgegrenzte Strukturen bilden oder zu den besonders gefährlichen Glioblastomen heranwachsen, die sich durch das Gehirn schlängeln. Glioblastome sind operativ nicht zu entfernen und müssen medikamentös behandelt werden. Die Forscher wollen daher wissen, welche Faktoren das Wachstum von Glioblastomen begünstigen und wie auch wachstumshemmende Medikamente die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Im Video ist zu sehen, wie Professor Mittelbronn ein menschliches Gehirn zerschneidet um die Effekte einer Parkinson-Erkrankung zu demonstrieren und wie er mit einer älteren Patientin spricht, die die Operation eines gutartigen Gehirntumors überstanden hat.
Eine Datenbank mit humanem Hirngewebe
Für seine Forschung benötigen Michel Mittelbronn und sein Team Hirngewebe von verstorbenen Patienten und Gesunden. In sogenannten Hirnbanken wird menschliches Hirngewebe gesammelt, um für wissenschaftliche Untersuchungen genutzt zu werden. Um Zugang zu möglichst vielen Gewebeproben zu erhalten, wollen Michel Mittelbronn und seine Kollegen zusammen mit anderen Kooperationspartnern eine solche Hirnbank in Luxemburg etablieren.
Das FNR Förderprogramm PEARL
Mit dem Förderprogramm PEARL unterstützt der Fond National de la Recherche (FNR) ausgewiesene Wissenschaftler mit bis zu 5 Millionen über einen Zeitraum von 5 Jahren. Die Förderung soll den Standort Luxemburg für Spitzenforscher attraktiv machen und innovative Projekte an akademischen Einrichtungen voranbringen.
Zur Person
Michel Mittelbronn ist Professor für Neuropathologie und leitet das Luxembourg Centre of Neuropathology (LCNP), das aus einer Initiative des Luxembourg Institute of Health (LIH) und dem Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB) an der Universität Luxemburg, sowie dem National Health Laboratory (LNS) hervorgegangen ist. Am Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB) ist er für eine Forschergruppe zu neurodegenerativen Erkrankungen verantwortlich, sowie am Luxembourg Institute of Health (LIH) für eine Forschergruppe zur Neuroonkologie. Er ist außerdem der Leiter der Pathologie Abteilung am National Health Laboratory (LNS). Bevor Michel Mittelbronn 2017 als FNR PEARL Chair ans LNS kam, war er acht Jahre lang am Edinger Institut in Frankfurt Leiter von zwei Neuropathologie-Forschungsgruppen.
Autor & Video: scienceRELATIONS