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Ein Gespräch mit Daniela Hau und Dr. Robert Reuter vom Fachbereich Psychologie der Universität Luxemburg.

Biografien

Daniela Hau

Daniela Hau ist freie Doktorandin an der Universität Luxemburg im Fachbereich Psychologie. In ihrem Forschungsprojekt beschäftigt sie sich mit dem grundlegenden Verständnis und der Einstellung von Lehrkräften gegenüber Künstlicher Intelligenz in der Bildung. Darüber hinaus leitet sie die Abteilung "Innovation" des SCRIPT (Service de Coordination de la Recherche et de l'Innovation pédagogiques et technologiques), eines Teils des luxemburgischen Bildungsministeriums. Dort umfasst ihre Arbeit insbesondere die Bereiche AI und Data Literacy, Media Literacy sowie Digital Game-Based Learning. Sie ist in zahlreichen europäischen Arbeitsgruppen und Projekten zu Künstlicher Intelligenz, digitalem Lernen und Bewerten sowie Media Literacy aktiv.

Robert Reuter

Dr. Robert Reuter ist Dozent für Psychologie an der Universität Luxemburg. In seiner Forschung und seiner Lehre interessiert er sich für den strategischen Einsatz von digitalen Medien und Technologien in Lehrtätigkeiten und für die sozio-kulturellen Veränderungen des Lernens, die durch die digitale Revolution bewirkt werden. Seine Arbeit zielt darauf ab, unser Verständnis der komplexen Wechselwirkungen zwischen Technologie, Lernen und Gesellschaft zu verbessern und eine effektive und sinnvolle Nutzung digitaler Medien und Technologien in der Bildung zu entwickeln. Als Doktorand hat er vor über 20 Jahren bereits künstliche neuronale Netzwerke eingesetzt, um menschliche Lernprozesse besser zu verstehen.

Über was haben Sie ganz besonders gestaunt, was Künstliche Intelligenz im Bereich Bildung kann?

Daniela Hau

Es ging ums Thema Künstliche Intelligenz und Kreativität, Kunst und Nachhaltigkeit, aber auch gleichzeitig um das Problem, dass wir immer wieder neue Abbildungen benötigen. Und dann haben wir eben mit einem KI-gestützten Programm relativ viele Tests gemacht, um herauszufinden, was da alles dargestellt werden kann. Und je tiefer wir in dieses System DALL-E 2 reingingen, desto überzeugender wurde das Ergebnis.

Wir haben einige Stichworte eingegeben, zum Beispiel, dass wir ein Bild erstellen möchten, auf dem Superman gegen einen gewaltigen Müllberg ankämpft. Und aus dieser Vorgabe entstand dann ein Bild. Also das ist beeindruckend, wie aus geschriebenen Worten ein Bild entstehen kann, das tatsächlich einem künstlerischen Anspruch und einer gewissen Kreativität gerecht wird.

Wir hatten das dann im Kunstunterricht unter dem Thema diskutiert, wie Kunst entstehen kann. So ein Bild ließe sich aber auch im Sprachunterricht als Schreibanlass verwenden, also um darüber eine Geschichte zu schreiben.

Diese Kreation stammt von DALL-E 2, einem Bildgenerator der neuesten Generation, der auf KI basiert und von der US-Firma OpenAI entwickelt wurde. Das Team von Daniela Hau hat mitgeteilt, was es haben will, und dann lieferte das Programm diese Bildkreation.

Es ist auch erstaunlich, welche KI-gestützten Features bereits in allgemein genutzten digitalen Anwendungen vorhanden sind. So haben wir uns in der vergangenen Woche nochmals konkret mit den Unterstützungssystemen in Microsoft Word auseinandergesetzt. Hier bietet die Funktion „Plastischer Reader“ nicht nur die Möglichkeit, sich den Text laut vorlesen zu lassen, sondern auch die Darstellung des Textes anzupassen. So kann beispielsweise die automatische Silbentrennung bei der Worterkennung und Aussprache helfen. Der Zeilenfokus verringert Ablenkungen für Schüler mit Konzentrationsschwierigkeiten.

Auch die Funktion „Lesefortschritt“ in Office365 Teams, das in vielen Luxemburgischen Sekundarschulen im Einsatz ist, bietet einfache, aber überzeugende Unterstützungsmöglichkeiten: Wenn ich eine Aufgabe zur Förderung der Leseflüssigkeit an meine Schüler vergebe, kann ich „Lesefortschritt“ auswählen und die Schüler haben die Möglichkeit, einen von mir vorgegebenen Text in ihrer Geschwindigkeit und mit so vielen Wiederholungen, wie sie selbst möchten, zu üben und mir die Audiodatei hochzuladen. Ich erhalte als Lehrkraft dann bereits eine Übersicht in Form eines Dashboards mit Angaben zu richtig ausgesprochenen Worten pro Minute, Korrektheit und anderen Kriterien. Das Feedback geht dann auch „objektiv“ an die SchülerInnen, so dass sie sich selbst einschätzen können.

Dr. Robert Reuter

Mich hat tatsächlich ChatGPT beeindruckt, ein auf KI basierender Chatbot der US-Firma OpenAI, der seit November 2022 als Prototyp verfügbar ist. Ich habe dieser KI Prüfungsfragen gestellt, die ich sonst meinen Studierenden im Bereich Lehramt Grundschule gestellt habe. Und ich fand, dass die Antwort von ChatGPT sprachlich, aber auch inhaltlich und von der Struktur des Textes her besser war, als die von Durchschnittsstudierenden.

Das hat mich dann schon erstaunt! Obwohl ich eigentlich wusste, dass der Algorithmus nicht versteht, was meine Frage bedeutet und einfach nur die passendsten Worte voraussagt, wirkt es trotzdem, als ob diese KI irgendwie die Frage verstanden hat und auch versteht, was die zugehörige Antwort ist. Aber ich bin mir trotzdem bewusst, dass es eine Illusion ist. Aber diese Illusion ist schon sehr stark!

„Lehrtätigkeit hat noch nie nur darin bestanden, Wissen zur Verfügung zu stellen. Deshalb kann eine KI Lehrerinnen und Lehrer nicht ersetzen. Ich glaube eher, dass die Lehrkräfte, die diese Systeme einsetzen, früher oder später Diejenigen ersetzen werden, die sie nicht einsetzen.“

Mit Summit Learning (Facebook), Google Classroom oder Apple Education gibt es in den USA heute schon vollautomatisierte Systeme für eine Beschulung per Netz und Cloud in Luxemburg. Sind menschliche Lehrende ein Auslaufmodell?

Dr. Robert Reuter

Diese Frage wird schon seit Jahrzehnten gestellt. Das gedruckte Lehrbuch gibt es ja schon lange, und auch damals wurde gefragt, braucht man dann noch Lehrer? Die Antwort hängt davon ab, wie man Wissen und Lernen definiert. Wenn man sagt, das Wissen fällt vom Himmel, metaphorisch gesprochen, und es ist einfach in diesem Medium drin. Und Lernen beschränkt sich darauf, das auswendig zu lernen, dann brauchen wir natürlich keine Lehrer. Aber ich glaube, Lehrtätigkeit hat noch nie nur darin bestanden, Wissen zur Verfügung zu stellen. Deshalb kann eine KI Lehrerinnen und Lehrer nicht ersetzen. Ich glaube eher, dass die Lehrkräfte, die diese Systeme einsetzen, früher oder später Diejenigen ersetzen werden, die sie nicht einsetzen.

Daniela Hau

Ja, KI wird in Zukunft die Lehrkräfte nicht ersetzen. Ich hoffe sogar, dass sie sie unterstützen wird. Wenn wir über Schule sprechen, sollten wir auch darüber sprechen, was beim Lehren und Lernen wichtig ist und wo die eigentlichen Probleme liegen: Lehrermangel, wachsende Heterogenität von Schülerschaft, neue Kompetenzen, die gefordert werden sowie zunehmende Arbeit in den Bereichen Organisation und Administration. Ich denke, genau in diesen Feldern kann KI tatsächlich unterstützen – in dem Sinne, dass Lehrkräfte wieder mehr Zeit haben, sich um den einzelnen Schüler oder einzelne Schülergruppen zu kümmern.

Wir wollen Differenzierung und individualisiertes Lernen, aber wir wollen sicherlich keine Schüler, die völlig allein - von einem System geleitet - für sich selbst lernen. Sondern wir haben das Konzept „Schule“ ja von jeher auch als Ort des sozialen Austauschs definiert. In der COVID-Phase haben wir gesehen, dass auch in der Online-Welt soziale Elemente ganz wichtig sind beim Lernen. Und da wird der Lehrer seine Rolle definitiv behalten bzw. sie wird sogar – auch dank KI - noch in den Vordergrund rücken: Wenn ich als Lehrer zum Beispiel mehr im eins zu eins oder in der Kleingruppe arbeiten kann, weil ich gewisse Aufgaben eben nicht mehr erledigen muss.

Dr. Robert Reuter

Also zum Teil glaube ich, dass gewisse Tätigkeiten, für die wir bisher Lehrer gebraucht haben, ersetzbar sind, etwa durch Medien oder Maschinen. Wenn es darum geht, dass die Schüler und Schülerinnen autonomer werden, dass sie nicht unter Beobachtung eines Menschen stehen müssen.

Wenn ich zum Beispiel in einem Computerspiel ein Level nicht schaffe, dann sagt die Maschine: „nicht geschafft.“ Ich empfinde das aber nicht als beschämend. Wenn ein Mensch immer wieder sagt, du hast das nicht geschafft, kann das schnell beschämend werden, weil es ja eine soziale Bindung gibt. Eine soziale Bindung kann Vor- und Nachteil zugleich sein.

Daniela Hau

Wir sind in Luxemburg im Rahmen des Erasmus+ Projekts „AI4T – AI for and by teachers“ dabei, verschiedene KI-Systeme für den Sprachenunterricht zu testen. Da haben wir Anwendungen wie Vocacoach eingesetzt oder das in Powerpoint implementierte Coach-Feature. Dadurch sind Schüler in der Lage, frei zu sprechen, Präsentationen zu üben oder Texte laut vorzulesen. Und das System analysiert dabei die Aussprache, die Geschwindigkeit, die Korrektheit und die Schüler bekommen dann eine Übersicht als Rückmeldung nach diesen objektiven Kriterien. Viele Schüler haben zurückgemeldet, dass sie damit lieber üben, als mit Lehrern, die dann doch irgendwann genervt sind. Das System gibt auch beim hundertsten Mal noch gelassen dieselbe Rückmeldung.

„Eine KI merkt schneller als ein Lehrer, wenn ein Schüler auf einen Misserfolg zusteuert und kann dann Alarm schlagen.“

Was leistet KI denn noch im Bereich Schule?

Dr. Robert Reuter

Den Bereich digitale Lernmaterialien finde ich als Lehrender spannend. Nehmen wir an, ich brauche jetzt spontan einen Beispieltext für einen Vergleich eines wissenschaftlichen Texts gegenüber einem journalistischen Text. Dabei geht es darum, die Stilunterschiede zu verstehen. Das muss ich mühsam vorbereiten. Oft finde ich nicht das Passende und die Beispieltexte behandeln dann unterschiedliche Themen. Statt selbst zu suchen, könnte ich hier ChatGPT einsetzen und sagen: Bitte schreib mir etwas über den Einfluss von sozioökonomischen Status auf den Lernerfolg, einmal, wie es in einer Wochenzeitung wäre, und zum anderen, wie es in einem wissenschaftlichen Artikel wäre. Und dann bekomme ich sofort zwei Texte, die direkt vergleichbar sind.

Daniela Hau

Ich kann ChatGPT zum Beispiel auch sagen, verfasse ein Gedicht im Stil von Edgar Allan Poe. Ich stelle also der KI eine Aufgabe, die ich normalerweise meinen Schülern gestellt hätte. Meinen Schülern stelle ich jetzt stattdessen eine andere Frage. Ich gebe ihnen den Text der KI und stelle die Aufgabe: Was ist an diesem Text Edgar-Allan-Poe-Style? An welchen Adjektiven, an welchen Redewendungen macht ihr das fest? Das heißt, ich gehe weg von der Textproduktion hin zum Analysieren und sehe dann auch die Diskussion, die wir darüber führen, als Lernergebnis.

Dr. Robert Reuter

Außerdem, was Daniela auch angesprochen hat: automatisierte Bewertung. Ich finde das spannend, weil im klassischen drill-and-practice-Unterricht, auch bei einer Übungs- und Lern-Software, ist die Bewertung vorprogrammiert - und das oft nicht sehr flexibel: Ich stelle eine Frage, eins plus eins ist gleich X, und ich soll X sagen, und wenn ich aber nicht „zwei“ sage, kriege ich die Rückmeldung „falsch“, wenn ich „zwei“ sage „richtig“. Dieser Typ von Aufgabenstellung ist natürlich sehr begrenzt. Wenn ich aber ein automatisiertes Analyse- und Evaluationsprogramm durch eine KI realisieren kann, ist das toll. Weil dann kann ich auch zu kreativen und produktiven Aufgabenstellungen Rückmeldung geben, wie zum Beispiel zu einem Essay von drei Seiten. Ich kann dann auch zu den Studierenden oder Schülern sagen, lass mal die KI darüber laufen und dir Feedback geben.

Skeptischer bin ich beim Thema Überwachen, also Learning Analytics. Das ist nämlich in der Forschung immer schon ein Traum gewesen: Die Maschine beobachtet die Lernenden und findet heraus, was gute Prädiktoren für einen Lernerfolg sind. Dabei geht es zum Beispiel um Klickverhalten, Arbeitszeiten und so weiter.

Eine KI merkt schneller als ein Lehrer, wenn ein Schüler auf einen Misserfolg zusteuert und kann dann Alarm schlagen. Einem Menschen dagegen mit 25 Schülern fehlen die zeitlichen oder kognitiven Ressourcen dafür. Wenn ich „eins plus eins gleich elf“ sage, weiß ich noch, was da wahrscheinlich im Kopf passiert ist. Aber bei komplexeren Aufgaben, ist das schwieriger.

„Nach Bekanntgabe der Ergebnisse skandierten Hunderte von Schülern vor dem britischen Bildungsministerium „F... the algorithm.“

Daniela Hau

Bei den KI-gestützte automatischen Bewertungssystemen ist das zuletzt, ich glaube im Jahr 2020, in Großbritannien relativ schiefgegangen. Und das hat dem Ganzen auch einen Dämpfer gegeben.

Was ist da passiert?

Daniela Hau

In der Phase der COVID-Pandemie wurden tausende von Abiturprüfungen durch ein automatisches Bewertungssystem evaluiert. Nach Bekanntgabe der Ergebnisse skandierten Hunderte von Schülern vor dem britischen Bildungsministerium „F... the algorithm“. Der eingesetzte Algorithmus, also das statische Modell, wurde so entwickelt, dass die Ergebnisse landesweit standardisiert waren. Es schränkte damit aber auch ein, wie viele Schüler bestimmte Noten erreichen konnten. Außerdem basierten die Ergebnisse auf den früheren Leistungen der Schulen. Wer auf einer Schule war, deren Abschlussjahrgänge in der Vergangenheit schwächer waren, dessen Prüfungsergebnisse wurden herabgestuft. Das betraf etwa 40 Prozent aller Abschlussnoten. Und das war ein Desaster, so dass sie dann zurückgerudert sind.

Dr. Robert Reuter

Das Problem war außerdem, dass man vor Gericht schlecht darlegen konnte, worauf sich die Benotung der KI basiert. Bei menschlichen Evaluatoren kann man zumindest die Illusion aufrechterhalten, dass die sich auf irgendwelche nachvollziehbaren Kriterien stützen.

Daniela Hau

Neben der Bewertung sind Chatbots als Assistenten ein weiteres Anwendungsfeld, wie z.B. ChatGPT. Die sind erfolgreich und relativ gut beforscht im Sprachenunterricht. Es gibt bei Chatbots insgesamt aber auch problematische Tendenzen. Dort tauchen sexistische, rassistische oder anders diskriminierende Ausdrücke auf und wir haben noch nicht verstanden, welche Keywords oder welches Eingabeverhalten dazu führt.

Ich sehe im Moment das größte Einsatzfeld von KI im Unterricht in der der Unterstützung von Schülern. Es gibt beispielsweise recht gut beforschte Intelligent Tutoring Systems. Das sind Systeme, die kontinuierlich Daten über den Leistungsstand der Schüler erheben, und auf dieser Basis das Schwierigkeitsniveau von Übungsaufgaben individuell anpassen. Da gibt es relativ viele Systeme im Moment auf dem Markt. Einige davon sind recht komplex. CenturyTech ist solch ein Anbieter, der während der COVID-Pandemie kurzzeitig in Belgien in 700 Schulen im Einsatz war.

Im Bereich des Übens und Testens haben wir schon heute KI-gestützte Anwendungen im Unterricht, wie: Duolingo for Education, bettermark oder kwyck .

„Sowohl Schüler als auch Lehrer können KI zu ihren Zwecken nutzen. Und wieso auch nicht?“

Dr. Robert Reuter

Ich halte auch Tools für hilfreich, die den Schülern erlauben, selbst mit KI etwas zu generieren, als mögliche Inspiration.

Zum Beispiel?

Dr. Robert Reuter

Wenn es darum geht, einen Text schreiben zu müssen: Dafür muss ich lernen, wie ich einen Text strukturiere, welche Besonderheiten es bei verschiedenen Genres gibt, ob es ein Theaterstück, ob es ein Roman ist oder was auch immer. Als Lernender kann ich mir von einer KI die Unterschiede zeigen lassen und mich inspirieren lassen.

Oder ich kann die KI einen Text schreiben lassen und ihn dann als mein Werk ausgeben.

Wahrscheinlich hätte ich sogar gute Chancen damit durchzukommen?

Dr. Robert Reuter

Nicht unbedingt, denn die Maschine macht es perfekter als der Mensch. Dabei geht es vor allem um das Formale, das Sprachliche. Dadurch könnten Sie auffliegen, es sei denn, Sie bauen Tippfehler ein oder schreiben es per Hand ab und machen dabei absichtlich Fehler.

Daniela Hau

Im Moment wird darüber ja viel diskutiert: ChatGPT sei das Ende der Schule, wie wir sie kennen! Schule werde durch Schummeln korrumpiert. Dabei wurde schon immer geschummelt. Außerdem können nicht nur Schüler mit ChatGPT „schummeln“, sondern auch die Lehrkräfte. Sie können sich Aufgabenstellungen schreiben lassen oder eine Zusammenfassung eines Buches. Sowohl Schüler als auch Lehrer können also KI zu ihren Zwecken nutzen. Und wieso auch nicht?

ChatGPT kann zum Beispiel auch programmieren bzw. Code generieren. Ich habe mit Lehrern gesprochen, die der KI gesagt haben, sie soll dabei bestimmte Fehler in einen Programmcode einbauen, die die Schüler dann als Aufgabe finden und korrigieren sollten.

Was wird sich im Zeitalter von KI an den Fähigkeiten oder Kompetenzen ändern, die erlernt werden sollen?

Daniela Hau

Meine Hoffnung ist, dass wir es schaffen wegzukommen von der Produktorientierung hin zu einer Prozessorientierung. Es geht dann nicht mehr darum, einen Text zu schreiben, einfach nur damit du ihn nachher hast. Sondern wir wissen ja, dass wir in einer Welt leben, in der KI Texte generieren kann, die „gar nicht mal schlecht“ sind. Deshalb verlegen wir uns darauf, diese zu analysieren, zu diskutieren und auseinanderzunehmen und vielleicht neu zu schreiben. Über die Stärkung dieser Fähigkeiten sprechen wir übrigens schon lange.

Und meine Hoffnung geht noch weiter. Vielleicht gelingt es uns - angestoßen durch die KI-Debatte - sogar eine noch breitere Diskussion zu führen, die überfällig ist: über Evaluation, die wir ändern können, über Hausaufgaben, die wir anders stellen können, so dass wir das Lernen und Lehren insgesamt über diesen Weg lernerzentrierter gestalten können.

Das heißt, Ihr Plädoyer ist von einem Lernen in der Breite hin zu einem Lernen in die Tiefe zu kommen?

Dr. Robert Reuter

Ich fürchte, dass Lernen in die Breite trotzdem notwendig sein wird, gerade wenn ich einschätzen will, ob die KI etwas phantasiert, oder ob es der Wirklichkeit entspricht, was sie produziert? Dafür brauche ich breites Wissen. Ich brauche Breite und Tiefe.

Aber die Zeit zum Lernen ist endlich. Wenn Sie mehr in die Tiefe gehen wollen, müssen Sie die Zeit doch in der Breite einsparen.

Dr. Robert Reuter

Ja, ich fürchte schon. Also da wird es einen Kompromiss geben müssen. Es muss nicht jeder dasselbe wissen, aber diese Prozesskompetenzen, die ein vertieftes Lernen beinhaltet, die braucht jeder, um sich mit neuen Wissensgebieten auseinandersetzen zu können.

„Es besteht die Gefahr, dass sich soziale Ungerechtigkeit verschärft, weil eine Schülerin Zugriff auf eine gute bezahlte KI hat, die andere aber nicht.“

„Global Education Industries“ (GEI)

Die Vorstellung von Bildung als einem öffentlichen, gesellschaftlichen Gut nimmt weltweit stetig ab. Bildung steht unter dem Druck der Vermarktung und Privatisierung. Sie wird zu einem Handelsobjekt. Besonders im angelsächsischen Raum ist diese Tendenz weit fortgeschritten und diese privaten Bildungsdienstleister werden als „Global Education Industries“ (GEI) bezeichnet. Dabei spielt die Verwertbarkeit des in der Schule Erlernten für Unternehmen eine zentrale Rolle.

Unternehmen und Wirtschaft stehen im Zeitalter der KI unter einem besonderen globalen Wettbewerbsdruck und kämpfen ums Überleben. Dabei gilt Bildung als entscheidende Ressource. Es gibt die Forderung: Schulen und Hochschulen in Luxemburg sollten sich strikt am angelsächsischen Konzept der Global Education Industries (GEI) orientieren und die bisherigen Curricula, Lerntheorien und pädagogischen Methoden vergessen. Bildung müsse ganz nach den Ökonomischen Bedürfnissen der Unternehmen ausgerichtet werden. Können Sie diesem Mantra folgen?

Dr. Robert Reuter

Ich erlebe bei vielen Lehrerinnen und Lehrern, auch im Umfeld von Gewerkschaften Widerstand gegen diese Forderung, dass die Wirtschaft diktieren darf, wie Bildung aussieht. Und ich verstehe das, aber ich glaube, dass Schule als gesellschaftliche Institution schon immer ein Spielball war auch von wirtschaftlichen Interessen.

Wenn die Schule die Kinder und Jugendlichen auf ihre Zukunft vorbereiten soll, dann müssen sie auch lernen später in der Arbeitswelt zurechtzukommen, um dort glücklich zu werden, im wahrsten Sinne des Wortes. Aber ich glaube, Schule hat darüber hinaus auch die Mission, Menschen auf Partizipation hin zu bilden in Gesellschaft und Kultur. Das bezieht sich auf soziale oder auch politische Tätigkeiten. Insofern fände ich es gefährlich, sich nur wirtschaftlichen Zwängen zu unterwerfen, weil wir dann über Bildungsziele und -methoden nicht mehr demokratisch zusammen entscheiden. Wäre in der Schule Kompetenzentwicklung in unserer Demokratie dann noch ein Thema?

Es gibt aber auch Ziele, in denen Ökonomie und Demokratieentwicklung Hand in Hand gehen: Früher habe ich als Schüler gelernt, sei kompetitiv, sei ein Einzelkämpfer. Und heute sagt uns die Wirtschaft zwar auch, sei kompetitiv, aber bitte im Team. Sei ein Teamplayer, damit dein Team gewinnt gegen das Team der anderen Firmen. Aber sei bitte kein Einzelkämpfer innerhalb deiner Firma oder deines Betriebes. Da hat sich etwas geändert, das Schule gutgetan hat.

Welche neuen ethischen Fragen stellen sich im Bereich der Bildung im Zeitalter der KI?

Dr. Robert Reuter

Es sind eher alte Fragen und Probleme, die jetzt durch KI besser sichtbar werden. Zum Beispiel soziale Ungerechtigkeit, die ist immer schon da gewesen. Aber es besteht die Gefahr, dass sie sich verschärft, weil eine Schülerin Zugriff auf eine gute bezahlte KI hat, die andere aber nicht. So kann ich mir oder meinen Kindern natürlich einen Vorteil erkaufen. Die Schere zwischen Arm und Reich könnte also noch stärker aufgehen. Aber ich glaube, das ist nicht durch die Schule oder durch die KI verursacht, sondern durch unsere wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.

Die COVID-Pandemie hat auch gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler, die ein gutes Netzwerk zu Hause hatten, familiär und technisch, viel besser durch den Lockdown gekommen sind. Die anderen haben unter dem Distanzunterricht gelitten oder sind sogar komplett auf der Strecke geblieben.

„Durch KI stellt sich die Frage nach der Überwachung verschärfter.“

Daniela Hau

Durch KI stellt sich die Frage nach der Überwachung verschärfter. KI-Systeme können Schüleraktivitäten sehr engmaschig tracken und das auch mit anderen Daten abgleichen. Das wirft ein akzentuiertes ethisches Problem auf.

Ähnliches gilt für den Bereich der Autonomie. Wir haben KI -gestützte Predictive Systems, die irgendwann in der Lage sein könnten, Schülern die passendste Laufbahn vorzuschlagen oder einen für ein vorgegebenes Ziel maßgeschneiderten Ausbildungs- und Lernweg planen. So könnte dem Menschen die Entscheidung über die eigene Laufbahn entgleiten und die Autonomie der Schüler wäre in Gefahr.

Statt Bevormundung durch die Eltern in Zukunft Bevormundung durch die Maschine?

Daniela Hau

Das ist ein Worst-Case-Szenario. Ich denke nicht, dass wir so weit kommen.

Dr. Robert Reuter

Aber zum Teil werden wir ja heute schon von KI beeinflusst, zum Beispiel durch Kaufempfehlungen bei Amazon. Das ist den meisten Menschen nicht unbedingt bewusst, dass das die Maschine ist.

Daniela Hau

Aber wenn wir im Beispiel bleiben, dann wäre es ja mehr als eine Empfehlung der Programme. Der Internethändler deines Vertrauens würde dir die Empfehlung einfach in den Warenkorb packen und liefern. Das heißt, du hättest gar nicht mehr die Wahlmöglichkeit.

Dr. Robert Reuter

Und es wird ethisch problematisch, wenn wirtschaftliche Interessen das steuern und es nicht auf ein höheres moralisches oder gesellschaftliches Ziel ausgerichtet ist.

Daniela Hau

Und bei einer KI können wir davon ausgehen, dass gewisse Interessen dahinterstehen, weil eine ethische, sich ihrer selbst bewusste KI noch nicht erfunden wurde.

Dr. Robert Reuter

Was momentan entwickelt wird und betrieben wird, soll immer auch Geld einbringen.

Noch mal speziell zu Luxemburg: Was brauchen wir in der jetzigen Situation an den Schulen?

Daniela Hau

Wir brauchen Weiterbildung für die Lehrenden. Aber um Weiterbildung anbieten zu können, brauchen wir auch eine Bereitschaft, daran teilzunehmen.

Da kann ich ein aktuelles Beispiel geben. Wir nehmen an dem Erasmus+ Projekt „AI4T – AI for and by teachers“ teil. Dabei geht es um Fortbildung und Sensibilisierung der Lehrerschaft zum Thema KI. Es sollen eventuell vorhandene Miskonzeptionen aufgebrochen werden, wie zum Beispiel: KI ist allumfassend. KI hat ein Bewusstsein. Wir haben aber gemerkt, dass es sehr schwer war, Lehrer zu finden, die an der Weiterbildung teilnehmen wollten. Teilweise erhielten wir die Rückmeldung, dass KI noch nicht so interessant sei. Vielfältige Weiterbildungsangebote und -bedarfe konkurrieren um die Aufmerksamkeit der Lehrerschaft in Luxemburg: Das geht von Gewaltprävention über neue Ansätze des Lesetrainings bis zur Weiterbildung im Bereich Cybermobbing.

Dr. Robert Reuter

Aber ChatGPT und DALL-E 2 haben die Rangfolge verändert im gesellschaftlichen Bewusstsein. Als Lehrerin oder Lehrer muss ich jetzt zumindest fürchten, dass bei Hausaufgaben ordentlich geschummelt wird.

„Das Vorhandensein digitaler Technologie im Klassenraum bedeutet nicht automatisch die Förderung digitaler Kompetenzen.“

Daniela Hau

Ich bin sehr gespannt, aber auch zuversichtlich, dass wir den Schritt von der großen Debatte in der Lehrerschaft und der teilweise abwehrenden Haltung im Sinne von „Ich wusste doch, dass KI der Bildung schadet“ hin zu einer produktiven Diskussion schaffen, in der wir sagen „Ich bin da offen, ich will es verstehen, um damit arbeiten und umgehen zu können“.

Was haben Sie in Luxemburg im Bereich der Fortbildung noch im Angebot?

Daniela Hau

Wir haben mit Elements of AI ein international sehr beachtetes und weit verbreitetes Weiterbildungsformat. Es handelt sich um einen freien Massive Open Online Course (MOOC), der von der Universität Helsinki und der finnischen Firma Reaktor entwickelt wurde. Ziel ist es, das Thema „KI“ zu entmystifizieren und großen Bevölkerungsteilen – auch ohne einen Hintergrund in Mathematik oder Informatik – die Grundzüge von KI zu vermitteln. 

Der Kurs Elements of AI ist sehr allgemein gehalten, er vermittelt mathematische und logische Grundlagen der KI. Aktuell bieten wir in Luxemburg begleitend zum Online-Kurs auch sogenannte Supportgruppen für Lehrer an, in denen die Inhalte gemeinsam diskutiert und auf die Bildung heruntergebrochen werden.

An den Schulen in Luxemburg blicken wir inzwischen auf etwa 30 Jahre Einsatz von IT zurück. Was konnte bisher an Mehrwert und Nutzen in Studien nachgewiesen werden?

Dr. Robert Reuter

Also ich habe einige wenige Studien gefunden, die Erfolge nachweisen konnten: im Bereich dynamische Geometrie, Mündlichkeit in Sprache, mathematische Kompetenzen, mit 3D-Druck Geometrie erlernen, forschendes Lernen in den Naturwissenschaften.

Dabei waren die Einsatzszenarien so aufgebaut, dass es eine gute Chance gab, dass die IT etwas bringen kann. Der potenzielle Mehrwert und der Nutzen waren dadurch quasi garantiert.

Daniela Hau

Ich würde das unterstreichen: das Vorhandensein von digitaler Technologie im Klassenraum bedeutet nicht automatisch die Förderung digitaler Kompetenzen. Es ist nicht die Frage des Vorhandenseins von Technologie, sondern die Frage, wie sie eingesetzt wird.

Ich habe unter anderem belastbare Studien zu „besserem“ Lernen oder Mehrwert speziell durch KI gesucht. Und da habe ich festgestellt, dass das bisher wenig erforscht ist. Es gibt ein paar Publikationen aus China zu ScribbleAI, das ist eine KI-gestützte Anwendung für die Schule. Aber ansonsten haben wir sehr wenig belastbare Daten. Und das Wenige, das es gibt, konzentriert sich oft auf die kognitive Dimension von Wissenserwerb, also eher Surface Learning. Das heißt, Studien, die zusätzlich Higher Order Skills oder kollaboratives Lernen mit KI untersuchen, gehen über die Phase von Pilotstudien noch nicht hinaus.

„Ich denke, dass wir in einzelnen Fächern oder Fachbereichen in fünf Jahren tatsächlich KI sinnvoll im Einsatz haben werden.“

Zum Schluss hätte ich gern von Ihnen eine Vision für den Unterricht in Luxemburg in fünf Jahren.

Dr. Robert Reuter

Ich bin ein bisschen desillusioniert. Seit 15 Jahren forsche ich zum disruptiven Potenzial von Informations- und Kommunikationstechnologie in Bildung und Lehre. Und dabei habe ich das Gefühl, es bewegt sich alles sehr langsam, obwohl die Welt der digitalen Technologien eigentlich exponentiell wächst. Insofern habe ich einfach nur die Hoffnung, dass KI eine gesellschaftliche Diskussion aller Akteure in dem Feld auslöst über grundlegende Fragen: was soll Schule, was sollen Bildungsprozesse bewirken? Welche Kompetenzen, welches Wissen, welche Fähigkeiten und welche Haltungen soll Schule vermitteln?

Daniela Hau

Ich habe noch ein bisschen mehr Illusionen und hoffe, dass die aktuelle Diskussion, uns so weit trägt, dass wir in einen Diskurs über Prüfungskultur kommen und darüber, wie Lehren und Lernen aussehen könnte. Wobei das keine neue Diskussion ist, sondern einfach eine durch die aktuelle technologische Entwicklung nochmals getriggerte Auseinandersetzung. Dabei geht es um Fragen, wie: Wie kann ich als Lehrer in dieser KI-Welt bestehen und meinem Beruf gerecht werden? Ich muss mich damit auseinandersetzen. Dazu braucht es das Bewusstsein, dass KI wirklich im Klassenraum angekommen ist.

Das wäre die große Utopie; als das eher Realistische sehe ich, dass wir in einzelnen Unterrichtsfächern, denke ich, in fünf Jahren tatsächlich KI als gut implementierte Hilfe einsetzen können. Ich würde da den Sprachenunterricht vorn sehen, einfach wegen der bereits heute fortgeschrittenen Text- und Sprachanalysen mit automatischen Übersetzungen, mit Essays Scoring -Systemen oder KI-gestützten Assistenzsystemen für Aussprache, Redegeschwindigkeit etc. Schriftlich ist das im Schulalltag weniger problematisch: Ich kann meine Schüler einen Text schreiben lassen, ich kann ihn mitnehmen, ich kann ihn zu Hause korrigieren. Ich kann aber nur bedingt 25 Schüler nacheinander etwas vorlesen oder etwas präsentieren lassen. Das heißt, ich denke, dass wir in einzelnen Fächern oder Fachbereichen in fünf Jahren tatsächlich KI sinnvoll im Einsatz haben werden.

KI ist …

Wir haben Daniela Hau, Dr. Robert Reuter und ChatGPT gefragt, was KI ist. Hier sind die Antworten:

Dr. Robert Reuter

Also, ich finde, der Begriff künstliche Intelligenz ist überbewertet, weil wir hier mit einem Begriff arbeiten, den wir aus der zwischenmenschlichen Beziehung kennen. Und auch da ist Intelligenz sehr schwer greifbar. Was ist Intelligenz im Endeffekt? Das ist ein Konstrukt, wo wir denken, unser Gegenüber macht da irgendetwas im Kopf, das Sinn macht. Und es ist kreativ, basiert aber auch auf Wissen.

Ich unterscheide zwischen klassischer Künstlicher Intelligenz und zeitgenössischer Künstlicher Intelligenz: Die klassische KI ist symbolisch. In seit den 1950ern Jahren wurde versucht, mit vorgefertigten Regeln, also mit Symbolen, zu arbeiten. Die wurden dann in Form von Computerprogrammen geschrieben, waren aber auch verbalisierbar. Das heißt, jemand, der diese Befehle hört, versteht, was die Maschine machen soll. Dabei hat sich gezeigt, dass dieser klassische Ansatz seine Grenzen hat. Denn man muss ja als Entwickler die Lösung eigentlich schon vorab kennen und dann wendet die Maschine das an. Das heißt, eigentlich kommt die Intelligenz doch vom Menschen.

Beim zeitgenössischen maschinellen Lernen, also bei künstlichen neuronalen Netzwerken ist der Ansatz anders: Man geht davon aus, das Netzwerk, also der Computer, der Algorithmus, das Modell weiß anfangs eigentlich noch nichts. Ist eine tabula rasa und lernt dann anhand von sehr viel Input, Vorhersagen zu machen. Dabei nutzt es Strukturen aus den Daten, die ein Mensch nie entdecken würde. Die Cognitive Science Forschung zeigt, dass der so entstehende Output sehr nah an unsere Erwartungen herankommt über das, was im Kopf eines Menschen vor sich geht.

Daniela Hau

Meine kurze Definition von KI: Das Ziel von KI-Forschung ist, das menschliche Denken, Entscheiden und Problemlöseverhalten computergestützt ab- und nachzubilden.

KI ist bekannt geworden durch Schach und Go, also durch Spiele. Und am Anfang war es ja so, dass tatsächlich die Regeln vorgegeben wurden, das heißt, das System wurde mit Regeln gespeist und das System hat aufgrund seiner Rechenkapazität so lange versucht und gegen sich selbst gespielt, bis es nachher einfach aufgrund der Rechenpower dem Menschen überlegen war. Bei der neueren KI ist es so, dass die Regeln gar nicht mehr vorgegeben wurden. Das heißt, das System hat sie sich selbst erschlossen und hat dadurch auch Spielzüge getätigt, die ein Mensch in dieser Form nicht machen würde. Und trotzdem ist KI den Schach- und Go-Großmeistern überlegen.

Dabei bringt der KI-Begriff für mich zwei Schwierigkeiten mit sich: Er ist ein moving target. Gerade wenn wir denken, wir haben KI definiert, kommt die nächste technologische Erfindung und unsere Definition deckt nicht mehr alle Facetten und Möglichkeiten ab. Das galt zum Beispiel für die alte klassische KI (good old fashioned AI, kurz GOFAI), die Bob angesprochen hat. Das heißt, es ist deswegen wirklich schwierig, eine allgemeingültige und langfristig geltende Definition zu finden.

Das zweite Problem ist, dass KI „unsichtbar“ ist und als Basistechnologie ein Teil verschiedenster digitaler Anwendungen ist, die augenscheinlich wenig gemeinsam haben. Wenn wir Lehrer fragen: Verwendest du KI im Unterricht? Wenn wir jemand auf der Straße fragen, verwendest Du KI? Dann lautet die Antwort meistens: Vielleicht. Denn KI ist eine Basistechnologie, die versteckt in vielen verschiedenen Anwendungen unseres (Schul-)Alltags enthalten ist: Ganz egal, ob in meinem Navigationssystem oder in der Gesichtserkennung meines Handys. Allenfalls besteht ein Konsens darüber, dass KI die Möglichkeit hat, Sachen wahrzunehmen, Muster zu erkennen oder eben auch selbständiges Lernen zu simulieren. KI kann Entscheidungen treffen, Vorhersagen machen und relativ eigenständig Lösungen für klar definierte Problemstellungen finden. Das sind für mich so essenzielle Features von KI.

Die Antwort von ChatGPT auf: "Was ist Künstliche Intelligenz? Bitte gib eine Definition in 5 Sätzen."

„Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Teilgebiet der Informatik, das sich mit der Schaffung von Systemen beschäftigt, die menschenähnliche Intelligenz aufweisen. Diese Systeme können Aufgaben lösen, die sonst nur von Menschen erledigt werden können, wie zum Beispiel Probleme lösen, Entscheidungen treffen und Lernen. KI kann auf verschiedene Arten implementiert werden, einschließlich maschinellem Lernen, Expertensystemen und neuronalen Netzen. Die Hauptziele von KI sind es, Systeme zu schaffen, die menschenähnliche Fähigkeiten besitzen, und die Interaktion mit Menschen und anderen Systemen zu verbessern. Es wird erwartet, dass KI in Zukunft eine wichtige Rolle in vielen Bereichen spielen wird, einschließlich Geschäft, Bildung, Gesundheitswesen und Unterhaltung.“

 

Das Gespräch führte Reinhart Brüning
Editoren: Jean-Paul Bertemes, Lucie Zeches (FNR)

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