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Einige Covid-19 Patienten landen im Krankenhaus (links), während andere nur milde Erkältungssymptome verspüren (rechts)

Die Krankheitsverläufe von Menschen, die positiv auf Sars-CoV-2 getestet werden, sind sehr unterschiedlich. Einige Menschen bemerken überhaupt keine Symptome, für viele andere verläuft der Krankheitsverlauf mild, für wieder andere durchaus heftiger, aber ohne ins Krankenhaus zu müssen. Und dann gibt es Patienten, die im Krankenhaus oder sogar in der Intensivstation behandelt werden müssen. Es ist dieser Andrang auf die Intensivstationen, der die Gesundheitssysteme in die Knie zwingt.

Was passiert bei einer Infektion mit Sars-CoV-2 im Körper? Was genau ist die Krankheit Covid-19?

Patienten mit schlimmeren Verläufen kämpfen nicht nur mit dem Virus, sondern auch mit sich selbst. Mit ihrem eigenen Immunsystem. Denn dieses ins Chaos zu stürzen, das ist die eigentliche Krankheit, die das neue Coronavirus Sars-CoV-2 auslöst. Zwar haben die Intensivpatienten jede Menge Antikörper gegen das Virus im Blut, doch diese schaffen es nicht, die Infektion unter Kontrolle zu bringen. Einige dieser Patienten werden sterben, andere werden noch Monate, wenn nicht Jahre an den Folgen der Krankheit leiden. Woher kommt das?

In diesem Artikel versuchen wir etwas detailliertere Antworten auf einige Fragen rund um die Immunantwort auf Sars-Cov-2 und die unterschiedlichen Krankheitsverläufe von Covid-19 zu geben. Um den Artikel übersichtlicher zu gestalten, haben wir die einzelnen Fragen alle als aufklappbare Kästchen strukturiert. Sag uns gerne in der Umfrage am Ende des Artikels, ob Dir diese Darstellung gefällt oder nicht.

Zunächst beginnt alles ganz harmlos, so wie es unser Körper vom Kontakt mit unzähligen anderen respiratorischen Viren her kennt. Als erstes befällt Sars-CoV-2 jene Zellen, die die oberen Atemwege in Nase und Rachen auskleiden. Es programmiert die Zellen um, so dass sie beginnen, Viren herzustellen. Das aktiviert die sogenannte «natürliche Immunabwehr» oder angeborene Immunantwort. Diese bildet zusammen mit der «erworbenen Immunabwehr» die zwei Arme des Immunsystems: Erstere bombardiert die Eindringlinge mit Abwehrstoffen und haut dabei ziemlich wahllos um sich, ist dafür aber sehr schnell; Zweitere ist langsamer, dafür aber mit spezifischen Antikörpern und Immunzellen zielgenau auf den zu bekämpfenden Erreger ausgerichtet.

Bei einer Infektion mit einem normalen Erkältungsvirus funktioniert die natürliche Immunantwort so: Sensoren der befallenen Zelle nehmen wahr, dass sich irgendein fremdes Erbgut eingeschlichen hat. Sie setzen eine Art Notruf ab, der dazu führt, dass Botenstoffe, sogenannte Zytokine und Chemokine, gebildet werden. Einige dieser Stoffe, Interferone genannt, verhindern, dass sich das Virus weiter vermehren kann. Andere funktionieren wie Alarmglocken, die Zellen des Immunsystems - Fresszellen und natürliche Killerzellen – zu Hilfe rufen. Diese attackieren und eliminieren befallene Zellen – so bildet sich etwa der Schleim, den wir bei einer Erkältung aushusten. Die Zytokine lösen Entzündungsreaktionen aus, es kommt zu Schwellung, Rötung, Schmerzen im Rachenraum.

Unterstützung erhält die natürliche Immunabwehr von der erwähnten erworbenen Immunabwehr, bei der die Spezialisten zum Einsatz kommen: Antikörper und Unterarten der weissen Blutkörperchen, die T- und B-Zellen. Die erworbene Immunantwort beruht auf einer Gedächtnisfunktion, dank der sich das Immunsystem Erreger merken kann. Damit sich dieses Gedächtnis aufbauen kann, müssen infizierten Zellen irgendwie signalisieren: «Ich bin infiziert, und zwar mit diesem Virus!» Dabei helfen Immunzellen der natürlichen Immunabwehr: sogenannte Makrophagen und dendritische Zellen. Sie zerlegen die Viruseiweisse in sehr kurze Teile und stecken sie sich wie eine Art Fähnchen auf ihre Oberfläche. Diese Fähnchen werden von spezialisierten Zellen des erworbenen Immunsystems erkannt, den zytotoxischen T-Killerzellen. Davon besitzt der Körper eine unvorstellbare Vielfalt: Rund 1000 000 000 000 000 verschiedene Arten sind es. Jede dieser Tausend Billionen T-Zellen erkennt ein anderes Fähnchen!

Bis in diesem Arsenal bei einer Virusinfektion die passende T-Killerzelle für einen Eindringling gefunden ist, dauert es zwar eine Weile. Doch ist dies geschehen, dann vermehrt sie sich zu einer ganzen Armee, die die infizierten Zellen durchlöchern, zerstören und dem Virus damit den Garaus machen kann. Aufräumen und die Überreste der kaputten Zellen auffressen, das ist die Arbeit der Makrophagen, auch Fresszellen genannt.

Neben den T-Killerzellen gibt es auch T-Helferzellen. Diese arbeiten mit wieder anderen Zellen des Immunsystems zusammen: den B-Zellen. Diese sind dafür verantwortlich, Antikörper gegen die Virusproteine herzustellen. Die Antikörper erkennen diejenigen Virusproteine, die für deren Eindringen in die Zellen oder deren Vermehrung wichtig sind. Bei Sars-CoV-2 zum Beispiel ist es das sogenannte Stachelprotein, das wie ein Schlüssel funktioniert, mit dem das Virus an Zellen in Nase und Rachen andockt und sie dadurch infiziert. Die Antikörper verkleben diese Andockstelle wie mit Kaugummi, so dass das Virus weder andocken noch infizieren kann.

diagram primary immune response

Abb. Vereinfachte Übersicht über die Prozesse, die an der primären Immunantwort beteiligt sind (Quelle: Wikimedia Commons; CC-BY-SA-4.0)

Mit diesen zwei Waffen, Antikörper einerseits und die zelluläre Immunabwehr andererseits, bekämpft das Immunsystem also eindringende Krankheitserreger wie eben das neue Coronavirus. Wenn die Infektion überstanden ist, reduziert sich die auf den Plan gerufene Armee an T- und B-Zellen wieder auf eine kleine Einheit: Die T- und B-Gedächtniszellen.

Taucht ein identisches oder sehr ähnliches Virus später wieder einmal auf, so können die Gedächtnis-Killerzellen schneller killen, und die Gedächtnis-B-Zellen kurbeln die Antikörperproduktion zügig wieder an. Somit ist die Immunantwort bei einem zweiten Angriff des Erregers schneller und stärker. Auf dieser Gedächtnisfunktion des Immunsystems beruht das, was wir gemeinhin als «immun» bezeichnen.

 

Wie das Immunsystem in der Theorie funktioniert, haben wir in den beiden ersten Fragen beantwortet. Soweit die Theorie. Doch ein Virus wäre kein gutes Virus, wenn es nicht einen Joker in der Hinterhand hätte. Bei Sars-CoV-2 heisst dieser Joker: Schnelligkeit. «Das Virus ist an das Immunsystem der Fledermäuse angepasst, die einen viel schnelleren Stoffwechsel haben als wir Menschen», sagt Christine Falk, Professorin für Transplantationsimmunologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. «Es vermehrt sich sehr schnell, wodurch es der natürlichen Immunabwehr des Menschen leicht entkommt.»

Wie wichtig der Faktor Geschwindigkeit ist, verdeutlicht sich am Beispiel der Kinder, bei denen eine Sars-CoV-2-Infektion ja weitestgehend symptomlos verläuft. Ihre natürliche Immunabwehr ist schießwütiger und schneller als die von Erwachsenen. Dies mit gutem Grund: Wegen ihres noch kurzen Lebens können sie noch nicht auf ein gutes Immungedächtnis und eine starke erworbene Immunabwehr zurückgreifen. « Es gibt Hinweise darauf, dass die Schnelligkeit und das Ausmaß ihrer angeborenen Immunantwort Kinder vor der Auslösung einer Infektion schützen könnten “, sagte Alasdair Munro, der ansteckende Kinderkrankheiten am University Hospital Southampton in England erforscht, in einem Interview gegenüber Nature. « Dieser Effekt ist jedoch schwer zu untersuchen und wirft die Frage auf, warum er bei anderen Viren, die bei Kindern schwere Krankheiten verursachen können, nicht auftritt », sagte er.

Wie genau Sars-CoV-2 der natürlichen Immunabwehr bei Erwachsenen entwischt, wird derzeit noch untersucht. Dabei zeigen immer mehr Studien, dass es in dem dafür wichtigen Interferon-1-Signalweg herumpfuscht. Ausgerechnet diese Typ-1-Interferonantwort wäre eigentlich dazu da, die Vermehrung des Virus zu unterdrücken. Geschieht dies nicht, hat der Erreger freie Bahn und macht sich auf den Weg in die tiefergelegenen Atemwege und die Lunge. Dort gibt es sogenannte «gewebsständige Immunzellen», sowohl Fresszellen als auch T-Zellen, die sozusagen die Vor-Ort-Patrouille der Lunge bilden. Diese Zellen können es schaffen, das Virus auch dann noch effektiv zu bekämpfen, wenn es schon in der Lunge ist – je nachdem wie stark das Immunsystem ist.

Schafft es die Vor-Ort-Patrouille aber nicht das Virus unter Kontrolle zu bringen, setzt sich eine folgenschwere Kaskade in Gang. Das Virus frisst sich immer tiefer in die Lunge bis in die Lungenbläschen. Die gewebsständigen Immunzellen versuchen dies zu verhindern. Fresszellen attackieren die befallenen Lungenzellen. Es entsteht Schleim, wodurch die Lungenbläschen verkleben und der Gasaustausch gestört ist. Resultat ist eine Lungenentzündung. Um diese zu bekämpfen läuten nun die gewebsständigen Immunzellen wie verrückt die Alarmglocken, um Hilfe herbeizurufen. Zum Beispiel die T-Killerzellen, welche befallene Zellen zerstören könnten: Sie schütten immer mehr Botenstoffe aus, die Entzündungen hervorrufen. Es beginnt der sogenannte Zytokinsturm. Drauf kommt es zu einer überreaktion des Immunsystems und zu heftigen Entzündungsreaktionen. Und zwar nicht mehr nur in der Lunge, sondern auch in den Blutgefässen, deren Netze die hauchdünne Gewebsschicht der Lungenbläschen durchziehen. Schliesslich wird das gesamte Gefäss- und Gerinnungssystem in Mitleidenschaft gezogen, wodurch es zu Thrombosen, Herz-Kreislauf-Problemen bis hin zu Nervenschädigungen kommen kann. Ein folgenschweres Chaos, das Immunologen – fachlich korrekter – als Immunpathologie bezeichnen.

Doch es kommt noch schlimmer. Christine Falk und ihr Team erforschen die Langzeitfolgen der Krankheit Covid-19 und haben dazu auch das Blut von Patienten untersucht, die auf der Intensivstation liegen. Dabei machten sie eine erschreckende Entdeckung: Das Blut der Schwerkranken enthielt zwar Antikörper gegen Sars-CoV-2, aber die wichtigen T-Zellen – die die Immunzellen der Lunge die ganze Zeit zur Hilfe rufen – fehlten fast vollständig in dem Blut. «Normalerweise enthält ein Minitropfen Blut etwa 2000 T-Zellen», sagt Falk. «Bei den Intensivpatienten, die wir untersucht haben, fanden wir nur noch etwa 200 T-Zellen in einem Blutstropfen.» Gleichzeitig sei die Zahl der Fresszellen häufig um ein Fünffaches erhöht, sagt die Immunologin. Auch andere Studien zeigen diese Verschiebung der Zellenverhältnisse im Blutbild, die typisch für einen sehr schweren Verlauf von Covid-19 ist.

Bleibt die grosse Frage nach dem Warum. Warum entwickeln einige Patienten diese überschiessende Immunantwort, diese fatale Immunpathologie?

Die Mehrzahl der Patienten mit schlechten Verläufen hat Vorerkrankungen, aber es kann auch an genetischen Faktoren oder einfach einer schlecht ausgeprägten lokalen Immunantwort in der Lunge liegen. «Es sind kleine Unterschiede zwischen den einzelnen Menschen, die über die Verlaufsschwere entscheiden können», sagt Immunologin Falk. «Aber wenn etwas schiefläuft, dann läuft es richtig schief.»

Auf diese Fragen gibt es zugleich keine und viele Antworten. Verschiedene Faktoren spielen eine Rolle. Die drei wichtigsten: die Viruslast, die genetische Veranlagung der Patienten und die Art und Weise, wie die natürliche Immunantwort funktioniert. Was genau wie viel ausmacht, und ob allenfalls noch andere Faktoren eine Rolle spielt, ist unklar. Forscher arbeiten daran, diese Fragen genauer zu untersuchen.

Viruslast

Viruslast bezeichnet die Menge an Viren in einem definiertem Volumen. Je geringer die ursprüngliche Viruslast, alsodie Menge an Viren, die auf der Schleimhaut des Nasenrachenraums landen, desto eher hat das Immunsystem eine Chance, dagegen anzukommen. Ob die Viruslast ausschlaggebend ist, ist allerdings umstritten. So sagte Leif-Erik Sander, Oberarzt und Immunologe an der Charité in Berlin, anlässlich eines Press-Briefings des Science Media Center Germany: Er glaube, der schwere Verlauf einer Covid-19-Erkrankung sei nicht primär die Folge einer unkontrollierten Virusvermehrung, sondern eher ein Ergebnis der Immunreaktion. Denn, wie er sagt, haben schwer und mild erkrankte Personen ungefähr gleich viele Viren.

Genetische Veranlagung

Ausserdem spielen natürlich erbliche Faktoren eine Rolle. Ein Beispiel: In einer vor kurzem im Fachblatt Science erschienenen Studie untersuchte ein Team um den Immunologen Jean-Laurent Casanova von der Universität Paris 663 Patienten mit asymptomatischen oder milden Covid-19-Verläufen, und 987 Patienten mit schweren, lebensbedrohlichen Verläufen der Krankheit. Dabei fanden sie heraus, dass etwa 10 Prozent derjenigen mit schweren Verläufen sogenannte Auto-Antikörper besassen gegen Interferone des Typ 1. Also Antikörper, die die wichtige Interferon-Antwort des eigenen angeborenen Immunsystems unterbinden. Bei den asymptomatisch infizierten Personen hatte keine einzige solche Auto-Antikörper. Es gibt andere Studien, die Gene identifizierten, die mit der Schwere der Verläufe in Verbindung stehen. Aber es wird nicht nur ein Gen alleine sein, das entscheidend ist.

Verlauf der natürlichen Immunität

Für einen guten Verlauf ist die natürliche Immunantwort wichtig. Sie hat einen ähnlichen Effekt wie eine geringe Viruslast: Das Immunsystem hemmt schnell und effizient die Vermehrung des Eindringlings. «Die asymptomatischen Fälle machen das, was auch Kinder machen», sagt der Immunologe Christian Münz vom Institut für Virale Immunbiologie der Universität Zürich und Leiter der Expertengruppe zur Immunologie der Schweizer Covid-19-Science-Task-Force. Zum einen hätten asymptomatische Personen eine sehr schnelle Typ-1-Interferonantwort, die Teil der natürlichen Immunantwort ist und die ein Programm anstösst, durch das die Viruslast zusammengestrichen wird. Zum anderen zeichneten sie sich durch eine gute erworbene T-Zell-Antwort aus. Das heisst: In asymptomatischen Fällen, entstehen die T-Zellen, die für die Zerstörung befallener Zellen zuständig sind, sehr schnell und effizient. Wie wichtig diese T-Zell-Antwort für den Verlauf von Covid-19 ist, ist allerdings noch nicht ganz geklärt.

Wie genau sich asymptomatische, wenig symptomatische und mild symptomatische Covid-19-Verläufe unterscheiden, und ob es Faktoren gibt, die die Verlaufsschwere voraussagen können, untersucht auch ein Team um Markus Ollert, Direktor am Department of Infection and Immunity des Luxembourg Institute of Health (LIH). Für die sogenannte «Predi-Covid»-Studie untersuchten die Forschenden in einer ersten Phase 270 Erwachsene aus Luxemburg – unter ihnen sowohl Infizierte wie auch ihre Haushaltskontakte. In einer zweiten Phase sollen 150 Kinder eingeschlossen werden. Erste Zwischenergebnisse zu den Erwachsenen stehen zur Verfügung: «Wir sehen einen deutlichen Unterschied im Antikörperprofil und bei den T-Zellen», sagt Studienleiter Ollert. «Diejenigen die mild-symptomatisch sind, haben mehr Antikörper als die Asymptomatischen. Das hatten wir so nicht erwartet.» Die komplett Asymptomatischen sind also nicht deswegen asymptomatisch, weil sie besonders viele Antikörper gebildet hätten. «Die komplett asymptomatischen Personen hatten eine höhere T-Zell-Antwort», so Ollert. Sie bildeten besonders viele T-Helferzellen, die eine sogenannte Effektor-Funktion haben. Das heisst, sie sind in der Lage, infizierte Zellen zu zerstören und abzutöten.

Das Ziel der Predi-Covid-Studie ist, Faktoren zu finden, anhand derer sich der Krankheitsverlauf vorhersagen liesse. «Man kann aber jetzt schon sagen, dass es bestimmte Biomarker im Blut gibt, die einen weniger schweren Verlauf voraussagen», verrät Ollert erste Erkenntnisse. Genaueres wird man spätestens Ende 2021 wissen. Dann soll die gesamte Studie abgeschlossen sein.

Neben der initialen Viruslast, den Genen, einer ausgeprägten angeborenen Immunabwehr und einer effizienten T-Zell-Antwort spielt auch das Alter eine Rolle. Bei Erwachsenen ist die natürliche Immunabwehr nicht mehr so ausgeprägt wie noch bei Kindern. Das erklärt, warum das Virus dem Immunsystem bei älteren Leuten schneller entwischt.

Bei Älteren ist aber nicht nur das angeborene Immunsystem weniger stark aktiv. Auch im erworbenen Immunsystem verändert sich etwas im Laufe des Erwachsenenlebens: Es werden weniger Lymphozyten gebildet, zu denen die T- und B-Zellen gehören, die für die Bekämpfung der Sars-CoV-2-Infektion wichtig sind. Stattdessen gibt es im Alter mehr sogenannte myeloide Zellen, zu denen jene Zellen gehören, die Zytokine ausschütten und auch die Fresszellen. Zudem schrumpft mit zunehmendem Alter der Thymus, das Organ, welches T-Zellen produziert.

Das Immunsystem altert also genauso wie all die anderen Dinge am und im Körper. Man spricht auch von Immunerschöpfung oder Immunseneszenz. Wie erschöpft das Immunsystem ist, lässt sich anhand bestimmter Marker auf den Oberflächen von Immunzellen ablesen. Auch dazu gibt es erste Daten aus der luxemburgischen Predi-Covid-Studie: «Wir finden Zusammenhänge zwischen Immunseneszenz und Verlaufsschwere», sagt Immunologe Ollert. «Die günstigeren Fälle haben ein weniger erschöpftes Immunsystem.»

Bei schweren Verläufen von Covid-19 kommt es aufgrund des Zytokinsturms zu Entzündungsreaktionen. Wenn bereits vor einer Sars-CoV-2-Infektion Entzündungen vorliegen, ist das Risiko für einen schweren Verlauf erhöht. Genau solche bereits vorliegenden Entzündungen sind ein gemeinsame Nenner von verschiedenen Risikogruppen – also etwa von Übergewichtigen, Diabetikern oder Rauchern. 

Beispielsweise sind in der Lunge von Rauchern bereits viele Fresszellen am Werk, die die Russpartikel abbauen, aber auch Entzündungsreaktionen lostreten. Tabakrauch kurbelt die Ausschüttung von Zytokinen in der Lunge an, also von genau jenen Stoffen, die das Immunsystem bei einer Sars-CoV-2-Infektion eh schon aus dem Gleichgewicht bringen. Epithelzellen, die die Lungen auskleiden, werden löchrig und es entsteht Schleim, was die angegriffene Lunge bei einer Sars-CoV-2-Infektion zusätzlich belastet. In einem Kommentar im Fachblatt «Nicotine & Tobacco Research» fordern Forscher Gesundheitspersonal dazu auf, die Rauchentwöhnung hoch oben auf die Liste der Massnahmen zur Covid-19-Prävention zu setzten.

Bei Typ-II-Diabetes, also dem Altersdiabetes, der auch mit Übergewicht oder Fettleibigkeit einhergeht, führt der hohe Blutzuckergehalt zu einer Schädigung der Gefässe. Diese Gefässe werden durch die Entzündungsreaktionen des überschiessenden Immunsystems bei einer Sars-CoV-2-Infektion zusätzlich belastet. Ähnlich sieht es bei Übergewicht und Fettleibigkeit aus: Die Fettzellen bilden ein Reservoir an entzündlichen Zytokinen, die den Zytokinsturm einer laufenden Sars-CoV-2-Infektion zusätzlich befeuern können.

Autor: Cornelia Eisenach (Scitec Media)
Editoren: Jean-Paul Bertemes (FNR), Michèle Weber (FNR)

Illustration : me=Sciencia58 an the makers of the single images Domdomegg, [1], Fæ, Petr94, Manu5 via Wikimedia Commons, CC-BY-SA-4.0

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