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Vorsichtig implantieren die Ärzte die nur 0.2mm messenden Gel-Kugeln im Kopf des an einem Hirntumor erkrankten Patienten. Wie kleine Fabriken werden sie dort während der nächsten Jahre fortwährend Stoffe absondern, welche den Patienten von seinem Krebs heilen werden. Klingt futuristisch?

Ist es momentan auch noch, doch vielversprechend ist der Einsatz der sogenannten Mikrokapseln allemal. Gemeinsam mit internationalen Partnern arbeiten Dr. Simone Niclou und ihre Mitarbeiter am CRP-Santé sowohl an Anwendungen der Kapseln - besonders in der Behandlung von Gehirntumoren -, als auch an der Verfeinerung des Herstellungsverfahrens.

Lebende Zellen produzieren heilende Wirkstoffe

Im Gegensatz zu den bekannten Arzneikapseln sind in den  Mikrokapseln keine medizinischen Puder, sondern lebende Zellen, welche spezifische Wirkstoffe produzieren und kontinuierlich an den Körper abgeben.

Diese regelmäßige Stoffabgabe über einen längeren Zeitraum ist ein klarer Vorteil und könnte auch für Diabetes-Patienten von großer Bedeutung sein: Die tägliche Insulin-Spritze ist allenfalls ein Behelfsmittel, um den Blutzuckerstand zu regulieren. Eine regelmäßige Abgabe des Stoffes direkt im Körper wäre viel wirksamer.

Einer der von Niclou und Kollegen getesteten Wirkstoffe zeigt Potenzial bei der Alzheimerbekämpfung; ein anderer ist vielversprechend bei der Behandlung von Hirnkrebs.

Allerdings sollten daraus keine vorschnellen Schlüsse gezogen werden: Erste Studien am Menschen wurden bereits durchgeführt, doch bis zu einem universellen Einsatz der Technik in der Human-Medizin ist es noch ein weiter Weg.

Mikrokapseln überlisten unser natürliches Abwehrsystem

Ausschlaggebend für Lebensdauer und therapeutischen Erfolg des Implantats ist vor allem die Struktur der Mikrokapsel: Es gilt, das menschliche Immunsystem zu überlisten. Denn erkennt der Körper die eingesetzten Kapseln und Zellen als fremd an, werden sie zerstört.

Dies ist auch ein Grund, warum Organ-Transplantationen oft so problematisch sind. Bisher löst die Medizin diese Schwierigkeit, indem sie das Immunsystem unterdrückt, z.B. mit Medikamenten. Doch dabei wird der gesamte Körper geschwächt, und sogar für „harmlose“ Krankheiten stark anfällig.

Genau das sollen die Mikrokapseln verhindern. Die sie umgebende Alginat-Schichten (siehe Infobox) bilden eine Barriere, welche die Immunzellen nicht durchdringen können.

Die eingesetzten Fremdzellen sind somit geschützt, auch gegen ein gesundes Immunsystem. Dies bedingt nicht nur, dass keine weitere Schwächung des Immunsystems nötig ist, sondern auch, dass Zellen aller möglichen Herkunft eingesetzt werden können.

Im Prinzip dürfte die Übertragung der Technik auf den Menschen kein größeres Problem darstellen. Damit  würden sich dann eine Unmenge an Möglichkeiten für die moderne Medizin eröffnen: In Zukunft kann vielleicht ganz auf Insulinspritzen, Immunosuppressiva und Strahlentherapie verzichtet werden.

Autor: Liza Glesener

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Infobox

Herstellungsprinzip einer Mikrokapsel

Bei dem in Luxemburg und weltweit wohl meist genutzten Verfahren werden Zellen mit Alginat, einem aus Algen gewonnenem Stoff gemischt. Kleinste Tropfen dieser Flüssigmischung fallen durch eine Nadel in ein Bad mit Kalzium-Ionen.

Das Alginat und das Kalzium reagieren chemisch, dabei entsteht eine Art kugelrundes Gelee mit mehreren Tausend eingeschlossenen Zellen: Durchmesser 0,2-0,5 mm. Diese Kugeln werden dann zusätzlich mit einer zweiten Schutzschicht ausgestattet. Die Größe der Mikrokapseln darf im Prinzip variieren, kann jedoch ihre Funktionalität beeinflussen.

Herausforderungen bei der Herstellung der Kapseln

Beim anfänglich genutzten Herstellungsverfahren waren die Zellen nach dem Zufallsprinzip verteilt: Einige ragten über die Alginat-Schutzschicht aus der Kugel heraus. Sie waren somit fürs Immunsystem erkennbar und wurden zerstört, was wiederum die Gesamtstruktur der Kapsel gefährdete.

Die Luxemburger Mikrokapseln wurden nun in einem zweiten Produktionsschritt mit einer zusätzlichen äußeren Schutzschicht ausgestattet.

Diese Doppelschicht stellte eine besondere Herausforderung dar: Ist sie zu dicht, sterben erstens die in ihrem Inneren enthaltenen Zellen ab und zweitens können die medizinischen Stoffe nicht in den Körper gelangen. Ist sie zu durchlässig, verliert sie ihre schützende Wirkung.

Die von Niclou und holländischen Partnern entwickelte Doppelverkapselung scheint zu funktionieren, muss aber zur Sicherheit noch weitere Tests bestehen.

 

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