© Uwe Hentschel
Sie stecken in Möbeln, in Fußböden, in der Kleidung, in unseren Smartphones, im Küchengeschirr und im Spielzeug. Chemische Substanzen sind allgegenwärtig. Und viele von ihnen sind durchaus besorgniserregend. Zwar ist gesetzlich geregelt, was erlaubt ist und was nicht. Das Problem ist allerdings: Ist eine chemische Substanz erlaubt, so heißt das nicht, dass von ihr keine gesundheitliche Gefahr ausgeht.
Am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) befasst man sich mit genau dieser Problematik. Im Rahmen des europäischen AskREACH-Projekts haben Forscher vom LIST unter anderem die Smartphone-App „Scan4Chem“ mit entwickelt. Diese soll den Verbrauchern dabei helfen, von ihrem Auskunftsrecht Gebrauch zu machen.
Smartphone-App Scan4Chem hilft bei der Identifizierung gefährlicher Substanzen
Mit Scan4Chem können die Nutzer den Barcode eines Artikels scannen und erfahren so, ob das Produkt bedenkliche Substanzen erhält. Sind diese Informationen in der Datenbank nicht hinterlegt, kann mit Hilfe der App eine Anfrage an den Hersteller oder Lieferanten der Ware gemailt werden. Zudem erfahren die Verbraucher auch etwas darüber, in welchen Materialen welche Arten von bedenklichen Stoffen vorkommen können und inwieweit sie Mensch und Gesundheit gefährden.
Die in bestimmten Produkten enthaltenen Substanzen werden beispielsweise als Additive in Kunststoffen eingesetzt und von Nutzern über die Haut, die eingeatmete Luft oder aber die Nahrung aufgenommen. Sie können krebserregend sein, aber auch Einfluss auf die Fruchtbarkeit und das genetische Erbe haben.
EU-weite Regelung für Einsatz gesundheitsgefährdender Chemikalien
Um diese Probleme einzugrenzen, hat die Europäische Union verschiedene Rechtsvorschriften in Bezug auf Chemikalien erlassen. Dazu zählt auch die REACH-Verordnung. REACH steht für „Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals“ und hat in allen Mitgliedstaaten der EU Gültigkeit.
Unter REACH werden besonders besorgniserregende Stoffe (SVHCs) identifiziert und in einer Liste geführt. Derzeit sind dort rund 200 Stoffe aufgelistet. Kommen diese SVHCs in Produkten zum Einsatz, zum Beispiel als Farbstoff, müssen Händler, Hersteller und Importeure auf Anfrage innerhalb von 45 Tagen kostenlos darüber Auskunft geben - ganz egal, ob das Produkt gekauft wird oder nicht.
Auskunftspflicht gilt für die meisten Alltagsgegenstände
Diese Auskunftspflicht ist verpflichtend, sobald die Konzentration des jeweiligen Stoffes 0,1 Massenprozent des Produkts überschreitet. Sie gilt für die meisten Alltagsgegenstände wie etwa Haushaltswaren, Textilien, Schuhe, Sportartikel, Möbel, Heimwerkerbedarf, Elektro-/Elektronikgeräte, Spielzeug, Fahrzeuge oder Verpackungen. Ausnahmen gibt es für flüssige oder pulverförmige Produkte wie Lacke, Farben, Wasch- und Reinigungsmittel sowie Medizinprodukte, Arzneimittel, Lebensmittel, Kosmetika und Futtermittel.
Die kostenlose Smartphone-App ist in 13 Mitgliedstaaten, einschließlich Luxemburg, erhältlich.Koordiniert wird das Projekt vom Deutschen Umweltbundesamt. Insgesamt sind daran 20 europäische Partner beteiligt.
Lieferanten können Informationen über ihre Produkte in eine mit der App verknüpfte Datenbank eingeben, sodass sie allen App-Benutzern jederzeit zur Verfügung steht.
Autor: Uwe Hentschel
Editor: Michèle Weber (FNR)
Infobox
Besonders besorgniserregende Stoffe sind in der europäischen Chemikalienverordnung "REACH" geregelt. REACH steht für Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe und leitet sich vom englischen Titel der europäischen Chemikalienverordnung ab: Regulation concerning the Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals. Besonders besorgniserregende Stoffe weisen eines oder mehrere der folgenden Merkmale auf:
- krebserregend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend,
- giftig und langlebig in der Umwelt und in Organismen anreichernd,
- sehr langlebig in der Umwelt und sehr stark in Organismen anreichernd,
- ähnlich besorgniserregende Eigenschaften (z.B. hormonelle Wirkung).