(C) Luxembourg Institute of Health
Bösartige Hirntumore sind nur sehr schwer zu behandeln. Chemotherapie funktioniert meistens nicht. Unter anderem weil das intravenös verabreichte Medikament nur schwer vom Blut ins Gehirn gelangen kann, wo es wirken soll. Die sogenannte Blut-Hirn-Schranke, ein Filter zwischen Blutkreislauf und Gehirn, hindert das Medikament daran.
Eine vollständige chirurgische Entfernung des Tumors ist auch quasi unmöglich, da immer einzelne Krebszellen im gesunden Gehirngewebe zurückbleiben und zu neuen Geschwülsten heranwachsen.
Kügelchen stoppen Tumorwachstum
Eine Zusammenarbeit der NorLux Labore am Luxembourg Institute of Health und der Universität Bergen in Norwegen testet eine neue potentielle Behandlungsmethode: Das Forscherteam hat winzige Kügelchen entwickelt, die man bei einem chirurgischen Eingriff lokal ins Gehirn einpflanzen kann.
Die Kügelchen sondern Moleküle ab, die verhindern, dass Krebszellen weiter wachsen und der Tumor größer wird.
Doch wie funktioniert das?
Die Kügelchen sind ein Gemisch aus Alginat – ein Zucker aus Braunalgen – und Zellen, die im Labor hergestellt werden. Die Zellen in den gelartigen Kügelchen spucken ein lösliches Molekül aus, das sich auf der Oberfläche von Krebszellen festsetzt.
Dieses Molekül blockiert dabei den Teil einer Zelle, der dafür verantwortlich ist, dass die Zellen wachsen. Bei Krebszellen zeigt dieser Bereich häufig Anomalien auf, was zu unkontrollierter Zellvermehrung und somit zu Geschwülsten führen kann. Somit helfen die Kügelchen das Tumorwachstum zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen.
Ermutigende Resultate
Bisher hat das NorLux Labor die Methode an Labormäusen getestet. Die Resultate sind ermutigend: Hirntumore in Tieren, die mit Alginat-Kügelchen behandelt wurden, sind nach 4-5 Wochen nur knapp halb so groß wie die der Kontroll-Tiere.
Der nächste Schritt: Sicherheit verbessern
Bis die Therapie an Menschen getestet werden kann, wird allerdings noch eine Weile dauern: „Die Sicherheit der Kügelchen muss noch verbessert werden“, erklärt Simone Niclou, Leiterin des luxemburgischen Partnerlabors am Luxembourg Institute of Health.
Sie verrät: „Ein Doktorand arbeitet zur Zeit an der Entwicklung von doppelschichtigen Kügelchen, bei denen keine Zellen aus dem Innern der Kügelchen herauswachsen.“ Dies kann nämlich eine Entzündung im Gehirn verursachen und zu erheblichen Komplikationen führen.
Parallel prüft Niclou bereits die Möglichkeit, die Methode als medizinische Anwendung zu patentieren und hofft bald erste klinische Studien durchführen zu können.
Autor: Michèle Weber
Photo © Luxembourg Institute of Health
Infobox
Als Zelle bezeichnet man die kleinste strukturelle Einheit des Körpers. Zellen fügen sich zusammen, um Gewebe und Organe zu bilden. Jedes Organ besteht aus unterschiedlichen Zelltypen, wie z.B. Haut-, Blut- oder Leberzellen.
Die Blut-Hirn-Schranke ist eine körperliche Grenze zwischen dem Blutkreislauf und dem zentralen Nervensystem im Gehirn. Sie funktioniert wie ein Filter, der das Gehirn vor im Blut zirkulierenden Krankheitserregern und Giftstoffen schützt, gleichzeitig aber für das Gehirn notwendige Nährstoffe durchlässt. Andererseits erschwert diese Schutzfunktion die Behandlung neurologischer Krankheiten, da Medikamente die Blut-Hirn-Schranke ebenfalls nicht überqueren können.
Ein Molekül ist ein Teilchen, das aus zwei oder mehr Atomen besteht und durch chemische Bindungen zusammengehalten wird.
Alginate sind gelartige Zucker. Sie sind das strukturbildende Element der Braunalge. Alginate finden vor allem als Verdickungs- und Geliermittel Verwendung.