Uwe Hentschel

v.l.n.r.: Smaragd (grün), Morganit (braun), Aquamarin (3x blau und 1x transparent), Heliodor (orange), Aquamarin (versteckt), Heliodore (3x gelb)

Mit seiner Hilfe soll es möglich sein, einfache Metalle in Edelmetalle zu verwandeln, Krankheiten zu heilen und das menschliche Leben über seine Grenzen hinaus zu verlängern: der Stein der Weisen. Schon vor gut 2000 Jahren hat die Suche nach der richtigen Rezeptur für dessen Herstellung die Phantasie der Alchemisten beflügelt. Zugegeben: Wissenschaftlich fundiert war die Vorgehensweise vieler Anhänger dieser Lehre dabei nicht. In einer auch mit kulturhistorisch relevanten Elementen ausgestatteten Ausstellung darf dieser Aspekt daher nicht fehlen. Genau wie auch die Fähigkeiten, die bestimmten Edelsteinen zugeschrieben werden.

Kommt nur an einem Ort auf der Erde vor

„Wir haben uns im Vorfeld durchaus mit der Frage befasst, ob und inwieweit wir das Thema Esoterik aufbereiten sollen“, erklärt Patrick Michaely vom Nationalmuseum für Naturgeschichte. Schließlich sei das Museum eine naturwissenschaftliche Einrichtung, für Mystik also eher der falsche Ort. Da das Thema aber leider nicht wenige Menschen bewege, kanzeln wir es gleich am Anfang der Ausstellung als vorwissenschaftlichen Irrglauben ab, so Michaely. Ansonsten aber bewegt sich „From Dark to Light“ auf dem Boden der Tatsachen und zeigt das, was aus den Tiefen darunter bislang alles zum Vorschein kam.

v.l.n.r.: Blauer Topas, Topas, noch ein blauer Topas und blauer Topas an Quartz, alle aus Brasilien

„Viele der Exponate haben einen wissenschaftlichen Wert, den man als Laie nicht erkennt“, sagt Michaely und nennt als Beispiel den gelborangen Imperial Topas aus dem brasilianischen Ouro Preto. Das im natur musée gezeigte Ausstellungstück gilt wegen seiner Farbe und Form als einer der weltweit zehnbesten Rohsteinen seiner Art. Weitaus unscheinbarer ist im Vergleich dazu der ebenfalls präsentierte Tansanit. Der blau-violette Stein ist deshalb eine Besonderheit, weil er nur an einem einzigen Ort, in den Merelani Hills bei Arusha in Tansania, vorkommt.   

In diesem Video erklärt der Mineralologe Simone Philippo des MNHN sein persönliches Lieblingsstück aus der Ausstellung: ein wunderschöner Imperial Topas aus Brasilien. Video: MNHN.

So hart ist nur der Diamant

Der Tansanit hat eine Härte von sechs bis sieben, was in etwa der von Glas entspricht. Der Topas liegt bei acht. Doch den höchsten Wert auf der Härte-Skala von eins bis zehn erreicht der Diamant. Im Diamanten sind die Kohlenstoffatome in hoher Dichte tetraedrisch gebunden. Das bedeutet: Jedes Atom hat vier symmetrisch ausgerichtete Bindungen an weitere Kohlenstoffatome, was dem Diamanten eine stabile und starre dreidimensionale Struktur verleiht.

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 Die Anordnung der Atome im Mineral

Jedes Mineral zeichnet sich durch eine bestimmte chemische Zusammensetzung und Anordnung der Atome zueinander aus. Das Mineral als eine Gesamtheit von Atomen ist solide und homogen. Die atomare Ordnung wird bestimmt durch die sogenannte Elementarzelle, die man mit einem Baustein vergleichen kann. Die Größe dieser Bausteine liegt im mikroskopischen Bereich bei ungefähr 100 Ångström  (ein Ångström [Å] ist zehnmal kleiner als ein Nanometer). Die Anhäufung dieser Mikrobausteine mit einer bestimmten Geometrie und Konstanz kann über einen langen Zeitraum zu natürlich perfekten Kristallformen führen.

Genau wie Rubin, Smaragd und Saphir gehört der Diamant zu den bekanntesten Edelsteinen. Und das bislang größte gefundene Exemplar ist der Cullinan-Diamant, dem sich die Ausstellung ebenso widmet wie auch dem berühmten Le Bleu de France. Dieser war zunächst in Besitz von Ludwig XIV, verschwand danach in den Wirren der Französischen Revolution und tauchte schließlich im 19. Jahrhundert mit einem Neuschliff wieder auf.

Auch die ökologischen und ethischen Aspekte im Fokus

In der Ausstellung wird auch gezeigt, anhand welcher Kriterien die Qualität eines Edelsteins ermittelt wird, was einen Edelstein von einem Quarz unterscheidet, wo die Mineralien unter welchen Voraussetzungen entstanden sind, aber auch unter welchen Bedingungen sie teilweise zum Vorschein kommen. So wirft die vom Mineralogen Simon Philippo kuratierte und vom Ausstellungsteam des Museums konzipierte Präsentation From Dark to Light auch einen Blick auf die teils dramatischen ökologischen Folgen der Mineralgewinnung, den Einsatz von Kindern oder aber den illegalen Handel mit sogenannten Blutdiamanten.

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Wie entstehen Diamanten

Diamanten bilden sich im oberen Teil des Erdmantels unter hohen Drücken und Temperaturen: bei Temperaturen von 1100 bis 1400 Grad Celsius und Drücken von viereinhalb bis sechs Gigapascal. Die Analyse der mineralischen und gasförmigen Einschlüsse (Unreinheiten wie Stickstoff, Schwefel oder Metalle) zeigt, dass die meisten Diamanten in einer Tiefe von 150 bis 200 Kilometern entstehen. In Vulkanschloten, sogenannten Kimberlit-Schloten, steigen sie an die Erdoberfläche. Diese befinden sich alle in sehr alten Kontinentalzonen, die im Laufe ihrer späteren geologischen Entwicklung stabil blieben. Bei diesen Zonen handelt es sich um sogenannte Kratone und Plattformen aus dem Archaikum (vom mehr als 2,5 Milliarden Jahren) oder ihre jüngeren Ränder, die aus dem Paläoproterozoikum stammen (vor mehr als 1,6 Milliarden Jahren).

Natürlich sei sich das Museum bewusst, dass auch ein Teil seiner mineralogischen Sammlung aus der Kolonialzeit stamme und damit unter Bedingungen zum Vorschein gekommen sei, die heute nicht mehr vertretbar seien, räumt Michaely ein. Allerdings sei man seit Jahren dabei, die Museums- und Sammlungsgeschichte gemeinsam mit Historikern aktiv aufzuarbeiten und darzulegen. Bei neuen Exponaten in der Sammlung werde bereits seit mehr als 20 Jahren penibelst darauf geachtet, dass es sich dabei nicht um Mineralien handle, deren Gewinnung auf der Ausbeutung von Menschen basiere oder aber aus Kriegsgebieten stamme.

Autor: Uwe Hentschel
Fotos: Uwe Hentschel
Videos: MNHN

In diesem Video nimmt der Kurator der Ausstellung Simon Philippo Dich mit zum Mittelpunkt der Erde und erklärt (auf Französisch) die Entstehungsorte der ausgestellten Minerale und Edelsteine. Video: MNHN

 

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