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Der Science-Unterricht schafft Räume, in denen Kinder mit unterschiedlichen sprachlichen, kulturellen und sozialen Hintergründen gemeinsam aktiv werden können.

In Luxemburg gehört Diversität längst zum Schulalltag. Laut aktuellen Statistiken haben rund 45 % der Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund. Etwa zwei Drittel sprechen zu Hause kein Luxemburgisch. Neben sprachlichen Unterschieden bringen Kinder auch verschiedene kulturelle Erfahrungen, soziale Prägungen und Bildungsbiografien mit – kurz: Sie bringen Diversität mit.

Diese Vielfalt ist eine Realität – und eine Chance. Doch sie stellt Lehrpersonen auch vor Fragen: Wie gelingt es, alle Kinder einzubeziehen? Wie können Unterricht und Lernumgebungen gestaltet werden, die kulturelle und sprachliche Verschiedenheit nicht ausblenden, sondern aufgreifen?

Science als Raum für Diversität

Sprach- und Bildungsforschung zeigen: Lernen gelingt besonders dann gut, wenn es kontextgebunden ist, zum Handeln anregt und an das Vorwissen der Lernenden anknüpft. Der Science-Unterricht bietet genau das: Er lädt zum Beobachten, Experimentieren und Diskutieren ein – und schafft Räume, in denen Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen sprachlichen, kulturellen und sozialen Hintergründen gemeinsam aktiv werden können.

Wie dies praktisch umgesetzt werden kann, zeigen verschiedene Hands-on-Aktivitäten, die das SciTeach Center für Weiterbildungen konzipiert hat. Diese Aktivitäten zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Lehrkräften Impulse für einen forschend-entdeckenden Unterricht geben, der vielfältige Zugänge ermöglicht.

Lernen in Begegnung: Beobachten, Beschreiben, Verstehen

Ein erstes Beispiel ist die Arbeit mit digitalen Mikroskopen, um Alltagsobjekte in starker Vergrößerung zu beobachten. Kinder können diese Mikroskope alleine bedienen und ihre Beobachtungen durch Zeichnungen, Beschriftungen oder kurze Texte in Forschungstagebüchern dokumentieren – und ihre Ergebnisse dann in der Gruppe präsentieren und diskutieren. Wie Lehrkräfte berichten, die mit dem SciTeach Center zusammenarbeiten und die Aktivitäten im Unterricht erprobt haben, ermöglicht die Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten allen Kindern, unabhängig von sprachlicher Kompetenz, eine aktive Teilnahme.

Bildunterschrift: Die beiden Fotos zeigen ein digitales Mikroskop im Einsatz: Es ist handlich und sehr intuitiv zu bedienen. Als Wiedergabegerät sind neben Computer und Laptop auch Tablet (wie hier im Bild) oder Smartphone geeignet. Damit können die digitalen Mikroskope auch sehr gut im Freien eingesetzt werden.

Ein anderes Beispiel: das sogenannte Skorpion-Auto. Die Kinder erhielten die Aufgabe, dieses Auto in Vierergruppen nachzubauen – mit einer klaren Rollenzuweisung der jeweiligen Gruppenmitglieder. Während eine Person das Original beschreiben musste, ohne es zu zeigen, zeichnete eine andere es auf dieser Basis. Weitere Kinder planten den Bau oder erstellten eine Einkaufsliste. Die Gruppen mussten Informationen austauschen, Missverständnisse klären und gemeinsam Lösungen finden – eine Übung, die sprachliches, soziales und forschend-entdeckendes Lernen miteinander verbindet.

Bildunterschrift: Ein Skorpion-Auto wird zur Abfahrt bereit gemacht. Sobald das Kind die Hände wegnimmt, kann die Luft aus dem Ballon durch den Schlauch entweichen und treibt auf diese Weise das Auto an.

Von Luxemburg nach Québec – und zurück

Mit der Frage, wie sprachliche, soziale und kulturelle Diversität in der Grundschule, insbesondere im Science-Unterricht, gelebt und gefördert werden kann, hat sich die gebürtige Luxemburgerin Marie Lippert im Rahmen eines 4-wöchigen Praktikums im SciTeach Center an der Universität Luxemburg beschäftigt.

Als Marie Lippert 2021 ihren Bachelor en Sciences de l’éducation an der Universität Luxemburg abschloss, entschied sie sich, nicht direkt in den Schuldienst zu gehen, sondern ihre wissenschaftliche Ausbildung zunächst durch ein Masterstudium und nun schließlich durch eine Doktorarbeit in Québec (Kanada) zu ergänzen.

Ein Blick nach Québec zeigt, dass Lehrkräfte ähnlich wie hier in Luxemburg vor der Aufgabe stehen, Kinder mit sehr unterschiedlichen sprachlichen, sozialen und kulturellen Hintergründen zu unterrichten. Während in Luxemburg insbesondere die Mehrsprachigkeit im Fokus der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften steht, setzt Québec vor allem auf interkulturelle Sensibilisierung und eine gezielte Auseinandersetzung mit Diversität, die den unterschiedlichen Realitäten und Erfahrungen der Kinder gerecht wird.

Fazit: Diversität als gewinnbringender pädagogischer Ansatz

Diversität im Klassenzimmer bedeutet für Lehrpersonen, mit Unterschiedlichkeit professionell umgehen zu können: Unterschiede erkennen, wertschätzen und pädagogisch darauf eingehen – sprachlich, kulturell, sozial. Der bewusste Umgang mit Diversität im Klassenzimmer sollte dabei keine optionale Ergänzung sein, sondern fest verankerter Teil des professionellen pädagogischen Handelns. Besonders gut zugänglich kann dies für Lehrkräfte über den Science-Unterricht sichtbar gemacht werden.

Wenn Kinder gemeinsam beobachten, experimentieren, Hypothesen aufstellen und Ergebnisse dokumentieren, geschieht Lernen in Interaktion. Sie bringen ihre Sprachen, Erfahrungen und Perspektiven ein, lernen voneinander, stellen Fragen, reflektieren – und wachsen so nicht nur fachlich, sondern auch sozial und interkulturell.

Die Angebote und Handreichungen des SciTeach Center geben dabei Impulse, wie vielfältiger Unterricht gestaltet und Diversität über die Naturwissenschaften gefördert werden kann. Naturwissenschaftlicher Unterricht wird so zu einem Raum, in dem Diversität gelebt wird – und zu einer Ressource für das gemeinsame Lernen.

Autorinnen: Marie Lippert, Ph. D. Studentin an der Universität von Québec in Montreal (UQAM), visiting Ph. D. Student an der Universität von Luxemburg, ScienceTeach Center & Dr. Kerstin te Heesen, Universität Luxemburg, SciTeach Center
Redaktion: Michèle Weber (FNR)

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