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Jeder Forscher träumt irgendwie vom Nobelpreis. Das ist menschlich, und laut Alfred Nobel soll die weltweit bedeutendste Auszeichnung für Wissenschaftler ja „Menschen“ überreicht werden, die in ihrem jeweiligen Forschungsumfeld Besonderes leisten.
Das mit dem Besonderen wird so bleiben, das mit den Menschen ist so eine Sache – zumindest wenn es nach Hiroaki Kitano geht. Der Japaner ist Vorreiter in Sachen künstlicher Intelligenz und hat sich das Ziel gesetzt, zur Jahrhundertmitte einen Roboter zum Nobelpreisträger zu machen.
Forschergeist: Groß denken und danach handeln
Was bei jedem Anderen nach Megalomanie klingen würde, nimmt man Hiroaki Kitano sehr schnell ab. Man muss ihm nur fünf Minuten zuhören, und schon befindet man sich in einer eigendynamischen Denkwelt. Diese Denkwelt ist vor allem eins: groß. Das wurde auch auf Belval deutlich, wo Kitano – von Haus aus eigentlich Physiker – am 11. Mai 2017 im Rahmen der Vortragsreihe „Die Biologie im 21. Jahrhundert“ zum 40jährigen Bestehen des Luxemburger Biologen-Verbandes ABIOL (siehe Infobox) dozierte.
Hiroaki Kitanos Forschergeist durchweht auch die Biologie – unter anderem leitet er das Systems Biology Institute in Tokio und eine Fachzeitschrift – aber das sind nur zwei Facetten seines Schaffens. Zudem fungiert er u.a. als CEO der Sony Computer Science Laboratories, für die er unter anderem den Roboterhund AIBO initiiert hat – und hat zudem den Robocup ins Leben gerufen. Letzteres ist die Fußballweltmeisterschaft für Roboter (auch aus Luxemburg), die exemplarisch für Kitanos Denken und Schaffen ist.
Arbeitsprinzipien: Spaß und ein übergeordnetes Ziel
Natürlich, so Kitano auf Belval, seien kickende Roboter ein Fun-Element. Aber Spaß und Leidenschaft, so unterstreicht er mehrfach, gehören einfach zur Forschung dazu. Und außerdem würden solche Fun-Projekte auch immer dazu dienen, ein „ernsthaftes“ Forschungsprojekt weiter voran zu bringen. So haben auch die Roboter-Ronaldos mehr als nur sportliche „Träume“. Zwar sind auch diese sehr ambitioniert – bis 2050 sollen sie in der Lage sein, gegen den „echten“ Weltmeister zu gewinnen – aber das Endziel ist ein anderes.
Letzteres findet sich in der realen Welt wieder, z.B. in den Lagerhallen eines großen Online-Händlers, wo dieselben Roboter in die industriellen Prozesse integriert werden. Für Hiroaki Kitano ist dies ein Paradebeispiel für eines der Arbeitsprinzipien jeglicher Forschung. So wie rund um Roboter und künstliche Intelligenz agiert werde, würde auch bei Raumfahrtprojekten vorgegangen. Auch da sei es von Anfang an nicht um den Flug zum Mond an sich gegangen, sondern um eine strategische Vorreiterrolle im Weltall.
Die Umsetzung: 50 Jahre Zeit und etwas Verrücktheit
Generell, so Kitano weiter, hat die Raumfahrt somit einen Weg vorgegeben, auf dem sich langfristige Forschungsprojekte entfalten lassen: Sind sowohl das primäre als auch das übergeordnete Ziel definiert, muss eine Theorie entwickelt werden, die dann wiederum zu einer technologischen Plattform hingeführt, sprich: in die Praxis umgesetzt wird. Dies alles sei dann aber erst das Fundament; um eine langfristige Vision zu realisieren, bedarf es eines nachhaltigen Managements – und Zeit: rund 50 Jahre.
50 Jahre, das ist laut Kitano der Zeitrahmen vieler Forschungsprojekte. Denn, so der Multi-Pionier: Menschen, die verrückte Ideen umsetzen, gestalten die Welt von morgen. Während die Fußballroboter noch vor 20 Jahren kaum den Ball trafen, sieht deren Performance heute nach veritablem Kombinationsfußball aus.
Die Folgen: Disruptives Zusammenspiel Mensch/Maschine
Unter dem Strich war es ein flammendes Plädoyer für Forschung, das Hiroaki Kitano auf Belval hielt – ein spannender Ausblick auf das, was Wissenschaft kann, wenn menschliche und künstliche Intelligenz zusammen fließen. Für ihn ist dies das Ziel: ein Zusammenfließen von kreativen, unabhängigen Menschen und ebensolchen Maschinen. Kitano sieht darin einen Paradigmenwechsel, der zwar disruptiv sein wird, aber eben auch neue Möglichkeiten birgt: WM-Titel und Nobelpreise für Roboter ebenso wie Fortschritt für die ganze Menschheit.
Autor: Sven Hauser
Foto: University of Luxembourg
Infobox
Die Association des Biologistes Luxembourgeois (ABIOL) wendet sich an alle, die ein Universitätsdiplom im Fach Biologie haben. Die Aktivitäten sind dabei vielseitig, im Zeitalter von Nachhaltiger Entwicklung auch ist Biologie mitunter auch ein politisches Thema. Außer als Berufsverband versteht sich ABIOL deshalb auch als sozialer Akteur. Im Rahmen der Jubiläums-Vortragsreihe steht Anfang Juli ein letzter Termin an; es geht um "la conquête des continents par les végétaux". Mehr dazu unter www.abiol.lu.