© Sébastien Faye
Wenn Thomas Schoos von dieser Erfindung erzählt, gerät er ins Schwärmen. Schoos ist Leiter der externen Kommunikation am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) und als solcher an der Planung des TechDay betleiligt. Bei der Veranstaltung, die das List am 20. Juni zum zweiten Mal organisiert, präsentieren Forscher ihre innovativen Technologien. Und einer dieser Forscher, dessen Erfindung Schoos so begeistert, ist Emmanuel Defay.
Piezoelektronische Folien auf dem Display erzeugen sorgen durch lokale Vibrationen für Tastgefühl
Der Materialforscher des LIST arbeitet mit sogenannten Piezoaktoren. Diese Aktoren erzeugen Ultraschallschwingungen und sorgen für eine Veränderung der Reibung, wenn man mit dem Finger darüberfährt. Es werden also mithilfe transparenter, piezoelektronischer Folien auf Glas, wie beispielsweise dem Display eines Tablets, lokale Vibrationen erzeugt. „Ein Fisch auf dem Bildschirm sieht dann nicht nur echt aus, sondern fühlt sich dann auch echt an, wenn man mit dem Finger das Display berührt“, erklärt Schoos. Er könne es kaum erwarten, bis sein Smartphone mit einer solchen Technik ausgestattet sei.
Möglicherweise muss Schoos darauf nicht mehr lange warten. Denn der TechDay dient nicht nur dazu, neueste Technologien und Prototypen vorzustellen, sondern präsentiert auch konkrete Anwendungsmöglichkeiten. Wie zum Beispiel im Fall des Projekts SWAM, das am LIST in einer Kooperation mit dem luxemburgischen und auf Abfallwirtschaft spezialisierten Unternehmen Polygone ins Leben gerufen wurde.
Intelligentes Abfallmanagementsystem arbeitet mit Füllstandsensoren an Abfallbehältern
„SWAM verfolgt das Ziel, ein intelligentes Abfallmanagementsystem zu schaffen“, erklärt Sébastien Faye von der LIST-Abteilung IT for Innovative Services (ITIS). Das System basiert auf Daten, die über das Internet der Dinge unter anderem durch den Einsatz von Füllstandsensoren an den Abfallbehältern gewonnen werden. Es gehe bei der Präsentation unter anderem darum, die Öffentlichkeit für die Optimierung der Vorgänge und deren Auswirkungen auf bedeutende Aktivitäten wie Abfallbewirtschaftung zu sensibilisieren, erklärt Faye.
„Als Forscher sind wir ständig bemüht, die Modelle und Algorithmen, an denen wir arbeiten, zu verbessern“, sagt der IT-Experte. Durch die Teilnahme am TechDay könne man die Einsatzmöglichkeiten des Forschungsprojekts demonstrieren und gleichzeitig auch Feedback sammeln. Dadurch ergebe sich die Möglichkeit, die Technik gegebenenfalls auch auf andere Bereiche zu übertragen.
Vertrauensbasis schaffen zwischen Akteuren der Forschung, der Wirtschaft und der öffentlichen Hand
„Die Leute kommen, sehen das Projekt, könnten die Technik aber womöglich für eine ganz andere Anwendung gebrauchen“, erklärt Schoos. „Wir wollen an Hand von Beispielen zeigen, dass wir am LIST nicht einfach nur forschen, sondern dass es für unsere Forschungen auch ganz konkrete Anwendungsbereiche gibt“, sagt der Kommunikationsleiter. Es gehe darum, zwischen den Akteuren der Forschung, der öffentlichen Hand und der privaten Wirtschaft eine Vertrauensbasis zu bilden, so Schoos. „Und dafür bieten wir beim TechDay die ganze Bandbreite an Schlüsseltechnologien.“
Dazu zählt auch der ebenfalls am LIST entwickelte 3D-In-vitro-Test zur Vorhersage der Wirkung von neuen Produkten, die bei Atemwegserkrankungen zum Einsatz kommen sollen. In-vitro bedeutet, dass diese Tests in einer künstlichen Umgebung und damit außerhalb lebender Organismen durchgeführt werden können.
3D-In-vitro-Test ermöglicht Toxizitätsbewertung ohne Tierversuche
Genau das ist auch der Ansatz, den der Toxikologe Arno Gutleb mit seinem Forschungsteam am LIST verfolgt. „Wir haben ein Modell für die Toxizitätsbewertung entwickelt, bei dem auf Tierversuche verzichtet werden kann“, erklärt Gutleb. Die Anwendungsbereiche der neuen Technologie seien vielfältig und längst nicht nur auf Chemikalien und pharmazeutische Einsatzgebiete beschränkt. Der Forscher erhofft sich von der Teilnahme am TechDay einen Austausch mit potenziellen Kunden, die dieses Verfahren frühzeitig in ihre Produktentwicklung einsetzen wollen.
Auf einen fruchtbaren Austausch mit Partnern aus der Wirtschaft, der zu einer Weiterentwicklung der Forschungsresultate führen könnte, setzt auch Carlos López-Martinez von der LIST-Abteilung für Environmental Research and Innovation (ERIN). Sein Team ist gleich mit zwei Projekten beim TechDay 2019 vertreten. Eines davon ist HASARD.
Satellitenüberwachungssystem HASARD erstellt genaue Hochwasserkarten
HASARD ist ein globales, auf einer Hochwasserkartierungs-Software basierendes Satellitenüberwachungssystem, mit dem Vorgänge wie Überschwemmungen beobachtet werden können. „Das System nutzt Satellitenbilder, um systematisch und nahezu in Echtzeit ganz genaue Hochwasserkarten zu erstellen und zu verbreiten“, erklärt López-Martinez. Damit könne man den Entscheidungsträgern dabei helfen, das Überflutungsrisiko zu minimieren, und ihnen gleichzeitig Zugang zu allen relevanten Daten verschaffen.
Beim TechDay soll das System am Beispiel anhaltender Monsun-Überschwemmungen in Südostasien demonstriert werden. In besten Fall wird es dabei allein aber nicht bleiben. „Ideal wäre es natürlich, beim TechDay Partner zu finden, die diese Technologien weiterentwickeln und lizensieren wollen.“
Vorträge über neue Trends und Herausforderungen der Forschung
All diese Projekte und noch viele weitere sind im „Tech Village“ der Veranstaltung zu finden. Weiteres Highlight des Events ist das „Tech Summit“, bei dem renommierte Redner und Experten aus der Forschung gemeinsam mit Vertretern der Wirtschaft und der staatlichen Institutionen einen Blick auf die neuen Trends und großen Herausforderungen der Forschung werfen. Die Eröffnungs-Keynote übernimmt dabei Peter Hinssen, mehrfacher Unternehmensgründer und Autor des Buchs „The day after tommorow“.
Autor: Uwe Hentschel
Das ausführliche Programm zum TechDay 2019 gibt es hier. Anmelden kannst Du dich leider nicht mehr. Das Event ist komplett ausgebucht. Du kannst Dir aber schon den Termin für den TechDay 2020 im Kalender markieren. Dieser wird am 18. Juni stattfinden.
Auch werden wir über einige der Innovationen auf science.lu berichten.