(C) vitaliy_sokol/Shotshop & Andy Genen
Lizzie und Nouga lieben das Naturkundemuseum in Luxemburg. Sie gehen so oft wie möglich dorthin. Françoise Theisen, die als Biologin am Museum arbeitet und Besucher durch die Ausstellungen führt, kennt die beiden schon.
„Françoise! Françoise!“, ruft Lizzie ein wenig außer Atmen. „Nouga will mir nicht glauben, dass es in der Tiefsee gruselig aussehende Tiere gibt. Dabei hab ich das neulich bei meiner Mutter in einer Zeitschrift gesehen. Da waren Bilder von ganz komischen Fischen und seltsamen Quallen.
Nouga: Lizzie will mich an der Nase herum führen. Nicht wahr? Es gibt keine leuchtenden Monster in der Tiefsee.
Françoise Theisen: Nein, Nouga, Monster gibt es dort tatsächlich nicht. Aber mehr als 1000 Meter tief unter der Meeresoberfläche beginnt eine für uns fremde Welt. Dort gibt es wirklich Fische mit einem großen Kopf, langen, scharfen Fangzähnen und riesigen Augen. Aber diese Tiere leben auch in einem sehr ungewöhnlichen Lebensraum.
Lizzie: Gibt es dort denn viele Tiere?
Françoise Theisen: Oh ja, sehr viele sogar, aber man kennt keine genaue Zahl. Die Erforschung der Tiefsee ist ein recht junger Bereich der Meeresforschung. Immerhin geht es sehr tief nach unten, meist bis zu 6000 Meter tief. Am sogenannten Marianengraben geht es sogar elf Kilometer in die Tiefe. Menschen gelangen dort natürlich nicht hin. Die meisten Forschungs-U-Bote können nur 500 Meter tief tauchen. Deshalb versuchen Wissenschaftler die Welt der Tiefsee mit besonders ausgerüsteten Spezialkameras zu filmen.
Nouga ist sprachlos: Wow! Ich wusste nicht, dass das Meer so tief ist. Aber weshalb sehen die Tiere dort so ungewöhnlich aus?
Françoise Theisen: Sie sind auf besondere Weise an ihren Lebensraum angepasst. Weil das Sonnenlicht nicht so tief reicht, haben viele von ihnen zum Beispiel besonders große Augen. So können sie auch den schwächsten Lichtstrahl noch wahrnehmen. Der Koloss-Kalmar soll Augen haben, die so groß sind wie ein Fußball. Sein Körper ist allerdings mit vier Metern ebenfalls riesig. Aber auch sonst kommen die Tiere in der Dunkelheit gut zurecht. Wer andere anlocken oder abschrecken will, leuchtet zum Beispiel einfach selbst.
Lizzie staunt. Mit Tieren, die von selbst leuchten, hat sie nicht gerechnet.
Françoise Theisen: Fachleute nennen das Bioluminiszenz. Tiefseeforscher erzählen, dass es in einigen Tiefen blitzt und funkelt wie bei einem Feuerwerk. Manche Fische haben sogar eine Art Lampe auf dem Kopf, mit der sie ihre Umgebung beleuchten und Beute anlocken können. Sie bewegen sich nur sehr langsam. Sie jagen nicht, sondern warten einfach, bis Beute vorbei schwimmt. Dann schnappen sie mit ihren enormen Fangzähnen zu.
Lizzie: Siehst Du, Nouga. Ich hatte Recht. Es gibt Tiere, mit Furcht einflößenden Fangzähnen.
Françoise Theisen lacht: Ja, aber es sind keine Monster. Diese Tiere sehen einfach nur ungewöhnlich aus.
Autor: Corinne Kroemmer, überarbeitet scienceRELATIONS
Illustration: Andy Genen
Foto: vitaliy_sokol/Shotshop.com
Infobox
Die Salinität (Salzgehalt im Meerwasser) schränkt die Überlebensmöglichkeiten von Tieren und Pflanzen stark ein. Denn Salz dehydriert den Körper und entzieht ihm Wasser, das er zum Überleben braucht.
Der Körper dieser Tiere und die Pflanzen mussten sich also in zweierlei Hinsicht anpassen:
1. den Wasserverlust verhindern
In den meisten Fällen dient die Haut, die Kutikula, der Panzer oder eine andere Schutzschicht als Barriere, die verhindert, dass zu viel Wasser verloren geht.
2. sich hydrieren (Wasser aufnehmen, das nicht salzhaltig ist)
Die Organe brauchen Wasser, um einwandfrei zu funktionieren, aber Wasser ohne Salz. Salzhaltiges Wasser hätte genau die gegenteilige Wirkung, da Salz den Organen Wasser entzieht. Deshalb haben die betreffenden Tiere und Pflanzen die Fähigkeit, das Meerwasser zu entsalzen.
Das Rote Meer ist das Meer mit dem höchsten Salzgehalt der Erde. Aber es gibt viele Tiere und Pflanzen, die sich an diesen widrigen Lebensraum angepasst haben, und das Rote Meer verfügt über eine sehr vielseitige und umfassend untersuchte Fauna (Gesamtheit der Tierarten) und Flora (Gesamtheit der Pflanzenarten). In dem 2.000 km langen Korallenriff ist eine große Artenvielfalt vorzufinden. Außerdem haben Wissenschaftler 1.200 Fischarten ausgemacht, von denen jede zehnte nur im Roten Meer anzutreffen ist.