Vegaterier haben im Durchschnitt einen niedrigeren BMI, und erkranken auch weniger häufig an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Leben sie auch insgesamt länger?
Wie würden Sie entscheiden:
a) Ja, sie leben länger
b) Nein, sie leben kürzer
c) Nein, sie leben gleich lang.
Eine Frage der Gesundheit ?
“Wie hast Du’s mit der Ernährung” – dies könnte wohl die Gretchenfrage für Vegetarier darstellen. Das Weglassen von Fleisch und die vegetarische Ernährung – oder gleich der Verzicht auf alle tierischen Lebensmittel – der Veganismus – sind heutzutage “en vogue”.
Trotz aller offensichtlicher ethischer Vorzüge und der besseren Energiebilanz – kein Verfüttern von Lebensmitteln erst an Tiere und dann an den Menschen, wobei viel Energie verloren geht – wie sieht es mit Gesundheitsvorteilen aus?
Vegetarier, Veganer, und Herz-Kreislauferkrankungen
Vegetarier und Veganer verzichten auf Fleisch und tierische Produkte – damit essen sie weniger tierische und damit weniger sogenannte gesättigte Fette – und weniger Cholesterin. Außerdem nehmen sie mehr Ballaststoffe auf, und mehr an sogenannten sekundären Pflanzenstoffen – z.B. Polyphenole. Dies müsste sich eigentlich in einer besseren Gesunheit und einer längeren Lebenserwartung widerspiegeln.
Für Herzkreislauferkrankungen – „Killer No. 1“ in den entwickelten Ländern - trifft dies auch zu. Nach einigen Studien erkranken Vegetarier und Veganer ca. ein Drittel weniger and solchen Erkrankungen, die zu Aterienverkalkung und Herzversagen führen können. Sie haben auch weniger Übergewicht.
Also nur noch Tofu für alle? Mitnichten – zumindest in Punkto Gesundheit. Entscheidend ist nämlich (für die meisten von uns) nicht woran Sie schließlich sterben, sondern ob sie später sterben/länger leben. Dies wird in der Wissenschaft als sogenannte „Gesamtmortalität“ ausgedrückt. Und kurioserweise finden sich hierzu zwischen Vegetariern/Veganern und Omnivoren („Allesesser“) laut einer Studie aus dem Jahre 2012 keine statistisch klaren Unterschiede.
Von Studien und Meta-Studien
Bei dieser Studie handelt es sich nicht um eine Einzelstudie – sondern um eine „Meta-Studie“, die viele Einzelstudien – mathematisch – zusammenfasst. Vorteil: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer – zu jedem Studienerbegnis findet sich (meist) eine Studie, die das Gegenteil zeigt, auch wenn nach streng wissenschaftlichen Kriterien gearbeitet wurde. Dies liegt z.B. oft an unterschiedlichen Probanden, die an der Studie teilnahmen, einer limitierten Anzahl an Teilnehmern, anderer genetischer Hintergrund und Lebensumstände der Teilnehmer und so weiter. Gesicherte Erkenntnisse verlangen immer mehrere Studien, wenn also unabhängig voneinander ähnliche Resultate erzielt werden. Eine Meta-Studie ist also wesentlich sicherer in ihrer Aussage.
Was heißt dies nun für Vegetarier? Wenn sie weniger oft HK-Erkrankungen erliegen, aber doch nicht länger leben, müssen Sie an etwas anderem (häufiger) sterben! Dies wird auch als „Vegetarier-Paradox“ umschrieben. Woran aber sterben sie? Hierzu sind leider – wie so oft – weitere Studien notwendig, die Datenlage ist zu dürftig.
Die richtige Antwort ist also c): Sie leben gleich lang.
Zur Person
Der Autor Torsten Bohn ist Ernährungsforscher am Luxembourg Institute of Health (LIH). Er forscht an der Bioverfügbarkeit von Mikronährstoffen und deren Einfluss auf die Gesundheit. Zudem unterrichtet er als Adjunct Associate Professor an der Universität Luxemburg und ist Chefredakteur des “International Journal for Vitamin and Nutrition Research”. Torsten Bohn, aufgewachsen in Troisdorf bei Bonn, kam nach den Stationen Frankfurt am Main, ETH Zürich und Ohio State University, im Jahr 2007 nach Luxemburg zum damaligen CRP-Gabriel Lippmann. Seit 2016 arbeitet er nun beim LIH und kann auch in seiner Freizeit auf sein Ernährungsknowhow zurückgreifen: Torsten Bohn ist leidenschaftlicher Triathlet und Läufer.
In den kommenden Wochen wird science.lu jeden Dienstag ein neues Quiz von Torsten Bohn veröffentlichen.
Autor: Torsten Bohn,
Redakteur: Jean-Paul Bertemes
Literatur: Huang T(1), Yang B, Zheng J, Li G, Wahlqvist ML, Li D. Ann Nutr Metab. 2012;60(4):233-40. Cardiovascular disease mortality and cancer incidence in vegetarians: a meta-analysis and systematic review.