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Zum Einstieg ein Beispiel aus dem Alltag: Man ist morgens zu spät dran, läuft zum Bus, kommt völlig erschöpft an der Bushaltestelle an, um schließlich zu sehen, wie einem der Bus vor der Nase wegfährt. In der Psychologie würde man an dieser Stelle nüchtern feststellen, dass man in einem Ziel blockiert wurde. An der Bushaltestelle hingegen ist diese Erkenntnis mit einer Emotion verbunden, nämlich Ärger. Und unter Umständen sieht der Busfahrer dann im Rückspiegel einen Menschen, der wild fluchend gestikuliert – ein ziemlich verlässliches Anzeichen dafür, dass dieser Mensch den Busfahrer für seinen Ärger verantwortlich macht.
„Es gibt im Wesentlichen zwei Hauptformen, wie man mit Ärger umgeht“, sagt Psychologieprofessor Georges Steffgen von der Uni Luxemburg. „Entweder man bringt ihn zum Ausdruck, in dem man beispielsweise flucht, oder man schluckt ihn einfach runter“, erklärt Steffgen. Zwischen diesen beiden Extremen lägen dann noch andere Varianten, wie die, mit dem Ärger konstruktiv oder aber humorvoll umzugehen.
Ärger kann psychische Störungen verstärken
Aus Sicht der Psychotherapie ist Ärger weder ein Problem noch eine Störung, sondern genau wie Freude oder Angst eine Grundemotion. Allerdings kann die Art und Weise, wie der Ärger verarbeitet wird, durchaus zu Problemen führen. In der Psychologie spricht man hierbei von ärgerbezogenen Störungen. Das heißt, bei klinischen Diagnosen wie Persönlichkeits- und Gefühlsstörungen oder aber Entwicklungsverzögerungen und Demenz kann der Umgang mit Ärger eine wesentliche Rolle spielen. Gleiches gilt auch für Menschen mit Depressionen oder aber Essstörungen. Bei Essattacken beispielsweise kann Ärger genau wie Traurigkeit oder Langeweile ein auslösender Faktor sein.
Darüber hinaus führt Ärger auch zu chronisch-körperlichen Erkrankungen. Wer sich viel ärgert, steigert damit das Risiko eines Herzinfarkts. Und wer seinen Ärger immer unterdrückt, erhöht damit in Kombination mit weiteren Risikofaktoren nachweislich das Gesamtrisiko, an Bluthochdruck zu erkranken. Zudem gebe es zwischen Ärger und Gesundheit auch noch einen indirekten Zusammenhang, wie Steffgen erklärt. „Personen, die sich häufiger ärgern, greifen auch öfter zu Zigaretten und Alkohol.“
Anleitung für den Umgang mit Ärger
Um die Lebenserwartung und auch die Lebensqualität positiv zu beeinflussen, ist also ein richtiger Umgang mit Ärger durchaus von Vorteil. Vor diesem Hintergrund hat Steffgen gemeinsam mir dem ebenfalls an der Uni Luxemburg tätigen Professor für Klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie, Claus Vögele, und der in Luxemburg praktizierenden Psychotherapeutin Claudia de Boer das Buch „Ärgerbezogene Störungen“ veröffentlicht. Neben der Beschreibung dieser Störungen und einem Blick auf die unterschiedlichen wissenschaftlichen Ansätze bietet das Buch auch eine Anleitung für ein Ärgerbewältigungstraining.
„Der Band soll den Therapeuten, Psychologen oder Personen, die mit Ärger konfrontiert werden, zeigen, welche Möglichkeiten der Intervention sie haben“, erklärt Steffgen. Dazu zähle neben der Einschätzung des eigenen Ärger-Verhaltens und der Ursachen-Analyse auch das Erlernen geeigneter Entspannungsverfahren. Manchmal, so der Psychologe, sei es schon hilfreich, erst einmal in Ruhe bis zehn durchzuzählen.
Die Art und Akzeptanz des Ärgers hängt von der Situation ab
Wie der Ärger letztlich zum Ausdruck komme, hänge dabei zum einen von der Person ab, aber auch von der Situation, sagt der Sozial- und Arbeitspsychologe. „Beim Busfahrer kann man den Ärger eher rauslassen, wohingegen man sich bei der Arbeit gegenüber dem Chef in der Regel nach innen ärgert.“
Und auch wie dieser Umgang mit dem eigenen Ärger von Außenstehenden eingestuft werde, hänge von der Situation ab, erklärt Steffgen. Wenn sich also beispielsweise jemand in einer Warteschlange vordrängle und ein anderer seinen Ärger darüber deutlich zum Ausdruck bringe, so werde dieses Ärgerverhalten vom Umfeld akzeptiert, da durch das Vordrängeln gesellschaftliche Regeln verletzt würden.
Autor: Uwe Hentschel
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