(C) Jo Hoeser

Jo Hoeser, 27, baute im Alter von 10 Jahren seinen ersten Reagenzglashalter aus Sperrholz. Kein Wunder, dass er sich später entschied, Chemie zu studieren. Begeistern kann er sich auch für die Elektrotechnik. Hobbymäßig beschäftigt er sich mit 3D-Druckern und spielt zur Entspannung Gitarre.

FNR: Jo Hoeser, Sie haben an der Universität Freiburg Chemie studiert und machen dort am Institut für Biochemie gerade ihre Doktorarbeit. Wie kam es, dass Sie in Freiburg gelandet sind?

J.H.: Ich habe mich nach dem Schulabschluss über die verschiedenen Möglichkeiten informiert. Die Universität Freiburg lag in einem Ranking für das Fach Chemie weit oben und hat insgesamt einen sehr guten Ruf. Außerdem kenne ich die Gegend durch frühere Familienurlaube im Schwarzwald und die Menschen hier sind extrem nett.

FNR: An welchem Thema forschen Sie im Rahmen Ihrer Doktorarbeit?

J.H.: Es geht dabei um die bakterielle Atmungskette. Um den Prozess also, den Bakterien nutzen, um Sauerstoff zu verarbeiten und daraus dann Energie zu gewinnen. Energie die notwendig ist damit Bakterien überleben und sich vermehren.Mich interessiert ein molekulares Werkzeug, ein Enzym, das ganz am Ende der Atmungskette in Aktion tritt. Der Name dieses Enzyms ist ein wenig kompliziert, er lautet: Cytochrom-bd-Ubichinol-Oxidase.

FNR: Welche Bakterien nutzen Sie für Ihre Experimente?

J.H.: Wir arbeiten an Escherichia coli, das sind Bakterien, die auch den menschlichen Darm bevölkern.

FNR: Wie hat man sich Ihre Laborarbeit vorzustellen?

J.H.: Ich nutze bei meiner Arbeit eigentlich alle üblichen Methoden der Biochemie. Zuerst bringe ich die Bakterien dazu, das Enzym in größeren Mengen zu produzieren. Der zweite Schritt ist dann das Aufreinigen, also die Isolierung des Enzyms aus den Bakterien. Bei mir hat es ein Jahr gedauert bis die Methode gut funktionierte. Nun habe ich ausreichende Mengen des Enzyms zur Verfügung (ausreichend meint bei uns Mengen im Milligramm-Bereich), um weitere Untersuchungen zu machen.

FNR: Ein Jahr für das Aufreinigen? Das klingt nach Geduldsarbeit.

J.H.: Ich optimiere gerne meine Methoden und Bedingungen, damit ich hochqualitatives Enzym erhalte. Außerdem hatte ich Unterstützung von Masterstudenten. Die musste ich zuerst zwar anleiten, was zeitintensiv ist, später aber waren die Studenten eine große Hilfe.

FNR: Was haben Sie weiter vor?

J.H.: Das Enzym, mit dem ich mich beschäftige, ist das letzte aus der Atmungskette, für das die Struktur noch nicht bekannt ist. Man weiß immer noch nicht genau, wie die verschiedenen Bausteine des Moleküls, die Aminosäuren, im Raum ausgerichtet sind. Um die Struktur aufzuklären, wäre für mich jetzt im nächsten Schritt dran, das Enzym zu kristallisieren.

FNR: Warum ist es wichtig, mehr über dieses Enzym zu wissen?

J.H.: Das Enzym kommt in sehr vielen bakteriellen Krankheitserregern vor. Es ist bereits nachgewiesen, dass die Erreger zu Grunde gehen, wenn dieses Enzym blockiert wird. Man dreht ihnen damit quasi die Luft ab. Wäre die Struktur des Enzyms bekannt, könnten neue Antibiotika entwickelt werden, die die Vermehrung der Bakterien verhindern. Diese Antibiotika würden dem Menschen nicht schaden, weil wir dieses Enzym in dieser Form gar nicht haben.

FNR: Werden Sie jetzt auch noch nach solchen Antibiotika suchen?

J.H.: Ich arbeite jetzt fast zwei Jahre am Thema. Zunächst müssen wir die Struktur des Enzyms haben und dann könnte, allerdings mit großem Aufwand, nach solchen Antibiotika gesucht werden. Prinzipiell wäre das hier bei uns im Haus möglich, weil wir am chemischen Institut Tür an Tür mit den Mitarbeitern der Organischen Chemie arbeiten, die diese Antibiotika herstellen könnten. Ob es noch dazu kommt, ist zurzeit schwer abzuschätzen.

FNR: Gibt es schon Pläne für die Zeit nach der Doktorarbeit?

J.H.: Ich habe vor, nach Luxemburg zurückzugehen. Großes Interesse hätte ich, an den Projekten von Paul Wilmes mitzuarbeiten. Der Wissenschaftler am Luxembourg Center for Systems Biomedicine versucht, unter anderem, die Prozesse in Kläranlagen, woran ja auch Bakterien beteiligt sind, zu optimieren. Aus dem Fett, das dort anfällt, soll Biodiesel hergestellt werden. Das interessiert mich zum einen von der Mikrobiologie her, aber auch wegen der Chemie, die hinter den Prozessen steckt.

FNR: Und wenn das nicht klappt?

J.H.: Auch andere Bereiche der Biomedizin finde ich spannend. Die Biobank in Luxemburg erfasst und katalogisiert menschliches Gewebe. Forscher können diese Proben nutzen, um nach Gewebemarkern zu suchen – Proteine die als Indikator für die Entwicklung einer Krankheit dienen könnten. Forscher können z.B. Krebsgewebe untersuchen und sich parallel dazu Urinproben anschauen. Wenn es gelingt, darin die Marker des Krebsgewebes wiederzufinden, könnte man nicht-invasiv, also ohne in den Körper einzudringen, Krebstypen identifizieren. Das wäre dann zwar eine medizinische Fragestellung. Sie unterscheidet sich aber kaum von dem, was ich momentan mache. Denn in meiner Doktorarbeit geht es auch darum, ein Protein zu identifizieren und seine Eigenschaften zu beschreiben.

Autor: Ulrike Gebhardt
Photo: Jo Hoeser
 

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