(C) Uwe Hentschel

Tom Wirtz: „Bis jetzt haben wir das Massenspektrometer nur für Labor- und Feldzwecke eingesetzt“, erklärt der Physiker. „Jetzt wollen wir wissen, was auf uns zukommt, wenn man es ins All schickt.“

Wissenschaftler des LIST arbeiten gemeinsam mit der NASA-Forschung  und Ispace an der Entwicklung eines Massenspektrometers für Weltraum-Einsätze. Was kann man mit dem Gerät im Weltall machen?

Als die Delegation des Ames Research Center der NASA vor gut zweieinhalb Jahren das erste Mal im Großherzogtum war, hat sie auch das Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) besucht. Und dabei ist Pete Worden, damals noch Chef der NASA- Forschungseinrichtung, das vom LIST entwickelte Massenspektrometer FieldSpec direkt ins Auge gefallen. Was zum einen an den kompakten Ausmaßen des Geräts lag, zum anderen aber auch an dessen Einsatzmöglichkeiten.

Das Massenspektrometer, mit dem sich das Masse-Ladungs-Verhältnis von Atomen oder Molekülen messen lässt, war nämlich speziell für hydrologische Zwecke entwickelt worden (siehe Infobox) – und als solches vielleicht auch im Weltraum einsetzbar.

Um letzteres herauszufinden, haben das LIST und das Ames Research Center der NASA nun ein gemeinsames Forschungsprojekt gestartet. Ziel ist es, das Massenspektrometer so umzubauen, dass es auch für wissenschaftliche Zwecke im Weltraum geeignet ist. „Wir gehen dabei aus zwei Blickwinkeln an die Sache ran“, erklärt Tom Wirtz, Physiker am LIST und Leiter der Forschungsgruppe. „Zum einen wollen wir herausfinden, ob das, was die NASA braucht, mit unserem Gerät machbar ist“, sagt er, „zum anderen beschäftigt uns umgekehrt die Frage, was wir mit diesem Gerät alles für die NASA machen könnten.“

Das LIST hat zudem vor kurzem eine neue Zusammenarbeit mit der Ispace begonnen. Die japanische Robotik-Start-Up, Finalist des renommierten Innovationswettbewerbs Google Lunar XPRIZE will einen Roboter-Spektrometer entwickeln, der fähig ist, den Mond zu erkunden.

Viele Einsatzmöglichkeiten auf dem Gebiet des Space Mining

Theoretisch gebe es einige Einsatzgebiete, so Wirtz. „Man könnte mit Hilfe des Massenspektrometers zum Beispiel bei einer Landung auf einem Planeten oder Asteroiden Bestandteile der Oberfläche untersuchen.“ Entsprechend ließe sich das Gerät mit einem Bohrer oder Laser ausstatten. „Und wenn die zu untersuchenden Bestandteile gasförmig oder flüssig sind, müsste man sie einfach aufsaugen oder hineinpumpen.“ Eine andere Möglichkeit wäre, das Gerät an einem Satelliten zu installieren, um Teilchen im All zu untersuchen.

Ähnliches hat Ispace vor: Die japanische Firma will den Massenspektrometer mit zum Mond nehmen, damit dieser dort die verschiedenen Elemente analysieren kann, aus denen der Mond besteht.

Gerade mit Blick auf Space Mining, also dem Abbau von Mineralien auf Asteroiden, ergäben sich viele Möglichkeiten, erklärt der Physiker. Zumal Luxemburg auf diesem Gebiet derzeit sehr aktiv ist. So wurde seitens der Regierung die Space-Resources-Initiative gegründet, die den Abbau universeller Rohstoffe zum Ziel hat und zu deren Beirat auch der ehemalige NASA-Mitarbeiter Pete Worden gehört.

„Bis jetzt haben wir das Massenspektrometer nur für Labor- und Feldzwecke eingesetzt“, erklärt der Physiker. „Jetzt wollen wir wissen, was auf uns zukommt, wenn man es ins All schickt.“ Der große Unterschied zum Einsatz im Labor sei der, dass bei einem Einsatz im Weltraum nichts schiefgehen dürfe. „Es gibt keine zweite Chance“,  sagt Wirtz, „von daher muss alles beim ersten Mal klappen.“

Neue Anforderungen, aber gleiche Technologie

Zwei Jahre dauert das gemeinsame Forschungsprojekt, das finanziell von luxemburgischer Seite und dabei vor allem durch den FNR getragen wird, an dessen Ende aber kein fertiger Prototyp stehen wird. „Wir werden in dieser Zeit am Computer arbeiten und alles an einem rechnergestützten Modell durchrechnen, aber auch eine Reihe experimenteller Tests von Hauptkomponenten des Geräts im Labor durchführen“, so Wirtz. Zudem sei im Forschungsteam auch ein Postdoktorrand, der zunächst eine Zeit beim Ames Research Center in Kalifornien verbringe, um dort etwas über die NASA-Missionen zu lernen. „Danach kommt er zurück, damit wir das Gerät so weiterentwickeln können, dass es passt.“

Mit dem Ziel die Weltraumtechnologien weiter zu entwickeln, hat die luxemburgische Regierung am 2. März 2017 ein Memorandum of Understanding (MoU) im Rahmen der Space Resources-Initiative mit der Start-Up Ispace unterschrieben. Seit kurzem in Luxemburg ansässig und durch Programme des Paul Wurth InCub und des Inkubators Technoport unterstützt, will das neue europäische Büro von Ispace demnächst mehrere Ingenieure einstellen.

Von den Ergebnissen dieser Projekte profitiert letztlich auch immer das LIST. „Für uns ist die Entwicklung von Geräten für die Raumfahrt nicht nur interessant, sondern auch förderlich im Hinblick auf unsere Hauptaktivität im Bereich der Entwicklung von nano-analytischen Geräten für kommerzielle Zwecke“, sagt Wirtz. Die Technologie sei die gleiche, es kämen ja lediglich neue Anforderungen hinzu, erklärt der Forschungsleiter. „Und wenn die Technik im Weltraum funktioniert, dann sollte es nachher auf der Erde auch kein Problem sein.

Autor: Uwe Hentschel
Foto: Uwe Hentschel

Infobox

Massenspektrometer

 

Mit Hilfe eines Massenspektrometers lässt sich in einem Hochvakuum die Masse eines Teilchens messen. Das zu untersuchende Atom oder Molekül wird dabei in einen gasförmigen Zustand versetzt und ionisiert. Die dabei entstehenden Ionen werden mit Hilfe eines elektrischen Feldes stark beschleunigt und der Analyse-Einheit zugeführt, die dann die geladenen Teilchen nach dem Masse-zu-Ladung-Verhältnis sortiert.

Das LIST hat im Rahmen eines vom FNR unterstützten Forschungsprojekts für hydrologische Einsatzgebiete das portable Massenspektrometer FieldSpec entwickelt, mit dem sich beispielsweise in Gewässern die Stromlaufbahn und Verweilzeit von Schadstoffen ermitteln lässt. Die Besonderheit des FieldSpec ist neben der Technik die kompakte Bauweise, die es damit auch für Weltraumeinsätze prädestiniert.

 

 

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